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Pentagon besorgt

Die Veröffentlichung des Buchs über die Kommandoaktion gegen Al-Kaida-Chef Osama bin Laden sorgt in den USA seit Wochen für Aufregung und ist mitten im Wahlkampf auch ein heißes politisches Thema.

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So wurde dem Autor, einem Mitglied eines Kommandos der Spezialeinheit Navy SEALs, das den Angriff auf Bin Laden ausführte, bereits vorgeworfen, er wolle mit dem Buch Werbung für den demokratischen Präsidenten Barack Obama machen. Das wies der Autor mittlerweile zurück. Der Verfasser schildert, keiner in der Spezialeinheit sei ein Fan Obamas gewesen - und einer habe sogar gemeint, sie hätten dem Demokraten mit ihrem Einsatz nun die Wiederwahl gesichert.

Auch Fotos veröffentlicht

Es ist daher wohl kein Zufall, dass ausgerechnet der rechte, prorepublikanische, TV-Sender Fox News die Identität des Autors - das Buch „No Easy Day“ wurde unter dem Pseudonym Mark Owen verfasst - enttarnte. Fox News hatte letzte Woche berichtet, hinter dem Decknamen des Augenzeugen bei dem Einsatz am 2. Mai 2011 in Pakistan verberge sich der 36-jährige Soldat Matt Bissonnette. Er stamme aus Alaska. Der Sender veröffentlichte neben dem Namen auch Fotos des Soldaten in Kampfmontur auf seiner Website.

Im Einsatz abgestürzter Hubschrauber am Anwesen in Abottabad

Reuters

Einer der beiden umgebauten Black Hawks, die die SEALs absetzten, wurde beim Einsatz zerstört

Fox weist Kritik zurück

Das Pentagon sei besorgt, zitierte der Sender CNN am Freitag einen Sprecher des Verteidigungsministeriums. Die Enttarnung des Autors, der die Spezialeinheit mittlerweile verlassen hat, gefährde dessen Sicherheit und die seiner am Einsatz beteiligten Kameraden. Fox News reagierte ungehalten auf die Kritik. Der Autor habe sich und andere SEALs durch die eigenmächtige Aktion selber gefährdet, zitierte Fox News einen Sprecher der Spezialkräfte, Oberst Tim Nye. „Er hätte wissen müssen, wohin das führt.“ Radikale Islamisten haben auf zum Al-Kaida-Netwerk gehörenden Websites angeblich bereits Fotos des Autors veröffentlicht und zu dessen Ermordung aufgerufen.

Das Buch mit dem Titel „No Easy Day: The Firsthand Account of the Mission That Killed Osama bin Laden“ (Deutsch: Kein leichter Tag: Ein Bericht aus erster Hand über den Einsatz, bei dem Osama bin Laden getötet wurde), wird wegen der großen Nachfrage bereits eine Woche früher, ab 4. September, verkauft. Ursprünglich geplanter Verkaufsstart in den USA war der Jahrestag der Al-Kaida-Angriffe auf die USA, 11. September.

Der 40-minütige Einsatz

Pakistans Regierung und Armee dementierten im Gefolge des US-Einmarsches in Afghanistan die immer wiederkehrenden Gerüchte, Bin Laden habe sich in das mit den USA verbündete Nachbarland geflüchtet. Doch zehn Jahre nach 9/11 fanden die Amerikaner schließlich eine Spur, sie führte in die nordpakistanische Garnisonsstadt Abbottabad. Sicher waren sie sich aber bis zuletzt nicht, ob sie tatsächlich Bin Laden mitsamt Angehörigen aufgespürt hatten.

Mit einer vorgetäuschten Polio-Vorsorgeaktion in Abbottabad half ein pakistanischer Amtsarzt den Amerikanern, an DNA-Proben der Familie zu kommen. Daraufhin starteten in der Nacht auf den 2. Mai 2011 die Spezialkräfte in zwei Tarnkappen-Hubschraubern von Afghanistan aus in Richtung Pakistan. Unbemerkt drangen sie in den pakistanischen Luftraum ein. 40 Minuten dauerte die Operation am Anwesen Bin Ladens, die Obama im Weißen Haus live mitverfolgte.

„Ein guter Tag für Amerika“

Die Soldaten erschossen fünf Menschen, darunter neben Bin Laden auch einen Sohn des Al-Kaida-Chefs. Bin Ladens Leiche wurde auf einen US-Flugzeugträger geflogen und an einer unbekannten Stelle im Arabischen Meer versenkt. Die Amerikaner feierten den Tod ihres Staatsfeindes Nummer eins. Die Welt sei ein besserer Ort geworden, sagte Obama damals. „Heute ist ein guter Tag für Amerika.“

Die Pakistaner dagegen waren empört. Washington hatte Regierung und Armee vor der Aktion nicht informiert. Seit Jahren wird besonders dem Militärgeheimdienst ISI vorgeworfen, ein doppeltes Spiel zu spielen und heimlich Terroristen zu unterstützen. Dass Bin Laden jahrelang im Land untertauchen konnte, nährte den Verdacht. Auch wenn Pakistan verkündete, man habe von Bin Ladens Aufenthaltsort nichts gewusst: Das bereits beschädigte Image war nun gänzlich ruiniert, und bis heute ist das Misstrauen zwischen den beiden Ländern groß.

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