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„Das ist ungenügend“

Für Frankreichs Hotels und sonstige Beherbergungsbetriebe ist seit dieser Woche ein lange angekündigtes neues Bewertungssystem Pflicht. Doch die im Jahr 2009 noch als „Revolution“ angekündigte Reform der Sternevergabe gilt als umstritten, und rund die Hälfte der französischen Hotels verweigern - ungeachtet drohender Strafen - bisher eine Umstellung.

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Erst auf 8.000 der insgesamt 20.000 Hotels finden sich nach Angaben der Tageszeitung „Le Nouvel Observateur“ die neuen Sterneplaketten. Für 2.000 weitere laufe zumindest das Prüfverfahren, das nicht mehr von der staatlichen Touristikagentur Atout France, sondern von privaten Unternehmen durchgeführt wird.

Goldenes Schild für ein Fünsternhotel

Fotolia/Jacques PALUT

Nach der Reform gibt es in Frankreich nun auch Fünfsternhotels

Tourismusministerin Sylvia Pinel zeigte sich in einer ersten Reaktion mehr als unzufrieden. „Das ist ungenügend“, so Pinel, die gleichzeitig ankündigte, den offensichtlichen Schwierigkeiten bei der Umstellung genauer auf den Grund gehen zu wollen. Der Direktor des für Betrugsbekämpfung zuständigen Amtes im Finanzministerium verwies laut „Le Parisien“ zudem auf drohende Geldstrafen in Höhe von 15.000 Euro. Derzeit wolle man davon allerdings noch absehen und auf „Diskretion und Pädagogik“ setzen.

„Überflüssig und unsinnig“

Ungeachtet dessen ist das neue, insgesamt 250 Kriterien umfassende Bewertungssystem auch weiter umstritten. Ein Pariser Hotelbetreiber sprach laut „Süddeutscher Zeitung“ („SZ“) von einer überflüssigen und unsinnigen Regelung. Der vermutete Hauptgrund für die Verweigerung dürfte aber nicht zuletzt darin liegen, dass die Hotels nun für ihre Sterne zahlen müssen.

Doch nicht nur die zusätzlichen Kosten für die Hotellerie sorgen für Kritik. „Wenn man für seine Sterne bezahlen kann“, sei das vielmehr ein grundsätzliches Problem, so der Hotelfachmann Mark Watkins gegenüber der „SZ“. Befürchtet wird zudem eine Diskontschlacht der insgesamt 50 Prüffirmen, denen nun die Vergabe der Sterne obliegt. Außer Frage stehe, dass jene Firma mehr Aufträge erhalte, welche „die meisten Sterne für den niedrigsten Preis springen lässt“.

Zwei Sterne ohne Badezimmer?

Die Zeitung verwies auch auf die austauschbaren Bewertungskriterien. Je nachdem, wie diese angewendet würden, seien dann etwa zwei Sterne möglich, obwohl Hotelzimmer über kein eigenes Badezimmer verfügen. Als Profiteur der neuen Regelung wurde etwa die Accor-Gruppe und damit einer der weltweit größten Hotelanbieter genannt, deren Hotels nun allesamt aufgewertet würden - darunter auch die lediglich mit Etagenklos ausgestatteten Billig-Etablissements Hotel Formule 1, die nun mit einem Stern ausgezeichnet würden.

Als Anlass für die Umstellung der Bewertungskriterien galt vor rund drei Jahren neben der Kostenersparnis auch die Anpassung an internationale Kriterien. Die Hotelbranche hatte bereits im Vorfeld etwa die ebenfalls umgesetzte Einführung eines fünften Sterns gefordert, um im Rennen um die Luxuskundschaft international mithalten zu können.

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