„Grüne sind ganz normale Menschen“
Mit Grünen-Chefin Eva Glawischnig ging Montagabend das ORF-„Sommergespräch“ in die zweite Runde. In Glawischnigs Heimat, in Millstatt in Kärnten, diskutierte sie mit Armin Wolf über koalitionäre Lieblingsvarianten, die Sinnhaftigkeit des europäischen Rettungsschirms - und warum auch Grüne hin und wieder mit dem Auto fahren.
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Die nächsten Nationalratswahlen finden 2013 statt, und die Grünen möchten es diesmal in die Regierung schaffen. „Ich glaube, dass es für das Land gut wäre“, so Glawischnig. „Österreich braucht eine Alternative - und wir wären eine gute Alternative“, warb Glawischnig für ihre Partei. Eine Lieblingsvariante, mit wem sie in der Regierung arbeiten will, habe sie keine, einer Dreierkoalition stehe sie aber sehr skeptisch gegenüber: „Aus heutiger Sicht: Nein.“

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Armin Wolf und Eva Glawischnig beim Heurigen in Millstatt, Kärnten
„In Kärnten wird die Demokratie abgeschafft“
Unterstützung dürfte ihr von Kanzler Werner Faymann (SPÖ) sicher sein, so besucht er sie auch auf ihrer Sommertour durch Österreich. Bei der ÖVP wird Glawischnig noch Überzeugungsarbeit leisten müssen. So wurde eine Zusammenarbeit mit den Grünen von den Schwarzen immer wieder ausgeschlossen. Diese offensichtliche Ablehnung der ÖVP den Grünen gegenüber könne sie nicht verstehen, so Glawischnig.
Gerade im Zuge der Korruptionsaffären sei der Wunsch nach Anständigkeit in der Politik groß, glaubt Glawischnig. Und „die Grünen sind die Einzigen, die das repräsentieren“. In ihrer Heimat Kärnten habe sich „einiges verschoben“, es werde „gerade die Demokratie abgeschafft“. Die Momentaufnahmen vor der Wahl 2013 seien grundsätzlich „deutlich positiver als bei der letzten Nationalratswahl“.
Stronach-Partei ein „autoritäres Politikkonzept“
Angesprochen darauf, ob Frank Stronachs Partei auch die Grünen Stimmen kosten kann, sagte Glawischnig: „Ich kann mir nicht vorstellen, dass ein Grün-Sympathisant so ein autoritäres Politikkonzept gut finden kann, das so wenig Weltoffenheit zeigt. Ich halte auch nichts davon, eine Mannschaft zusammenzukaufen.“

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Eva Glawischnig wuchs am Millstätter See in Kärnten auf. Noch heute ist Oberkärnten ein schwieriges Pflaster für die Grünen
Um bei den Wahlen besser abzuschneiden, müssen aber auch die Jungen stärker angesprochen werden, und da spießt es sich noch bei den Grünen. Zwar wurde Glawischnig vor kurzem zum YouTube-Star - doch nicht ganz freiwillig. Ein Video zeigt ihr Fahrzeug, wie es angeblich mit überhöhter Geschwindigkeit vor Wien unterwegs war und dabei andere Autofahrer bedrängt haben soll. Von einem Imageschaden will Glawischnig jedoch nichts wissen.
Auch dass sie auf ihrer Österreich-Tour viele Orte mit dem Bus anstatt mit dem Zug ansteuerte, sieht sie nicht problematisch. „Wir Grünen sagen ja nicht, dass man nicht Busfahren soll“, erklärte Glawischnig. „Wir sind ganz normale Menschen“, und da würde auch Autofahren dazugehören.
„Wien hat ein Verkehrsproblem“
Emotionaler wird sie bei dem Thema Parkpickerl. Trotz einer erfolgreichen Unterschriftenaktion unterstützt sie die Wiener Grünen bei ihrem Nein zu einer Volksbefragung. „Wenn man in Wien glaubt, einzelne Verkehrsmaßnahmen mit einer Abstimmung bekämpfen zu müssen, ignoriert man, dass Wien ein Verkehrsproblem hat.“ Eine bloße „Kampagnisierung gegen das Parkpickerl“ sei „ein Missbrauch der Demokratie“. Vielmehr sollten die Wiener über konkrete Lösungskonzepte abstimmen.
Ja zum Rettungsschirm, Nein zum Fiskalpakt
Auch bei einem weiteren umstrittenen Thema, der Zustimmung zum Europäischen Rettungsschirm (EMS), verteidigte Glawischnig die Linie der Grünen. Man brauche den Rettungsschirm, um schwachen Staaten helfen zu können. „Auszublenden, dass man hier ein gemeinsames Problem hat, ist falsch.“ Sie hob aber hervor, dass sich die Grünen für eine Kontrolle durch das österreichische Parlament starkgemacht haben. Den Fiskalpakt lehnt sie weiterhin als etwas ab, „das sich die deutsche Kanzlerin (Angela Merkel, Anm.) einbildet.“
Doch nicht bei allen Themen verfolgen die Grünen eine so klare Linie. So liegt trotz mehrmaliger Ankündigung noch kein grünes Modell zur Vermögenssteuer vor. Auf Nachfrage von ORF-Moderator Wolf gab Glawischnig zwar die Selbstbehaltsgrenze von 500.000 Euro an, über konkrete Steuersätze wollte sie jedoch nichts sagen. Und auch bei „weichen Drogen“ wie Cannabis setzt die Grünen-Chefin mittlerweile auf „Entkriminalisierung“ statt auf Legalisierung. In diesem Punkt habe sich „einiges weiterentwickelt, vor allem was die wissenschaftlichen Bewertungen der Substanzen betrifft“.
Glawischnig Spitzenkandidatin 2013
Über ihre Zukunft in der Politik gefragt, sagte die Grünen-Chefin, dass sie an den politischen Ruhestand noch nicht denke. „Ich will bei der nächsten Nationalratswahl als Spitzenkandidatin antreten. Und darauf freue ich mich schon.“ Durch Alexander Van der Bellens Rücktritt sei sie ins kalte Wasser gesprungen, aber es mache Spaß und Freude. Bis zur Pension wolle sie jedoch nicht in der Politik bleiben.
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