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Um Baschar al-Assad wird es einsam: Der syrische Präsident hat am Montag auch seinen erst kürzlich eingesetzten Regierungschef verloren - er setzte sich wie viele andere ins Ausland ab und schloss sich der Opposition an.
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Der im Juni ernannte Regierungschef Riad Hidschab ist das bisher ranghöchste, aber nicht das erste Regierungsmitglied, das Assad den Rücken gekehrt hat. Im März lief bereits Vizeölminister Abdo Hussameldin zur Opposition über und begründete das mit der „Brutalität“, mit der der Staatschef den ein Jahr zuvor begonnenen Aufstand niederschlagen lässt.
Dutzende abtrünnige Generäle
Rund 30 Generäle der Armee sind mittlerweile abtrünnig geworden. Besonders schmerzhaft für Assad dürfte Anfang Juli die Flucht von General Munaf Tlass gewesen sein: Er ist ein Jugendfreund des Präsidenten, sein Vater diente bereits Assads Vater als Verteidigungsminister. Deserteure gründeten im Juli 2011 auch die Freie Syrische Armee (FSA), die seitdem gegen Assad kämpft. Laut der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte in London sind inzwischen Tausende Soldaten zur FSA übergelaufen.
Spektakulär war Ende Juni die Flucht eines Kampfpiloten, der sich samt seines Kampfjets nach Jordanien absetzte. Erst am Sonntag floh laut der türkischen Nachrichtenagentur Anadolu der Luftwaffengeneral und erste syrische Astronaut Mohammed Ahmed Faris in die Türkei.
Auch im Geheimdienst brodelt es
Ebenfalls am Sonntag setzten sich zudem laut Aufständischen drei Mitarbeiter des politischen Geheimdienstes nach Jordanien ab. Einer der Männer soll Chef der Informationsabteilung einer Geheimdiensteinheit in der Hauptstadt Damaskus gewesen sein.
In den vergangenen Wochen kehrten auch immer mehr Diplomaten dem Herrscher in Damaskus den Rücken: Als erstes sagte sich Mitte Juli Syriens Vertreter in der irakischen Hauptstadt Bagdad, Nawaf Fares, von Damaskus los und kündigte an, sich „den Reihen der Revolution anzuschließen“. Kurz darauf folgten der Botschafter in den Vereinigten Arabischen Emiraten, die Geschäftsträgerin in Zypern, der ranghöchste syrische Diplomat in London und ein Konsul in Armenien.
Vier Abgeordnete geflüchtet
Insgesamt vier Abgeordnete haben ihre Posten aufgegeben, um gegen das Vorgehen gegen die Opposition zu protestieren. Zuletzt flüchtete Ende Juli eine Abgeordnete der von den Assad-Truppen bedrängten Wirtschaftsmetropole Aleppo mit ihrer Familie in die Türkei. Ikhlas al-Badawi war dabei das erste Mitglied des am 7. Mai neu gewählten Parlaments, das abtrünnig wurde.
Fast nur sunnitische Abtrünnige
Schwer einzuschätzen ist von außen freilich, wie sehr das das Regime bisher geschwächt hat. Denn laut einem Regimekenner verliert Assad in Armee und Sicherheitsapparat vor allem den Rückhalt der Sunniten. Ein kürzlich desertierter hochrangiger Offizier sagte der Nachrichtenagentur dpa am Montag in Istanbul, bisher seien schätzungsweise mehrere hundert sunnitische Offiziere desertiert und nur drei Alawiten und fünf Angehörige anderer religiöser Minderheiten.
Die sunnitischen Muslime stellen mehr als 60 Prozent der Bevölkerung, im Militärapparat allerdings nur 4.000 der insgesamt 33.000 Offiziere. Der Assad-Klan und die Spitzen des Regimes gehören der schiitischen Sekte der Alawiten an, während die meisten Aufständischen Sunniten sind.
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