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Die Kunden in den heimischen Supermärkten müssen sich an einen neuen Namen im Regal gewöhnen: Milka-Schokolade, Jacobs-Kaffee, Oreo-Kekse und viele weitere bekannte Lebensmittel stammen seit Dienstag nicht mehr vom US-Lebensmittelmulti Kraft Foods, sondern von der Nachfolgefirma Mondelez International.
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Nur in Nordamerika lebt der altbekannte Name Kraft dauerhaft fort. Allerdings dürfte es dauern, bis wirklich auf jeder Verpackung das neue Logo klebt. Hintergrund ist die vor einem Jahr angestoßene Aufspaltung des Kraft-Konzerns, die nun umgesetzt wird. Aus einem werden zwei Unternehmen: Das eine betreibt das reine Lebensmittelgeschäft auf dem amerikanischen Heimatmarkt und wird Kraft Foods Group heißen.
Das andere mit dem Kunstnamen Mondelez übernimmt alle Snacks und Süßwaren und zusätzlich außerhalb Nordamerikas auch Lebensmittel. Das führt dazu, dass Philadelphia-Frischkäse je nach Region einmal von dem einen, einmal von dem anderen Firmenteil stammt.
Investor mit Doppelinteresse
Den Plan hatte Konzernchefin Irene Rosenfeld ausgearbeitet. Sie ist der Auffassung, dass sich die beiden Firmenteile getrennt besser entwickeln können, weil sie nun schlanker und wendiger aufgestellt seien. „Kraft Foods als großem Konglomerat fehlte diese Flexibiliät“, sagt Analystin Ildiko Szalai vom Marktforscher Euromonitor. Der US-Lebensmittelmulti mit seinen Dutzenden Marken hatte erst vor zwei Jahren auch noch den britischen Süßwaren-Traditionshersteller Cadbury geschluckt.
Diese Übernahme war heftig umstritten - der Kraft-Foods-Aktionär Warren Buffett hatte den Schritt scharf kritisiert, während ein anderer Investor, Nelson Peltz, darauf gedrängt hatte - weil er zugleich auch Cadbury-Aktionär war. Nelson hatte seinen dreiprozentigen Anteil erst 2007 gekauft, Buffetts Berkshire Hathaway kaufte sich 2008 acht Prozent der Firmenanteile. Rosenfeld kam nach dem umstrittenen Deal, der auch in Großbritannien für helle Aufregung gesorgt hatte, stark unter Druck, da sich der Umsatz dank des Cadbury-Zukaufs zwar schlagartig stark erhöhte - der Gewinn jedoch einbrach.
Einige sichere Gewinner
Die Aktionäre stimmten dem Aufspaltungsplan mit großer Mehrheit zu. Sie erhoffen sich, dass die Gewinne und damit der Kurs steigt. Kritiker sehen darin allerdings vor allem einen Gewinn für die gesamte an solchen Geschäften beteiligte Industrie: von Marketingfirmen über Investmentbanken bis hin zu Topmanagern, die dank des Deals Boni einheimsen könnten. Kraft Foods folgt mit der Aufspaltung auch einem Trend, der sich seit dem Vorjahr wieder an der Wall Street breitmacht - möglicherweise auch in Ermangelung großer Fusionen und Übernahmen, die angesichts der Krise Mangelware sind.
Fusionieren, spalten, fusionieren, spalten
Für den Lebensmittelkonzern selbst ist das nur eine weitere von vielen, teils abrupten Wendungen in der Geschäftsstrategie des Unternehmens. Aus einer 1903 in Chicago gegründeten lokalen Käsefabrik mit Vertrieb wurde im Laufe von Jahrzehnten und zahlreichen Zukäufen ein zunächst US-weiter und dann weltweit führender Lebensmittelkonzern - der von 1930 bis 1969 den Namen des aufgekauften Konkurrenten National Dairy trug.
1980, als Fusionen von Konzernen mit unterschiedlicher Produktpalette en vogue waren, verband sich Kraft gemeinsam mit dem Duracell-Batterien- und Tupperware-Produzenten Dart zum neuen Konzern Dart & Kraft. Der erhoffte positive Effekt blieb allerdings aus. 1988 wurde der Non-Food-Bereich wieder abgestoßen, und die Firma kehrte zu ihrem Namen Kraft zurück. Wenig später wurde Kraft um 12,9 Mrd. Dollar von Philip Morris gekauft. Schon 1989 wurde Kraft mit dem Lebensmittelkonzern von Philip Morris, General Foods, fusioniert. 2007 verkaufte Philip Morris, mittlerweile in Altria umbenannt, die Lebensmittelsparte, um die Höhe der damals der US-Tabakindustrie drohenden Schadenersatzzahlungen zu begrenzen.
Teure Cadbury-Schokolade
Dann kam der Plan, mit der Übernahme von Cadbury - die Schokolade- und Zuckerindustrie boomte zu diesem Zeitpunkt seit mehreren Jahren - die Konzernerträge wieder deutlich zu steigern. Dieser schlug jedoch fehl: Die Cadbury-Übernahme verringerte den Profit drastisch, zeitweise um ein Viertel. Als die Kritik von Investoren immer lauter wurde, kam die nächste und vorerst letzte Kehrtwende: Der Fusion folgte nun eben die regionale Aufspaltung in Kraft Foods und Mondelez. Ein Blick in die Firmengeschichte macht deutlich: Es war wohl nicht die letzte radikale Umstrukturierung für Oreo, Milka & Co.
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