Reform der Beihilfen gefordert
Die stellvertretende Vorsitzende der Österreichischen HochschülerInnenschaft (ÖH), Angelika Gruber (Verband Sozialistischer StudentInnen, VSStÖ), sieht durch die Erhebung „ganz klar belegt, dass die soziale Lage der Studierenden nicht ganz so rosig ist, wie man es sich wünschen würde“.
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„Schockierend“ sei etwa, dass nur 15 Prozent der Studenten Studienbeihilfe erhalten, so Gruber bei einer Pressekonferenz. Es sei auch nur schwer vorstellbar, dass man mit der Höchststudienbeihilfe von 674 Euro pro Monat - die außerdem nur ein Prozent der Studenten erhielten - auskommen könne, geschweige denn mit der durchschnittlich ausbezahlten Beihilfe von 272 Euro monatlich.
Gruber forderte außerdem ein Grundstipendium für alle Studenten unabhängig vom Elterneinkommen, eine regelmäßige Inflationsanpassung der Beihilfen sowie einen Ausbau der Sachleistungen wie etwa durch den Bau neuer Studentenheime. Außerdem plädierte sie für die Einführung eines Teilzeitstudiums und die Möglichkeit, direkt bei der Inskription auch einen Antrag auf Studienbeihilfe zu stellen. Auch Studienautor Martin Unger vom Institut für Höhere Studien (IHS) hielt eine Valorisierung der Beihilfen für überfällig, außerdem müsse man auch die Altersgrenzen für die Förderungen überdenken.
Auch Töchterle ortet „Schatten“
Wissenschaftsminister Karlheinz Töchterle sah unterdessen auch durchaus positive Resultate der Erhebung: Einerseits gebe es wesentlich mehr Studierende, mehr internationale Studierende sowie mehr Studenten, die etwa über Berechtigungs- oder Externistenprüfungen den Zugang an die Hochschulen schaffen.
„Schatten“ würden allerdings die sehr lange Verweildauer an den Unis sowie die „verbesserungsfähige“ soziale Durchmischung werfen. In diesem Zusammenhang setzt er auf einen Ausbau der Fachhochschulen (FH), wo der Zugang egalitärer ist. Für einen Ausbau der Studienförderung werde er „das Mögliche tun“. Das sei allerdings abhängig vom Budget. Erneut bedauerte Töchterle, dass sein Vorschlag eines Ausbaus der Beihilfen im Gegenzug zur Einführung von Studiengebühren von der SPÖ abgelehnt worden sei.
Berechtigte verzichten auf Antrag
Den Rückgang der Anträge auf Studienbeihilfe in den vergangenen Jahren erklärte der Leiter der Studienbeihilfebehörde, Gottfried Schlöglhofer, hauptsächlich mit dem weitgehenden Entfall der Studiengebühren. Damit sei ein Anreiz verlorengegangen, sich um eine Förderung zu bemühen, da die Beihilfenbezieher von den Gebühren befreit waren. Nach seiner Schätzung stellen derzeit rund zehn Prozent der eigentlich Berechtigten keinen Antrag.
SPÖ für „völlig neue Art der Studienbeihilfe“
Für SPÖ-Wissenschaftssprecherin Andrea Kuntzl zeigt die Studierenden-Sozialerhebung klar Reformbedarf bei der Studienbeihilfe: Trotz steigender Studentenzahlen sinke die Zahl der Bezieher, gleichzeitig müssten immer mehr Studenten nebenbei arbeiten. Man könne von Studenten aber nicht fordern, möglichst schnell zu studieren und sich gleichzeitig weitestgehend selbst zu erhalten. Kuntzl forderte Töchterle per Aussendung deshalb auf, mit ihr „eine völlig neue Art der Studienbeihilfe“ zu konzipieren statt Studiengebühren zu fordern.
Die Tatsache, dass nur knapp 40.000 der über 300.000 Studenten Studienbeihilfe bekommen, zeige, „dass es mit kleinen Erhöhungen oder oberflächlichen Korrekturen hier nicht getan ist“, so Kuntzl. Kritik übt sie auch an der „erschreckenden sozialen Schieflage“: So bekomme fast die Hälfte der Kinder von Bauern Studienbeihilfe, aber nur jedes vierte Arbeiterkind und nur jedes siebente Kind von Angestellten in den unteren Einkommensklassen.
Grüne: „Beschämend“
Wie Grünen-Wissenschaftssprecher Kurt Grünewald per Aussendung mitteilte, werde durch die aktuelle Studierenden-Sozialerhebung nur das bestätigt, was bereits in den Vorjahren deutlich geworden sei: „Bildung hat für die Regierung keinen hohen Stellenwert. Die Universitäten werden weiter ausgehungert, für die Studierenden werden immer neue Hürden aufgestellt, und niemand will dafür Verantwortung übernehmen.“
Kritisiert wurde von Grünewald nicht nur, dass die Studienbeihilfe seit Jahren nicht valorisiert werde, sondern auch weitere Einsparungen vorgesehen seien. „Betroffen davon sind fast ausschließlich die sozial Schwächsten“, so Grünefeld, der gleichzeitig auf Österreichs „beschämend niedrige Akademikerquote“ verwies.
AK für höhere Freibeträge
Auch die Arbeiterkammer (AK) fordert eine Änderung des Systems. AK-Präsident Herbert Tumpel verweist in einer Aussendung auf die „starke soziale Schieflage“ an den Hochschulen und fordert „mehr Gerechtigkeit bei der Chance auf ein Studium“. Die Höhe des Stipendiums und dessen Berechnungsschema müssten an die Lohn- und Preisentwicklung angepasst werden. Außerdem müsse der Freibetrag für Angestellte angehoben werden, damit deren Kinder bei der Studienförderung den Kindern von Landwirten und Selbstständigen gleichgestellt werden und die Altersgrenze für Selbsterhalterstipendien auf mindestens 40 Jahre bei Studienbeginn angehoben werden.
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