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Flipflops für die breite Masse

Ganz entgegen dem Trend zu immer höheren High-Heels verbreitet sich der wohl flachste aller Schuhtypen mit konsequenter Beharrlichkeit als weltweites Modephänomen weiter: Flipflops. Der nach eigenen Angaben weltgrößte Hersteller der Zehenstegschlapfen, Havaianas, feiert nun das 50-jährige Flipflop-Jubiläum und kann dabei auf eine bewegte Markengeschichte zurückblicken.

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Der Legende nach wurden die Havaianas von japanischen Zori-Sandalen inspiriert, dem traditionellen Schuhen der Geishas. „Es ist wahr, dass einige Mitglieder der Geschäftsleitung der Muttergesellschaft Alpargatas durch Japan gereist sind, bevor die Schuhe 1962 auf den Markt kamen“, erklärte Rui Porto, Mediensprecher von Havaianas. „Doch die wahren Ursprünge der Zehenstegsandalen liegen wohl viel weiter zurück.“ Tatsächlich entdeckten Archäologen 2007 in der Schweiz einen ähnlichen Schuh aus Buchenholz.

Ein Patent hält Havaianas dementsprechend nicht auf die Flipflops, trotzdem basiert die Zusammensetzung der Kunststoffmischung auf einer geheimen Formel. Im Vergleich zu vielen anderen Herstellern setzt die brasilianische Firma dabei nicht auf Plastik-, sondern auf Gummisohlen, statt einer glatten Oberfläche ist die charakteristische Havaiana leicht genoppt.

Havaianas hängen in einem Regal

AP/Andre Penner

Weiße Sohle, bunte Riemen: Jährlich kauft jeder Brasilianer im Schnitt mindestens ein Paar Havaianas

Mit optischer Zurückhaltung zum Massenphänomen

Die ersten Kollektionen in den 1960er Jahren waren optisch schlicht gehalten: weiße Sohlen mit Riemen in Himmelblau, Schwarz oder Gelb. Auf Straßenmärkten verkauft, mauserte sich die Schuhnovität damals schnell zur Fußuniform in den Favelas, den Armenvierteln der brasilianischen Großstädte. Sie waren so weit verbreitet, dass die Regierung Havaianas als Grundbedürfnis zur Berechnung der durchschnittlichen Lebenskosten hinzuzog.

Havaianas auf einem Tisch

AP/Andre Penner

Havaianas sind mittlerweile in zahlreichen Farbkombinationen und wechselnden Kollektionen erhältlich

„Havaianas waren quasi ein Synonym für Armut“, erklärte Proto. Die Schuhe seien als Massenware verkauft worden, ohne jegliche Investition in Design, Marketing und Innovation. „Das gesamte Geschäftsmodell basierte darauf, eine hohe und steigende Zahl an Flipflops zu verkaufen und die Produktionskosten dabei so stark wie möglich zu drücken.“

Lehrbuchfall von Marken-Rebranding

In den frühen 1990er Jahren wurde die Konkurrenz größer. Sinkende Marktanteile bewogen die Firma dazu, die Firmenstrategie komplett zu ändern. Vom alltäglichen Gebrauchsgegenstand sollten die Flipflops zu modischen Accessoires gemacht werden. Der Plan ging auf und zwar so erfolgreich, dass die Havaianas-Strategie bis heute als Lehrbuchfall für ein gelungenes Marken-Rebranding gilt.

Mit einem einfachen Plan gelang es der Firma, die Schuhe plötzlich auch für betuchtere Kundschaft attraktiv zu machen: Statt zweifärbig waren die Schuhe ab 1994 einfärbig. Diese einfache Änderung reichte, um die Flipflops alltagstauglich zu machen. Mit nachhaltigem Erfolg: Alleine im letzten Jahr wurden weltweit 210 Millionen Havaianas verkauft, 75 Prozent davon in Brasilien, der Rest in rund 80 anderen Ländern rund um den Globus.

Die negativen Seiten der Badelatschen

Doch so praktisch Flipflops auch sein mögen - es gibt nicht nur Positives über sie zu berichten. Obwohl mittlerweile auch Designer wie Christian Dior Models mit Flipflops über den Laufsteg schickte, und man US-Präsident Barack Obama mit den Schlapfen gesehen hat (freilich nur am Strand, dennoch eine Debatte auslösend, ob sich das für den mächtigsten Mann der Welt schickt), gelten die Schuhe nach wie vor als nicht bürotauglich.

Gisele Bündchen

AP/Jacques Brinon

Das brasilianische Model Giselle Bündchen feiert mit seiner eigenen Flipflop-Kollektion Ipanema Erfolge

Wissenschaftliche Studien bringen immer wieder Erschreckendes zum Vorschein: So seien Schmerzen in Rücken, Beinen, Füßen und Gelenken keine seltenen Nebenwirkungen beim häufigen Tragen von Flipflops, heißt es darin unisono. Eine von der ProSieben-Wissenschaftssendung „Galileo“ durchgeführte Untersuchung über die Auswirkungen von Flipflops auf das Gangmuster des Trägers resümierte, dass die Schuhe eher als modisches Accessoire betrachtet werden und nicht auf Dauer getragen werden sollten.

Nebenwirkungen: Fußpilz und Impotenz

Kunststoffschlapfen, die aus Plastik gefertigt würden, wären einer Untersuchung aus Deutschland zufolge häufig mit hochgiftigen Chemikalien belastet, die - schon in kleinsten Mengen über die Haut aufgenommen - das Immun- und Hormonsystem nachhaltig schädigen können und zu dauerhaften Schäden der männlichen Geschlechtsorgane und der Fortpflanzungsfähigkeit führen können. Weniger dramatisch und doch auch alles andere als wünschenswert und angenehm ist eine häufigere Nebenwirkung: Weil Flipflops aus Materialien nicht atmungsaktiv sind, besteht trotz vordergründig luftiger Sandalen die Gefahr, an Fußpilz zu erkranken.

Der ThingThong

Douglas Hamilton

Designer Douglas Hamilton hat die Lösung für jene, die ihre Badehose vergessen haben: Thingthongs lassen sich sowohl an den Füßen als auch als Stringtanga tragen (bisher nicht im Handel erhältlich)

Und auch wenn heutzutage Flipflops längst nicht nur am Strand und im Bad zum akzeptierten Schuhwerk gehören: Im Auto oder auf dem Motorrad sind die Schlapfen gefährlich, wie Autofahrerclubs regelmäßig warnen - die losen Schlapfen können beim Kuppeln oder Bremsen abrutschen.

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