„Costa Concordia“-Kapitän: „War von Telefonat abgelenkt“
Der Kapitän des vor der italienischen Insel Giglio havarierten Kreuzfahrtschiffs „Costa Concordia“ war nach eigenen Angaben zum Zeitpunkt des Unglücks von einem Telefonanruf abgelenkt. „Ich mache mir selbst Vorwürfe“, sagte Francesco Schettino gestern in einem Interview in der TV-Sendereihe „Quinta Colonna“ des italienischen Senders Canale 5.
Er bezeichnete die Havarie als einen „banalen Unfall“. „Ich habe nie gedacht, dass so etwas passieren könnte“, erklärte Schettino, der sich selbst ein „Opfer dieses ganzen Systems“ nannte. „Es ist, als hätte es in allen Köpfen und auch in den Instrumenten ein Blackout gegeben.“
„Nicht mehr das Kommando gehabt“
Er habe die manuelle Navigation angeordnet und nicht mehr das Kommando gehabt, denn die Richtung sei offiziell vorgegeben gewesen. Das Kreuzfahrtschiff war in der Unglücksnacht vor knapp sechs Monaten zu nahe an die Insel herangefahren, hatte einen Felsen gerammt und war mit mehr als 4.200 Menschen an Bord gekentert.
Sollte ihn eine Schuld treffen, dann bestehe diese darin, unkonzentriert gewesen zu sein. Ansonsten habe er sich nicht viel anderes vorzuwerfen, verteidigte Schettino sich. „Am Ende ist es mir gelungen, einen frontalen Aufprall (auf den Felsen) zu verhindern.“
Während der Evakuierung kam Schettino an Land. Es sei ihm dann unmöglich gewesen, zum Schiff zurückzukehren, wie es der Offizier der Küstenwache, Gregorio De Falco, wiederholt von ihm telefonisch verlangt hatte. Die Staatsanwaltschaft wirft dem Kapitän unter anderem mehrfache fahrlässige Tötung, Havarie und Verlassen seines Schiffes während der nächtlichen Evakuierung vor.
Sender dementiert 50.000-Euro-Zahlung
Das Schettino-Interview löste im Internet eine Welle der Kritik aus, wie die Nachrichtenagentur ANSA berichtete. So habe es die Aufforderung gegeben, die Sendung zu boykottieren. In Blogs sei auch von einem Honorar von mindestens 50.000 Euro für Schettino die Rede gewesen, der seit ein paar Tagen nicht mehr unter Hausarrest steht. Die Verantwortlichen der Sendereihe haben diese Angaben dementiert.
Aus Hausarrest entlassen
Vergangene Woche hatte ein italienisches Gericht Schettino aus dem Hausarrest entlassen. Ihm wird vorgeworfen, für den Tod von Passagieren verantwortlich zu sein und die „Costa Concordia“ verlassen zu haben, als sich noch zahlreiche Passagiere und Besatzungsmitglieder an Bord befanden.
Das Kreuzfahrtschiff war am 13. Jänner mit etwa 4.200 Menschen an Bord auf einen Felsen gelaufen und gekentert. 30 Menschen kamen dabei ums Leben. Zwei Passagiere werden immer noch vermisst.