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Spott für Überläufer

Fast eineinhalb Jahre nach Beginn des Syrien-Konflikts rechnet Präsident Baschar al-Assad auch weiterhin mit langen Kämpfen. „Wir haben noch nicht gewonnen, das braucht noch Zeit“, sagte er in einem Interview mit dem regierungstreuen Fernsehsender al-Dunja, das vor seiner Ausstrahlung am Mittwochabend in Auszügen veröffentlicht wurde. Die Regierungstruppen kämen aber voran.

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Zugleich spottete Assad über die Flucht ranghoher Militärangehöriger und Führungskräfte in den vergangenen Monaten. „Patriotische und gute Menschen fliehen nicht“, sagte er. Die Überläufer hätten aber letztlich zur „Selbstreinigung“ des Staates beigetragen. Assad forderte seine Landsleute auf, sich aktiv am Kampf gegen die Revolutionäre zu beteiligen. Jeder müsse die „Helden“ der Armee in dieser „Schlacht des Willens“ unterstützen. Assad, der während der Aufzeichnung des Interviews scherzte und lachte, sprach von einer „Säuberung des Staates“.

Klares Nein zu Schutzzone

Assad lehnte die Einrichtung einer Schutzzone für Flüchtlinge ab. Zum einen stehe das gar nicht zur Debatte, zum anderen sei der Vorschlag des Westens und der Türkei ohnehin „unrealistisch“, sagte der Staatschef. Ein Regimegegner in der Provinz Aleppo kommentierte Assads Auftritt mit den Worten: „Man hat das Gefühl, der Mann lebt in einem anderen Universum.“

Widersprüchliche Aussagen aus Regierung

Doch während sich Assad selbst hart zeigt, sind aus seiner Regierung widersprüchliche Aussagen zu hören. Vizepräsident Faruk al-Scharaa forderte von allen Seiten ein Ende der Gewalt, um einen „nationalen Dialog“ zur Beilegung des Konflikts zu erlauben. Zuvor hatte Außenminister Walid al-Muallem bei einem Treffen mit dem Vorsitzenden des Auswärtigen Ausschusses des iranischen Parlaments, Alaeddin Boroudscherdi, gesagt, die Regierung werde erst in Verhandlungen mit der Opposition treten, wenn das Land vollständig von Rebellen „gesäubert“ sei.

Vergangene Woche hatte die Opposition berichtet, Scharaa sei mit seiner Familie und mehreren Vertrauten nach Jordanien geflohen. Später hieß es, es habe einen gescheiterten Fluchtversuch gegeben. Nachdem Scharaa wochenlang nicht gesehen worden war, zeigte er sich am Sonntag kurz vor einem Treffen mit Boroudscherdi erstmals wieder in der Öffentlichkeit.

27 Tote nach Bombenanschlag

Unterdessen geht die Gewalt weiter. In der Nacht auf Mittwoch starben bei einem Autobombenanschlag bei einer Beerdigung in einem Vorort von Damaskus mindestens 27 Menschen. Das teilte die in London ansässige Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte mit. Demnach galt der Anschlag in dem vorwiegend von Christen und Drusen bewohnten Vorort Dscharamana der Beisetzung von zwei Anhängern der Regierung. Das Staatsfernsehen hatte zuvor von zwölf Todesopfern berichtet, bei dem „Terroranschlag“ seien zudem 48 Menschen verletzt worden, die meisten von ihnen schwer.

Rebellen erklärten am Dienstagabend, sie hätten zehn Raketen von Regierungstruppen erbeutet. „Gott ist groß! Zehn Raketen“, sagte ein Kameramann, der die Waffen filmte, die laut Aktivisten von einer Gruppe namens Versammlung von Ansar al-Islam in der Region Ghuta in der Provinz Damaskus beschlagnahmt wurden. In einem Amateurvideo waren ein brennender Panzer und mehrere bewaffnete Männer zu sehen. Zudem gab es Bilder von einem Lager mit meterlangen Raketen, die offenbar in die Hände der Rebellen gelangt waren.

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