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„Politik hat Einfluss genommen“

Richter Manfred Herrnhofer hat am Montagabend in seiner Urteilsbegründung im Birnbacher-Prozess am Landesgericht Klagenfurt erklärt, man habe sich ausführlich mit allen Unterlagen und Beweisen auseinandergesetzt - und der Senat sei der Ansicht, dass die Beweislage ausreichend für einen Abschluss des Verfahrens gewesen sei.

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Bei den Vorständen der Landesholding, Hans-Jörg Megymorez und Gert Xander, handle es sich - ebenso wie beim Aufsichtsratsvorsitzenden der Kärntner Landesholding, Josef Martinz - um Personen, die wussten, wie Bankgeschäfte laufen und die Entscheidungsträger waren. Das gelte auch für den damaligen Aufsichtskommissär, den inzwischen verstorbenen Landeshauptmann Jörg Haider.

Die Zeugeneinvernahmen hätten ergeben, dass in der Landesholding „politische Spielchen“ getrieben worden seien. Bei den Erfolgen hätten alle dabei sein wollen, bei den Niederlagen aber nicht. Herrnhofer: „Hier hat die Politik das Geschehen bestimmt, es war die Politik, die Einfluss genommen hat. Und es war auch so, dass im Aufsichtsrat, der politisch besetzt wurde, bei Abstimmungen politisches Kleingeld gewechselt wurde.“

„Vorstände außen vor gelassen“

Es sei klar gewesen, dass der geplante Börsengang nicht realisierbar sei, aber die Wandelschuldverschreibung über 500 Millionen Euro 2008 fällig gewesen sei. Dazu seien die Swap-Verluste samt Bilanzfälschungen gekommen, dadurch habe dringender Handlungsbedarf geherrscht. Es sei allen klar gewesen, dass mit der bevorstehenden Rückführung der Wandelanleihe weiteres Ungemach drohen würde.

Sämtliche Aussagen hätten eines klar bestätigt - ob es Othmar Ederer, Siegfried Grigg oder Stefan Petzner gewesen sei: „Hier gab es den Primat der Politik, wenn Haider das gesagt hat, fährt die Eisenbahn drüber. Es war die Politik, die letztlich über den Aufsichtsrat die Geschicke der Landesholding lenkte.“ Man müsse sich darüber klar sein, in welcher Position die Vorstände seien, die ständig von der Politik gelenkt worden seien. Die Vorstände seien beim Verkauf „ganz klar außen vor gelassen worden“.

„Haider brauchte Mehrheitsbeschaffer“

Haider habe einen „politischen Mehrheitsbeschaffer“ gebraucht, es sei allen klar gewesen, dass der Investor Tilo Berlin seine Anteile verkaufen werde, es habe eindeutig Abstimmungen mit den politischen Entscheidungsträgern gegeben. Zu Birnbacher meinte der Richter, Ex-Hypo-Chef Wolfgang Kulterer habe ganz klar ausgesagt, Haider gefragt zu haben, wer Birnbacher beauftragt habe und wer ihn bezahlen werde. Kulterer habe auch dazugesagt, das hätte Haider „gerne vergessen“. Aufsichtskommissär und Aufsichtsratsvorsitzender hätten Zugang zu allen Informationen gehabt.

Bezüglich des vereinbarten Honorars sah Herrnhofer das Problem, dass die Unterlage - also die Vereinbarung mit Birnbacher - aus dem Jahr 2008 stamme, die Vereinbarung in Wahrheit aber ein Jahr vorher getroffen worden sei. Es sei aber völlig klar, dass sowohl Haider als auch Martinz „klar war, dass nicht die gesamte Summe Birnbacher zufließen soll“.

„Wir gehen davon aus, dass das von vornherein eine abgemachte Sache war.“ Es habe nur einen Käufer gegeben, es sei zudem falsch, dass es keine Investmentbank bei dem Verkauf gegeben habe. Herrnhofer: „Es war die Credit Suisse dabei.“ Diese hätte den Auftrag gehabt, den Preis zu verhandeln. (Die Credit Suisse war im Auftrag von Tilo Berlin tätig, Anm.).

„Nicht im Interesse Kärntens“

Dass kein vernünftiger Mensch in dieser Situation eine Vereinbarung über einen solchen Betrag abschließen würde, sei völlig klar. Wenn man sich die Berichte und Tätigkeiten Birnbachers ansehe, sei eindeutig, dass zwölf Millionen Euro nicht angemessen sein konnten. Es sei nicht das Geständnis Birnbachers allein ausschlaggebend, sondern auch jenes von Martinz, der zugegeben habe, dass es einen solchen Deal gebe.

Dass Birnbacher selbst nicht daran geglaubt hatte, dass das so in Ordnung sei, habe er ja zugegeben. Er sei zu Haider gegangen und habe gemeint, das sei aber schon sehr viel Geld - dieser habe ihm dann gesagt, dass eh alles „super laufe“ und er sich keine Sorgen zu machen brauche. Es sei klar, dass nicht im Interesse des Landes Kärnten eine solche Vereinbarung geschlossen worden sei. Nur so sei verständlich, dass die Vorstände nicht über Birnbacher informiert worden seien, so der Richter.

