Niederländisches Wrack barg Geheimnis
Wie in einem Abenteuerfilm: Ein Vogelwart findet auf dem Strand der niederländischen Insel Terschelling ein altes Schiffswrack mit einem Schatz - 300 Kilogramm Kupfer und Tausende von Glasperlen.
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Sjaak van Dijk wollte seinen Augen nicht trauen: Bei einem Spaziergang auf dem Strand der niederländischen Wattenmeerinsel Terschelling entdeckten er und seine Frau heuer ein Wrack. „Plötzlich tauchte es in der Brandung auf“, erzählte er unlängst. Neugierig ging der 53 Jahre alte Vogelwart näher. Auf dem Boden des Wracks lagen Scherben.
„Im Sand fanden wir Perlen“, schilderte Van Dijk. „Da wusste ich, das ist etwas Besonderes.“ Tatsächlich: Er hatte einen einzigartigen Schatz gefunden, bestätigen inzwischen Schiffsarchäologen. 300 Kilogramm Kupfer, Tausende von Glasperlen und etwa 40 Kupferkessel. Sie stammen vermutlich aus dem 18. Jahrhundert.

APA/EPA/Staatsbosbeheer
Die Überreste des Wracks vor ihrer Bergung
Flut drohte Wrack mitzureißen
Zeit zum Staunen hatte der nüchterne Vogelwart nicht. „Die Flut kam.“ Van Dijk fürchtete, dass die Wellen das Wrack wieder mit in die offene See reißen würden. In Windeseile sammelten er und seine Frau die Perlen ein. „Wir stopften sie in unsere Taschen, Jacken und Mützen.“
Der Vogelwart informierte das Terschellinger Museum ’t Behouden Huys. Einige Tage später gelang es, das Wrack mit einem Traktor aus der Brandung zu ziehen und die kostbare Ladung zu bergen. „Die Fundstücke stammen vermutlich von einem Frachtschiff aus dem 18. Jahrhundert“, sagte der Direktor des Heimatmuseums, Frans Schot. Wrackteile spülten zwar häufiger an, so Schot. „Es ist aber ein Wunder, dass die Ladung nach so langer Zeit noch vorhanden war.“
„Zahlungsmittel für Sklavenhandel“
Forscher verschiedener Institute untersuchen nun den Fund und wollen auch seinen Wert feststellen. Einen besonderen historischen Wert haben sicherlich die handgearbeiteten Perlen. Erste Analysen weisen daraufhin, dass sie in Amsterdam und Venedig hergestellt wurden. „Im 18. Jahrhundert waren sie Zahlungsmittel für den Sklavenhandel“, sagte der Museumsdirektor und wies auf die Schalen voll mit kleinen und großen Perlen aus Glas und Horn, elfenbeinfarben, braun und dunkelrot.

APA/EPA/T Beheuden Huys Museum
Ein Teil des Schatzes, den der Vogelwart gefunden hatte
Auch mit Kupfer bezahlten die holländischen Kaufleute, und die Kessel waren in West-Afrika begehrt, berichtete Schot. Die rund 300 Kilogramm schweren Kupferstäbe in etwa 20 Bündeln sind mit Blei versiegelt. Anhand der Siegel wollen Schiffsarchäologen nun feststellen, von welchem Schiff die Ladung stammt.
Wahrscheinlich gehörte es der niederländischen Westindischen Compagnie, vermutet Schot. Diese Gesellschaft holländischer Kaufleute trieb im 17. und 18. Jahrhundert einen lukrativen Handel mit Afrika und Amerika. Tausende Schiffe waren damals vor der Küste gesunken.
„Viel zu gefährlich, danach zu tauchen“
Zwei Wochen lang hatte das staatliche Forstamt den Fund geheim gehalten aus Sorge, dass Schaulustige die Brutplätze von Vögeln in dem Gebiet stören könnten. Danach aber drängten sich Inselbewohner und Touristen um das Wrack, das wie ein Gerippe eines Riesenfischs im Sand lag.
„Wahrscheinlich ist es das Ruderboot eines großen Frachtseglers“, meinte Schot. Irgendwo da draußen im Meer wird der Rest des Mutterschiffs liegen, vielleicht mit dem Rest der kostbaren Fracht. Doch warnte er übereifrige Schatzsucher: „Wegen der Strömung ist es viel zu gefährlich, um danach zu tauchen.“
Aber der Museumsdirektor ist auch jetzt schon ein glücklicher Mann. Das Forstamt, offiziell der Eigentümer, hat den Fund dem Museum übereignet. Die ersten Besucher strömten bereits am Wochenende in das kleine Museum. Warum ausgerechnet jetzt nach fast 300 Jahren die Nordsee das Wrack anspülte, weiß keiner. Auf Terschelling nimmt man die Rätsel des Meeres gelassen hin. „Die See“, sagte Schot, „hat uns ein Stück Geschichte zurückgegeben.“
Annette Birschel, dpa
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