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Überraschende Einigung

Die Finanztransaktionssteuer kann starten - zumindest im Rahmen einer verstärkten Zusammenarbeit innerhalb der EU. Statt der notwendigen neun EU-Länder sind nun sogar elf dabei. Dieses überraschende Ergebnis präsentierte EU-Steuerkommissar Algirdas Semeta am Dienstag beim EU-Finanzministerrat in Luxemburg.

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Von den elf Staaten haben bisher sieben bereits einen schriftlichen Antrag an die Kommission übermittelt - neben Österreich sind das Deutschland, Frankreich, Belgien, Griechenland, Portugal und Slowenien. Vier weitere erklärten erst am Dienstag ihre konkrete Kooperation - Estland, Spanien, Italien und die Slowakei. Diese vier Staaten müssten ihre Bereitschaft noch schriftlich nachreichen, so Semeta.

Deutschland will die Steuer bis Ende des Jahres unter Dach und Fach bringen. Der Vorschlag der Länder solle beim nächsten Treffen der EU-Finanzminister im November vorgelegt werden, sagte der deutsche EU-Botschafter Peter Tempel, der Finanzminister Wolfgang Schäuble bei den Beratungen zur Finanztransaktionssteuer vertrat. „Wir hoffen natürlich, dass wir bis zum Ende des Jahres eine verstärkte Zusammenarbeit erreichen können.“ Die schwarz-gelbe Koalition in Berlin steht vor allem von der Opposition unter Druck, der Finanzbranche einen Beitrag zu den Rettungsmilliarden abzuverlangen.

Einnahmen für nationale Budgets?

Unklar ist noch, was mit dem Geld aus der Finanztransaktionssteuer passiert. Die Kommission hat vorgeschlagen, die Einnahmen aus der Steuer in den EU-Haushalt fließen zu lassen und die Beiträge der jeweiligen Mitglieder um diesen Betrag zu senken. Deutschland und Österreich haben sich bisher dafür eingesetzt, dass das Geld in die nationalen Finanztöpfe fließt.

Österreich zeigte sich in Luxemburg aber offen für eine weitere Variante: Die Steuer könne zur Stabilisierung beitragen und auch zur Absicherung einer Bankenunion genutzt werden, sagte Finanzministerin Maria Fekter (ÖVP). Aus Fekters Sicht muss die Einführung der Finanzsteuer mit einer Verringerung des nationalen EU-Beitrags einhergehen.

Alle müssen „Alleingang“ zustimmen

Eine Einigung aller 27 EU-Länder auf die Finanztransaktionssteuer war unmöglich, weil vor allem die Nicht-Euro-Länder Großbritannien und Schweden nicht mitmachen wollen. Beide Länder haben eine große Finanzbranche, die sie im internationalen Wettbewerb nicht benachteiligen wollen. Andere Kritiker zögern, ihren angeschlagenen Banken weitere Abgaben zuzumuten.

EU-Staaten wie Großbritannien riefen die elf Kooperationspartner auf, einen klaren Vorschlag über die Ausgestaltung der Steuer vorzulegen. Bisher sei offen, auf welche Börsentransaktionen sich die Abgabe erstrecke und was mit den Mitteln geschehe, sagte Finanzminister George Osborne. Auch Polen pochte darauf, dass die Folgen der Steuer zunächst geprüft werden müssen. Die übrigen EU-Staaten müssen einer verstärkten Kooperation innerhalb einer Gruppe von Mitgliedern zustimmen.

„Wollen das nicht aufhalten“

Osborne sagte, die Einigung wirke sich auf alle 27 Länder aus. „Grundsätzlich sind wir nicht dagegen, wir wollen das nicht aufhalten, aber wir möchten doch einen spezifischen Vorschlag" der EU-Kommission dazu erhalten.“ Ganz ähnlich auch der polnische Finanzminister Jacek Rostowski, der betonte, er wünsche allen Staaten, die sich für die verstärkte Zusammenarbeit entschlossen haben, alles Gute.

„Kein Zurück“

Kanzler Werner Faymann (SPÖ) hatte kurz vor Bekanntwerden der Einigung betont, es gebe in diesem Punkt nun „kein Zurück, nur ein Nachvorne“, notfalls starte man mit weniger als neun Ländern und müsse neue rechtliche Wege suchen. Vizekanzler Michael Spindelegger (ÖVP) pflichtete bei.

Fekter hatte sich ihrerseits vor Beginn der Verhandlungen der EU-Finanzminister „sehr zuversichtlich“ gezeigt, dass die erforderliche Anzahl von mindestens neun Ländern erreicht wird. „Wenn nicht heute, dann nach der Debatte. Dann beginnen wir mit der verstärkten Zusammenarbeit und schauen, dass wir auf einen gemeinsamen Nenner bezüglich des Modells kommen.“

„Will nicht Steuerzahler um Geld bitten“

Die Ministerin hatte gesagt, dass die Finanztransaktionssteuer eine stabilisierende Wirkung habe, und „vor allem würde das Geld in die Kassen bringen, wo es beispielsweise um europäische gemeinsame Sicherheitsnetze geht wie Einlagensicherung oder Liquidation von Banken, um den Schuldenberg abzubauen“. Fekter: „Da will ich nicht den österreichischen Steuerzahler extra um Geld bitten. Das würde niemand in Österreich verstehen, wenn wir beispielsweise die Sparguthaben der Zyprioten sichern müssten, sondern da soll es neue Quellen geben.“ Das „kann doch ein überzeugendes Argument abgeben“.

Mit der neuen Steuer soll der Finanzsektor an den enormen Kosten der Finanzkrise beteiligt werden. Der Handel mit Anleihen und Aktien soll mit einem Satz von 0,1 Prozent besteuert werden. Laut ursprünglichen Plänen der EU-Kommission soll die Steuer Anfang 2014 starten. In Frankreich gibt es schon eine entsprechende Abgabe.

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