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Sicherheitskräfte angelernt

Die deutsche Polizei hat nach Informationen des deutschen „Tagesspiegels“ über Jahre hinweg Sicherheitskräfte des weißrussischen Präsidenten Alexander Lukaschenko geschult. Der autoritär regierende Lukaschenko gilt als der „letzte Diktator Europas“. Ein Bericht des UNO-Menschenrechtsbeirates stellt dem Land schlechte Noten aus. Die Menschenrechte würden sehr beschnitten.

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Lukaschenko und so gut wie die gesamte Führungsriege des Landes haben nach den Wahlfälschungen bei der Präsidentschaftswahl 2010 Einreiseverbot in der EU. Mindestens hundert Angehörige der weißrussischen Sicherheitskräfte bekamen allerdings trotz des zweifelhaften Rufes des Landes und seines Präsidenten zwischen 2008 und 2011 die Möglichkeit, an Schulungen in Deutschland teilzunehmen, wie ein Sprecher des deutschen Innenministeriums nach einem Bericht des „Tagesspiegels“ (Freitag-Ausgabe) bestätigte.

Bei Castor-Transport Anregungen mitgenommen

Außerdem seien fast 400 Grenzschützer, leitende Milizionäre und Kriminaltechniker von deutschen Beamten direkt in Weißrussland geschult worden. Im November 2010 durften dem Bericht zufolge weißrussische Sicherheitskräfte die deutschen Polizisten sogar mehrere Tage lang im Einsatz beobachten - beim Castor-Transport ins niedersächsische Gorleben. Bei dem Castor-Transport kamen Wasserwerfer, Reizgas und Schlagstöcke zum Einsatz. Nur wenige Wochen später wurden die Oppositionsproteste wegen Wahlfälschung in Weißrussland blutig niedergeschlagen.

Bis Ende 2011 hätten Schulungen stattgefunden, bestätigte das deutsche Innenministerium. Das letzte Seminar dieser Art fand demnach im Oktober vergangenen Jahres statt. Der Sprecher wies allerdings darauf hin, dass nach der von Manipulationsvorwürfen begleiteten weißrussischen Präsidentschaftswahl 2010 keine neuen Projekte mehr gestartet, sondern nur bereits begonnene Kooperationsvorhaben „abgearbeitet“ worden seien. Ziel sei es demnach gewesen, „demokratisches und rechtsstaatliches Bewusstsein zu fördern“.

Heranführung an „EU-Standards“

Ein Ziel der Schulungen habe den Angaben zufolge darin bestanden, den weißrussischen Kollegen „das transparente und bürgernahe Verhalten der Polizei“ nahezubringen, berichtete der „Tagesspiegel“. Die Ausbildungshilfe habe „der Heranführung der belarussischen Miliz an die EU-Standards am Beispiel der deutschen Polizei“ gedient, heißt es dem Bericht zufolge im deutschen Innenministerium zu dem Projekt. „Hauptthema war die Bewältigung von polizeilichen Lagen aus besonderem Anlass, besonders aus Anlass von (Sport-)Großveranstaltungen.“

Das von Lukaschenko autoritär regierte Weißrussland soll 2014 die Eishockey-WM ausrichten. Das Projekt mit der weißrussischen Miliz sei „in Abstimmung mit dem Auswärtigen Amt noch vor den Wahlen 2010 in der Republik Belarus abgebrochen“ worden, zitierte der „Tagesspiegel“ den Sprecher des deutschen Innenministeriums. Die bilaterale polizeiliche Zusammenarbeit mit der Grenzpolizei ging dem Bericht zufolge aber selbst nach der brutalen Niederschlagung der weißrussischen Oppositionsbewegung unvermindert weiter. Erst Ende 2011 sei sie ganz beendet worden.

Zusammenhang mit Absetzung von Polizeichef?

Auch dem im Juli vom deutschen Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) abgesetzten deutschen Bundespolizei-Chef Matthias Seeger waren Kontakte zur Regierung in Weißrussland vorgeworfen worden. Seeger wies die Kritik zurück und gab an, mit Billigung des Innenministeriums gehandelt zu haben. Als sich das Land mehr und mehr zu einer Diktatur entwickelt habe, seien die Kontakte abgebrochen worden, sagte er kürzlich.

Oppositionskandidaten dürfen nicht antreten

Bei den kommenden Parlamentswahlen will Lukaschenko offenbar auf „Nummer sicher“ gehen. Der Oppositionsführer Alexander Milinkewitsch (65) wurde nicht als Kandidat zur Parlamentswahl am 23. September zugelassen. Milinkewitsch kritisierte die Entscheidung der Wahlleitung als politisch motiviert. Die Begründung, er habe bei der Registrierung falsche Angaben gemacht, sei vorgeschoben, sagte er am Mittwoch nach Angaben von Medien in Minsk.

Zuvor war bereits zwei wichtigen Oppositionskräften die Teilnahme an der Abstimmung verweigert worden. Wahlen sind in Weißrussland von der internationalen Gemeinschaft noch nie als frei und fair anerkannt worden.

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