Krisenstab eingerichtet
Die Fälle der Magen-Darm-Erkrankungen unter Schülern in Deutschland nehmen immer mehr zu. Am Samstag meldete die Berliner Gesundheitsverwaltung, dass seit dem massenhaften Ausbruch des Infekts am Dienstagabend deutschlandweit bereits 8.365 Kinder, Jugendliche und einige Lehrer erkrankt seien.
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Laut dem Robert-Koch-Institut (RKI) in Berlin handelt es sich um den „mit Abstand größten bekannten lebensmittelbedingten Ausbruch in Deutschland“. Betroffen seien 342 Einrichtungen in fünf Bundesländern.
Die Betroffenen leiden an Durchfall und Erbrechen. Als Ursache wurde in einigen Fällen der hochansteckende Norovirus bestätigt. In Sachsen gebe es bereits 16 bestätigte Norovirus-Fälle, sagte eine Sprecherin des Dresdner Sozialministeriums. Das sei aber noch zu früh, um das Virus als Ursache für die massenhaften Erkrankungen festzulegen: „Wir wissen weiterhin nicht, was die Ursache ist.“ Auch in Thüringen wurde in sieben Fällen das Norovirus nachgewiesen. Aber auch dort gehen die Behörden davon aus, dass es noch andere Ursachen für die gehäuften Erkrankungen geben muss.
„Auf jeden Fall Hygienefehler“
Der Auslöser für die große Menge an Erkrankungen ist noch völlig unklar. Die Berliner Infektionsschutzbeauftragte Marlen Suckau hat zwei Thesen als mögliche Auslöser für die Infektionswelle: Noroviren oder ein Giftstoff. Auch Salmonellen wurden von einigen Experten als mögliche Ursache genannt.
Das RKI rechnet damit, dass die Erkrankungen auf das Kantinenessen in Schulen und Kinderbetreuungseinrichtungen zurückzuführen ist. Die betroffenen Institutionen wurden offenbar von ein und demselben Lieferanten mit Essen versorgt. Auch Klaus-Dieter Zastrow, Vorstandsmitglied der Deutschen Gesellschaft für Krankenhaushygiene, geht im dpa-Interview davon aus, dass es „auf jeden Fall Hygienefehler bei der Produktion gegeben haben muss“.
Auswertung von Lebensmittelproben
Bund und Länder richteten mittlerweile eine gemeinsame Koordinierungs- und Ermittlungsgruppe unter Leitung des Bundesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) ein. Im deutschen Ernährungsministerium wurde ein interner Krisenstab eingerichtet. Auch am Wochenende wird weiterhin fieberhaft danach gesucht, Stuhl- und Lebensmittelproben untersucht. Speisepläne aus Kantinen, Lieferwege und Laborergebnisse werden ausgewertet.
Sodexo weist Verantwortung zurück
Der Essenslieferant Sodexo wies aber jegliche Verantwortung für die Erkrankungswelle zurück. Es gebe „nach wie vor keinen logischen Zusammenhang zwischen den Lieferanten und den aufgetretenen Krankheitsfällen“, die auf Essenslieferungen als Ursache hinwiesen, hieß es vonseiten des Unternehmens. Nur bei einem geringen Teil der belieferten Einrichtungen seien Erkrankungsfälle aufgetreten.
Das Essen werde in regionalen Küchen gekocht. „Tourenpläne und Standorte sind so ausgelegt, dass möglichst wenig Zeit vom Ende des Kochprozesses bis zum Servieren vergeht. Als kritische Grenze wird dabei von drei Stunden ausgegangen“, betonte Sodexo-Mitarbeiter Stephan Dürholt am Samstag.
Zudem gebe es Berichte, wonach es Erkrankungen auch in von anderen Caterern belieferten Schulen gebe. Einige Küchen hätten die Belieferung auf Bitte der Behörden eingestellt. Die zuvor bereits angewiesenen erhöhten Hygienemaßnahmen würden aber vorläufig beibehalten. Das Unternehmen erwartet Laborergebnisse nicht vor Montag. Bis dahin seien sie auf Korrelations- und Ausschlussverfahren angewiesen: „Hierzu stecken wir tief in der Analyse von Speise- und Tourenplänen, Lieferwegen und Lieferprodukten.“
Einige Schulen geschlossen
Betroffen sind fünf deutsche Bundesländer - Berlin, Brandenburg, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen. Allein in Berlin wurden über 2.000 Fälle bekannt - aus insgesamt 58 Schulen und 22 Kindergärten. Eine Schule und ein Kindergarten blieben am Freitag geschlossen. Auch in anderen Bundesländern schlossen einige Schulen. Die meisten Krankheitsfälle verlaufen ohne größere Komplikationen. Einige mussten allerdings im Krankenhaus behandelt werden.
Wenig Ansteckungsgefahr
Dass es noch andere Ursachen als Noroviren geben müsste, zeigen bisherige Erkenntnisse, dass von den meisten der aktuellen Magen-Darm-Erkrankungen keine Ansteckungsgefahr ausgeht: „Es sind keine Sekundärinfektionen beobachtet worden“, sagte die Sprecherin der Berliner Gesundheitsverwaltung am Samstag.
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