Behörde macht Rückzieher
Martha Payne hat mit ihrem Blog über das, was ihr täglich in der Schulkantine vorgesetzt wird, ein Debatte über Schulessen in ganz Großbritannien ausgelöst. Selbst von Starkoch Jamie Oliver erhielt sie Glückwünsche. Am Donnerstag hat sie sich verabschiedet: Ihr wurde verboten, Fotos der Menüs zu machen. Die mediale Reaktion war gewaltig - und das Verbot hielt nicht lange.
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„Heute Früh wurde ich von meiner Lehrerin aus der Mathematik-Klasse in ihr Büro geholt. Mir wurde gesagt, dass ich wegen einer Schlagzeile in einer Zeitung keine Fotos meines Schulessens mehr machen kann“, schrieb die Neunjährige aus dem schottischen Argyll auf ihrem Blog NeverSeconds.
Von Schule unterstützt
Die Lokalzeitung „Daily Record“ hatte ein Foto von Martha gemeinsam mit dem Schottischen Starkoch Nick Nairn abgedruckt - mit dem Titel „Time to fire the dinner ladies ...“, also der impliziten Aufforderung, das Küchenpersonal zu feuern. „Ich schreibe nur mein Blog und nicht für Zeitung“, beschwerte sich Martha.

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Bilder wie diese sorgten für Aufregung
Marthas Vater ergänzte den Eintrag: Es sei nicht die Schule, sondern die Lokalbehörde gewesen, die das Verbot in Kraft gesetzt habe. Er nahm die Schule in Schutz: „Marthas Schule war großartig und von Anfang an unterstützend, und ich möchte ihnen allen danken.“ Er verwies darauf, dass sich das Schulessen stark verbessert habe. Die ersten Bilder des Blogs mögen vielleicht nicht allzu appetitlich ausgesehen haben, für das letzte Schulessen vergab seine Tochter aber die volle Punkteanzahl. In der Kantine seien alle Mitarbeiter freundlich gewesen, und Martha würde gerne hingehen.
Mitarbeiter „fürchten um Job“
Die Fotos hätten nur einen Teil des Essensangebots für die Schüler widergespiegelt, hatte es in der Begründung des Verbots geheißen, die die Behörde auf ihrer Homepage veröffentlichte. Durch die mediale Berichterstattung hätten die Mitarbeiter der Kantinen um ihren Job fürchten müssen. Sämtliche britische Medien berichteten groß über die Entscheidung. Jamie Oliver twitterte „Bleib stark, Martha“ und forderte seine 2,3 Millionen Follower zum Retweet auf.
Medienecho lässt Behörden umdenken
Und wiederum war es das enorme Echo in den Medien und das einsetzende PR-Desaster, das die Lokalverwaltung noch einmal umdenken ließ. Behördenchef Roddy McCuish sagte gegenüber der BBC, er habe seinen Beamten die sofortige Aufhebung des Verbots angeordnet. Zensur dürfe es in seiner Behörde nicht geben. Er kündigte für nächste Woche auch ein Gespräch mit Martha und ihrem Vater an.
Martha hatte Ende April mit dem Nickname „Veg“ begonnen, ihr Mittagessen in der Schule zu bewerten und mit Fotos auf ihrem Blog zu posten. Die Bilder der manchmal recht armselig aussehenden Speisen wurden alsbald von den Medien aufgegriffen. Die Debatte über Schulessen, spätestens seit Kampagnen von Jamie Oliver ohnehin ein britischer Dauerbrenner, nahm neue Fahrt auf.
Spenden und Zugriffe explodieren
Mit einer Spendenseite auf ihrem Blog unterstützt die Neunjährige ein Projekt namens „Marys Meals“, das Kantinenessen für mittlerweile 600.000 Kinder in Ostafrika bereitstellt. Zumindest dafür war die mediale Aufregung über das Verbot gut: Die Zugriffe auf Marthas Blog explodierten binnen eines Tages von zwei auf weit mehr als drei Millionen, der Spendenstand wuchs von 2.000 Pfund am Donnerstag auf über 40.000 am Freitagabend an.
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