„Eines der schmutzigsten Geschäfte Kärntens“

Die Vorstände hätten nicht nachgefragt, wer die Verhandlungen über den Verkauf geführt hätte. Diese Frage hätte aber geklärt werden müssen, man könne sich da auch nicht auf Rechtsberatung ausreden - das liege in der Geschäftsführerverantwortung, so Herrnhofer weiter. Zum Strafausmaß von fünfeinhalb Jahren für Martinz meinte Herrnhofer, das Hypo-Geschäft sei wohl ein gutes Geschäft gewesen, aber auch eines der „schmutzigsten Geschäfte Kärntens“, das für eigene Zwecke verwendet worden sei.

Erschwerend sei natürlich auch die Höhe des Schadens, mildernd die Unbescholtenheit. Martinz habe richtig gesagt, dass er es nicht allein gewesen sei, „aber der andere ist nicht mehr da“. Bezüglich der Strafzumessung habe es sich der Senat nicht leicht gemacht, betonte Herrnhofer. Man habe alle Für und Wider abgewogen, „und es ist uns völlig egal, was die Zeitungen schreiben“. Mildernd sei neben der Unbescholtenheit auch das Faktum, dass die Tat lange zurückliege, was sich bei allen Angeklagten in einem „Abzug von sechs Monaten“ niederschlage. Allen vier komme zugute, dass ein Teil der Summe sichergestellt worden sei.

Birnbacher kein Kronzeuge

Die „besonders verwerfliche Motivlage“ komme bei Martinz erschwerend hinzu. Bei den Vorständen sei neben der Unbescholtenheit einberechnet worden, dass die Tat unter Einwirkung eines Dritten erfolgt sei. Hier seien aus generalpräventiven Aspekten keine teilbedingten Strafen gewährt worden, sie seien immerhin hoch bezahlte Manager.

Die Beurteilung Birnbachers sei schwierig gewesen, führte der Richter aus. Die Milderungs- und Erschwerungsgründe seien leicht zu fassen gewesen. „Er war der einzige, der Verantwortung übernommen hat.“ Beim Wert des Geständnisses sei klar, es habe zur Wahrheitsfindung definitiv beigetragen. „Wir sind nicht überzeugt, dass er uns in allen Bereichen die ganze Wahrheit gesagt hat.“ Das betreffe vor allem seine Vermögensverhältnisse. Andererseits habe er sich zur Schadensgutmachung verpflichtet. Es gebe für Birnbacher keine Kronzeugenregelung, aus spezialpräventiven Überlegungen sei man aber der Ansicht, dass er nicht die gesamte Strafe verbüßen müsse.

„Hier wird verheimlicht“

Herrnhofer hatte Martinz vorgehalten, dass er Megymorez in der Aufsichtsratssitzung sagen hatte lassen, wie niedrig die Kosten gewesen seien - und das zu einem Zeitpunkt, als schon klar gewesen sei, dass Geld fließen würde. Das Gericht sei zwar durchaus der Ansicht, dass es ein großes Geschäft gewesen sei, wie Martinz immer wieder betont habe.

Aber zu dem Zeitpunkt, als es um die Umsetzung der Vertragsentwürfe ging, sei die weitere Geheimhaltung nicht mit Untersuchungsausschuss - oder dass die Bayern noch kein Geld überwiesen hätten - zu begründen. „Hier wird verheimlicht.“ Die Politik habe das Primat des Handelns auch hier nicht aus der Hand gegeben.

Das sei daran zu erkennen, dass Megymorez nichts anderes eingefallen sei, als 2008 einen Gegenbrief zu verfassen und mit Birnbacher gemeinsam den Anschein zu erwecken, dass das Ganze bereits 2007 geschehen sei. Hier habe die Politik bestimmt: Die Holding hat das zu zahlen. Herrnhofer: „Das war nicht der unausgesprochene Befehl, sondern der ausgesprochene Befehl.“ Das Leistungsverzeichnis des Steuerberaters sei eine Chronologie gewesen, das müsse Juristen, wie es die beiden Vorstände seien, klar gewesen sei.

„Kriminelle Energie der besonderen Art“

Aber, so der Richter, „es wird noch schlimmer“. Man habe einen Rechtsberater beigezogen, der mit dem Gutachter diskutiere. „Ein objektiver Prüfungsauftrag sieht anders aus.“ Auch hier wieder die Erklärung des Richters: Es sei die Direktive von der Politik ausgegeben worden, die Kosten seien zu übernehmen.

Bemerkenswert aus rechtlicher Sicht sei, dass sich Haider und Martinz absichern wollten, auf keinen Fall zahlen zu müssen, falls die Landesholding doch nicht in der Lage sein sollte, das Honorar zu zahlen. „Da gehört schon eine kriminelle Energie der besonderen Art dazu.“ Herrnhofer bezog sich dabei auf Verzichtserklärungen Birnbachers. Dieser hatte den Politikern schriftlich gegeben, dass er ihnen gegenüber auf Ansprüche verzichte. Martinz und Haider seien „Prüfungsorgane“ der Landesholding gewesen - und genau diese hätten sich in der Frage, ob die Holding ihre Zahlungsverpflichtung übernehmen müsse, massiv eingeschaltet.

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