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„Operation Stein“ als weißer Fleck

Die in der ehemaligen CSSR gefürchtete Statni bezpecnost (StB), die als Geheimpolizei über die Jahrzehnte ein lückenloses System der Überwachung und Bespitzelung in der Tschechoslowakei schuf, soll in den Jahren nach Ende des Zweiten Weltkriegs, konkret in den Jahren 1948 bis 1951, innerhalb der Grenzen der Tschechoslowakei falsche Grenzen gezogen haben.

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Die falschen Grenzen seien meist bis zu 50 Kilometer vor den tatsächlichen Grenzen errichtet worden, berichtet der Chef der Abteilung zur Aufklärung kommunistischer Verbrechen des tschechischen Innenministeriums, Pavel Bret, gegenüber der Zeitung „Mlada Fronta Dnes“.

An diesen falschen Grenzen sollen falsche Agenten stationiert worden sein, die mit den Uniformen der USA, Frankreichs oder Großbritanniens verkleidet gewesen seien.

Zwei der Mitverantwortlichen der „Operation Stein“ seien noch am Leben. „Und sie leben in Luxus“, sagt der tschechisch-amerikanische Historiker Igor Lukas, der sich mit einem lange in Tschechien vernachlässigten Verbrechen auseinandersetzt.

Ehemaliger Präsident der CSSR, Klement Gottwald

picturedesk.com/Albert Harlingue/Roger Viollet

KP-Chef Klement Gottwald: Ab 1948 der „starke Mann“ im tschechoslowakischen Staat

1948 und die Folgen

Zeitlich wurden die Maßnahmen direkt nach dem Februarumsturz durch die Kommunistische Partei der Tschechoslowakei angegangen - damals wurde die Mehrparteienregierung auf Druck von KP-Chef Gottwald durch eine von Kommunisten dominierte Regierung ersetzt, obwohl es durch den Massenrücktritt nicht-kommunistischer Regierungsmitglieder zu Neuwahlen hätte kommen müssen. Fortan schwenkte die CSR (Der Zusatz „Sozialistisch“ kam erst in den 1960er Jahren hinzu) auf die Linie der stalinistischen Partei ein.

Die Flucht zur falschen Grenze

Menschen, die in den folgenden Jahren aus dem Land flüchten wollten, hätten an diesen falschen Grenzen einen „Helfer“ zur Seite gestellt bekommen (tatsächlich ein Mitarbeiter der StB). Dieser „Helfer“ sei mit den Flüchtenden so lange umhergefahren oder gelaufen, bis sie die Orientierung verloren und glaubten, in Westdeutschland oder Österreich angelangt zu sein, schildert Bret. Im vermeintlichen neuen Land trafen sie auf alliierte Soldaten, die wiederum verkleidete StB-Mitarbeiter gewesen seien.

Die falschen Alliierten sollen die Flüchtenden ausgefragt haben, etwa, ob sie Menschen in der Tschechoslowakei nennen könnten, die als Kontakte für westliche Geheimdienste brauchbar wären.

„Viele wurden verfolgt und verurteilt“

„Viele dieser Menschen wurden anschließend verfolgt und verurteilt“, sagte Bret. Die Flüchtlinge selbst wurden tschechoslowakischen Grenzschützern übergeben.

Für Bret handelt es sich im Fall der falschen Grenzen um einen „weißen Fleck“ in der Geschichte der Tschechoslowakei. Die Opfer zögerten, über ihre Erinnerungen zu sprechen, da sie oft die Namen von Freunden preisgegeben hätten, die anschließend verfolgt wurden.

Knapp 300 Flüchtlinge auf dem Weg in den Westen wurden von Grenzschützern der Tschechoslowakei zur Zeit des Kalten Krieges erschossen.

Historiker: Nicht zu spät für Aufarbeitung

Für den Historiker Igor Lukas könnten noch zwei lebende Verantwortliche dieser Grenzaktion habhaft gemacht werden. „23 Jahre nach dem Fall des Kommunismus sollte der Staat ja in der Lage sein, diese Verantwortlichen vor Gericht zu bringen“, so Lukas gegenüber „Dnes“.

Obwohl die Operation als absolut geheim klassifiziert wurden, dokumentieren gut 10.000 Seiten an Unterlagen die Vorgänge in den Jahren 1948 bis 1951.

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