UNO-Chef ruft zu Zurückhaltung auf
Der Sturm auf das US-Konsulat in der ostlibyschen Stadt Bengasi, bei dem vier Menschen, darunter der US-Botschafter Chris Stevens, ums Leben gekommen sind, hat weltweit für Empörung und Anteilnahme gesorgt.
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UNO-Generalsekretär Ban Ki Moon hat sich „tief besorgt“ über die gewaltsamen Proteste in Libyen und weiteren arabischen Ländern gegen ein islamfeindliches Schmähvideo gezeigt. Nichts rechtfertige solche Tötungen und Angriffe, erklärte Ban nach Angaben seines Sprechers.
Zugleich verurteilte der UNO-Chef den „hasserfüllten Film, der offensichtlich ganz bewusst angefertigt wurde, um Fanatismus und Blutvergießen zu säen.“ Er rief zu Ruhe und Zurückhaltung auf. Angesichts zunehmender Spannungen brauche es Dialog, gegenseitigen Respekt und Verständnis, so Ban.
NATO begrüßt Libyens Willen zu Aufklärung
NATO-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen verurteilte den Angriff scharf. „Diese Gewalt ist niemals zu rechtfertigen“, hieß es in einer am Mittwoch veröffentlichten Erklärung. Er begrüße, dass Libyen bei der Aufklärung der Vorgänge mithelfen wolle: „Es ist wichtig, dass das neue Libyen sich auch weiterhin zu einer friedlichen, sicheren und demokratischen Zukunft hinbewegt.“
Der Präsident des Europaparlaments, Martin Schulz, bezeichnete den Angriff als „terroristischen Akt“. Der SPD-Politiker drückte im Namen der Abgeordneten am Mittwoch vor dem Plenum des Parlaments in Straßburg den USA die Anteilnahme des Europaparlaments aus.
Hollande: „Abscheuliches Verbrechen“
Frankreichs Präsident Francois Hollande verurteilte die Ermordung des US-Botschafters als „abscheuliches Verbrechen“. Hollande verurteile den Angriff auf das Schärfste, hieß es in einer Mitteilung des Elyseepalastes in Paris. Frankreich fordere von den libyschen Behörden rasche Aufklärung. Die Verantwortlichen müssten ermittelt und vor Gericht gebracht werden. „In dieser tragischen Situation sichere ich die volle Solidarität Frankreichs mit den Vereinigten Staaten zu“, sagte Hollande.
Spindelegger „zutiefst schockiert“
Auch Österreichs Vizekanzler und Außenminister Michael Spindelegger (ÖVP) zeigte sich „zutiefst schockiert“. Der „gezielte Angriff auf Diplomaten eines anderen Staates ist verabscheuungswürdig und stellt zudem eine eklatante Verletzung des Völkerrechts dar“, so Spindelegger. Ähnlich äußerte sich Italiens Ministerpräsident Mario Monti.
Monti: „Abscheuliche Tat“
Italiens Regierungschef Mario Monti sprach von einer „abscheulichen Tat“ und sicherte der Regierung des neuen und demokratischen Libyen seine Unterstützung zu. Auch der Vatikan wandte sich gegen die „völlig inakzeptable Gewalt“. Er forderte jedoch auch Respekt für die Gläubigen aller Religionen. Einmal mehr träten „die schwersten Konsequenzen von ungerechtfertigten Provokationen und Beleidigungen der Gefühle gläubiger Muslime zutage“, sagte Sprecher Federico Lombardi - mehr dazu in religion.ORF.at.
Berlin mahnt mehr Sicherheit ein
„Es ist tragisch und schwer erträglich, dass in Bengasi vier Menschen, darunter ein Diplomat, Opfer dieses religiösen Fanatismus geworden sind“, sagte der deutsche Regierungssprecher Steffen Seibert am Mittwoch in Berlin. Er mahnte die Regierungen in Ägypten und Libyen, die Sicherheit ausländischer Einrichtungen und Diplomaten zu gewährleisten.
Der deutsche Außenminister Guido Westerwelle sagte in einer Mitteilung: „Was religiöser Fanatismus anzurichten vermag, zeigen die gestrigen Ereignisse in Kairo und Bengasi in aller Deutlichkeit.“ Auch er forderte die Regierungen in Ägypten und in Libyen auf, die Sicherheit der Botschaften zu gewährleisten.
Tunis: Stabilität der gesamten Region gefährdet
Der tunesische Präsident Moncef Marzouki verurteilte den Angriff scharf. Die Attentäter bezeichnete er am Mittwoch bei einem Besuch in der libyschen Hauptstadt Tripolis als Terroristen. Die Attacke gefährde die Stabilität der gesamten Region, sagte Marzouki nach einem Treffen mit dem libyschen Parlamentspräsidenten Mohammed Magariaf.
Scharfe Kritik aus Teheran und Kabul
Afghanistan und der Iran kritisierten unterdessen den umstrittenen Film von Sam Bacile scharf. Er sei eine Beleidigung der weltweit 1,5 Milliarden Muslime, sagte der afghanische Präsident Hamid Karzai in Kabul. Der Film habe „die Feindschaft und die Konfrontation der Religionen geschürt und dem friedlichen Zusammenleben der Menschen schwer geschadet.“ Er glaube fest daran, dass Bacile und seine Unterstützer lediglich eine kleine radikale Minderheit darstellten, ergänzte Karzai, der am Mittwoch eine Reise nach Oslo absagte.
Grund seien „die schwerwiegenden Ereignisse in einigen arabischen Ländern in den vergangenen 24 Stunden“. Karzai sehe derzeit „die Notwendigkeit, in Afghanistan zu sein“. Norwegen hoffe, ihn zu einem späteren Zeitpunkt empfangen zu können, erklärte Außenminister Jonas Gahr Störe.
Auch in Teheran sorgte der Film für Protest. „Der Iran verurteilt diesen widerlichen Film und die Beleidigung der heiligen Symbole des Islam“, sagte ein Sprecher des Außenministeriums. Das „systematische und kontinuierliche Schweigen“ der USA gegenüber solchen beleidigenden Aktionen sei der Grund für die Ablehnung, die der Islam im Westen erfahre.
Muslimbruderschaft mahnt zu friedlichen Protesten
Ägyptens Muslimbruderschaft mahnte im Kurznachrichtendienst Twitter, wer gegen einen in Ausschnitten im Internet veröffentlichten, provozierenden Film über den Islam auf die Straße gehe, solle seinen Ärger friedlich zum Ausdruck bringen. Gleichzeitig bezeichnete die Partei den Film als ein „rassistisches Verbrechen“. Er beinhalte „schwere Beleidigungen des Propheten Mohammed“. In einer Mitteilung warf die Partei, die die stärkste Fraktion im ägyptischen Parlament und den Präsidenten stellt, dem Filmemacher vor, Muslime und Christen spalten zu wollen.
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