Langsamster Fisch der Ozeane
Bis vor kurzem hat er noch Rätsel aufgegeben: der Grönland-Hai. Nun fanden Forscher heraus, wie der langsamste Hai der Welt zu seiner Nahrung kommt. Vermutete man lange, dass es sich nur von den Überresten toter und auf den Meeresboden gesunkener Seehunde ernährt, lassen neue Forschungsergebnisse den Hai in neuem Licht erscheinen.
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Forscher statteten eine Gruppe von Grönland-Haien mit Datenchips aus, um deren Verhaltensweisen nachvollziehen zu können und Aufschluss über das genaue Fortbewegungstempo der Haie zu erzielen, wie die BBC berichtete. Die Studie, die vom „Journal of Experimental Marine Biology and Ecology“ („JEMBE“) publiziert wurde, zeigt, dass die Grönland-Haie nur mit 0,34 Metern pro Sekunde, also knapp über einem Kilometer pro Stunde, schwimmen.
Kein fairer Wettlauf möglich
Laut Yuuki Watanabe vom Nationalen Polarforschungsinstitut Japans, der bei der Studie mitmachte, ist der Grönland-Hai, wenn man seine Körpergröße einbezieht, der langsamste Fisch der Ozeane. Die Studie der norwegischen Forscher zeigte, dass, auch wenn sich der träge Fisch anstrengt zu beschleunigen, er weitaus langsamer ist als ein Seehund. Es konnte also so gut wie ausgeschlossen werden, dass ein Grönland-Hai einen Seehund fangen kann. Diese nun gemessene Trägheit der Haie überraschte die Forscher.
Der Hai kommt im Schlaf
Für die Forscher war bei der Beobachtung der Haie allerdings auch vollkommen überraschend, dass diese trotz ihrer Langsamkeit auf die Jagd nach Seehunden gehen. Sie warten dabei, bis die Tiere unter Wasser schlafen. Dann schleichen sie sich gemächlich an und töten ihre Beute, ohne dass diese die Möglichkeit zur Flucht hat.
Frühere Forschungsergebnisse hatten bereits gezeigt, dass sich die Überreste von Seehunden in den Mägen von Grönland-Haien befanden. Das stellte die Wissenschaftler vor ein Rätsel, denn die langsamen Haie konnten Seehunde einfach nicht erjagen, so Watanabe. Auch die Theorie, dass die Grönland-Haie von den Überresten toter Seehunde vom Meeresgrund ernähren, hielt nicht. Dann hätte man nicht in allen untersuchten Haimägen Seehundüberreste gefunden. Watanabe schloss sich daraufhin der Forschergruppe des norwegischen Polarinstituts an, die die Gewohnheiten der Haie untersucht.
Leben wie in Zeitlupe
Die Studie fand auch heraus, dass sich die Seehunde im Meer mit rund einem Meter pro Sekunde fortbewegen. Die Grönland-Haie kommen auf kurzfristige Spitzengeschwindigkeiten von 0,7 Meter pro Sekunde - viel zu langsam, um einen Seehund zu erwischen. Die Untersuchung brachte auch ans Licht, wie schnell die Grönland-Haie ihren Schwanz bewegen können. Auch hier sind die Tiere im Bereich des Langsamkeitsrekords. Ganze sieben Sekunden braucht der Hai für einen volle Schwanzbewegung, die ihn nach vorne treibt.
Der Grönland-Hai schwimmt weiter nördlich als jeder andere Hai. Die Durchschnittstemperatur des Wassers beträgt nur zwei Grad. In dieser frostigen Umgebung sehen die Forscher auch den Grund für die Langsamkeit des Hais, wie sie in der Studie erklären. Der Energieaufwand, um die Körpertemperatur zu regulieren, ist in diesem Umfeld enorm und könnte sich auf die Geschwindigkeit des Fisches niederschlagen, sind sie überzeugt.
Einsaugen als weitere Strategie
Die Seehunde schlafen deshalb im Wasser, weil sie so Angriffen von Eisbären entgehen. Das macht sie allerdings verwundbar für andere Jäger und so zur Beute für die Grönland-Haie. Vincent Gallucci, Haiexperte der Universität Washington, geht davon aus, dass die Haie ihre Beute nicht zu 100 Prozent in den Mund stecken, um sie zu fressen. Vielmehr helfe dem Hai dabei auch eine Saugbewegung als Teil des Fressprozesses. Das mache es dem trägen Fisch leichter, vorbeischwimmende Beute „abzufangen“.
Künftig wollen die Forscher die Haie bei ihrer „Jagd“ mit Unterwasserkameras auch filmen. Das würden die langsamsten Jagdszenen der Meere, so ein Wissenschaftler freudig. Doch die Haie sind auch selbst oft Beute. Sie werden wegen ihres Fettes und Fleisches gejagt.
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