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Al-Haffa von Assad-Truppen eingekesselt

15 Monate nach Beginn des Aufstandes gegen das Regime des syrischen Präsidenten Baschar al-Assad hat sich der Konflikt nach Ansicht des obersten UNO-Friedenshüters Herve Ladsous zum Bürgerkrieg ausgeweitet. „Ja, ich glaube, das kann man sagen“, antwortete er auf eine entsprechende Journalistenfrage am Dienstag (Ortszeit) am New Yorker UNO-Sitz.

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„Ich meine, dass das Ausmaß der Gewalt massiv zugenommen hat, so massiv, dass sich damit auch die Natur (der Kämpfe) verändert hat“, begründete Ladsous seine Einschätzung. Der Grund dafür sei, „dass die syrische Regierung mehrere Städte und Teile des Landes an die Opposition verloren hat und nun versucht, sie zurückzugewinnen“. Der Wortlaut seiner Äußerung wurde von den Vereinten Nationen zur allgemeinen Veröffentlichung freigegeben und kann damit als offizieller Standpunkt der UNO gelten.

Auch Kampfhubschrauber im Einsatz?

Ladsous’ Worte haben Gewicht: Der UNO-Untergeneralsekretär ist der Verantwortliche für alle UNO-Blauhelmeinsätze weltweit. Er betonte bei seinen Äußerungen vor Journalisten auch, dass der UNO Berichte vorlägen, wonach das syrische Regime nicht mehr nur mit Artillerie und Panzern gegen die eigene Bevölkerung vorgehe, sondern inzwischen auch mit Kampfhubschraubern. Laut US-Außenministerin Hillary Clinton wird Assad von Russland auch zum gegenwärtigen Zeitpunkt mit neuen Kampfhubschraubern beliefert.

Protest in Deir as-Saur

Reuters/Shaam News Network

Proteste gegen Assad in der Provinz Deir al-Sor

Nach Angaben von Oppositionellen kamen bei Kämpfen in ganz Syrien am Dienstag mindestens 50 Menschen ums Leben, davon allein 30 bei einem Artilleriebeschuss in der Provinz Deir al-Sor im Osten des Landes. Wie das Syrische Beobachtungszentrum für Menschenrechte mit Sitz in London mitteilte, setzten Regierungstruppen auch den achten Tag in Folge ihre Angriffe auf Rebellenstellungen in al-Haffa in der Provinz Latakia fort. Die Regierungstruppen konzentrierten ihre Kräfte für einen letzten Angriff auf die Hochburg der Aufständischen, hieß es.

US-Ultimatum für Friedensplan bis Mitte Juli

Die US-Regierung gibt dem Friedensplan Annans nur noch vier Wochen Zeit für einen Erfolg. Zwar unterstützten die USA den Sechspunkteplan des Sondergesandten voll, sagte Clinton am Dienstag in Washington. Aber Assads „Missachtung“ des Friedensplans habe zu verstärkten internationalen Anstrengungen - auch unter Einbeziehung Russlands - geführt, einen politischen Übergang auszuarbeiten für das, was auf Assad folgen werde. Moskau hatte am Dienstag angekündigt, eine internationale Syrien-Konferenz abhalten zu wollen.

Clinton sagte, sie habe in der vergangene Woche mit Annan über das „Ultimatum“ für den Friedensplan gesprochen. „Wir haben eine Zeitleiste im Auge, um zu sehen, ob Annans Plan Erfolg haben kann oder nicht. Das äußere Limit ist Mitte Juli, wenn der Sicherheitsrat darüber entscheiden muss, ob er die (Beobachter-)Mission verlängert oder nicht.“ Auch sie verwies auf den Einsatz von Kampfhubschraubern als Beleg dafür, dass dem syrischen Regime mit den bisher angewandten Mitteln nicht beizukommen sei.

Russische Hubschrauber „auf dem Weg“ zu Assad

Zugleich machte Clinton Russland in diesem Zusammenhang schwere Vorwürfe. In Washington sei man besorgt über jüngste Informationen, „dass Angriffshubschrauber auf dem Weg von Russland nach Syrien sind. Das wird den Konflikt ziemlich dramatisch eskalieren lassen“, sagte Clinton. Ihre Sprecherin Victoria Nuland meinte am Dienstagabend, die neuen Waffenlieferungen stünden im Widerspruch zu Beteuerungen Moskaus, dass dessen Militärexporte an Syrien „nicht gegen Zivilisten eingesetzt werden können“.

Moskau verkauft seit Jahren Waffen an Damaskus. Helikopter sowjetischer oder russischer Herkunft würden vom syrischen Regime bereits gegen das eigene Volk eingesetzt, sagte Nuland. Clinton habe aber nicht diese Hubschrauber gemeint, betonte Nuland: „Sie ist besorgt über Helikopter, die auf dem Weg sind.“ Russlands Außenminister Sergej Lawrow hatte seinerseits Washington am Dienstag vorgeworfen, die US-Regierung würde nichts „zu einer Lösung des blutigen Konflikts beitragen“.

Indirekte Bestätigung aus Moskau

Auch am Mittwoch wies Russland Vorwürfe aus den USA strikt zurück, dass Kampfhubschrauber an das Regime in Syrien verkauft worden seien. Alle gelieferten Waffen könnten nur zur Verteidigung und nicht gegen friedliche Demonstranten eingesetzt werden, sagte Lawrow und gab damit zu, dass Waffen geliefert wurden. Die Waffenverkäufe an Syrien verletzten kein internationales Recht, sagte Lawrow. Russland hat sich einem entsprechenden Boykott des Westens nicht angeschlossen.

Rebellen räumen umkämpften Ort

Inzwischen zogen sich syrische Rebellen ihren Angaben zufolge aus der seit mehr als einer Woche umkämpften Ortschaft al-Haffa zurück. Eine größere Gruppe von Zivilisten, darunter auch Verletzte, habe sich mit den Kämpfern in der Nacht aus dem Ort abgesetzt, so Vertreter der syrischen Opposition.

„Wir haben uns zu einem taktischen Rückzug entschlossen, um Opfer unter den Zivilisten zu vermeiden“, gab der Rebellenführer Riad al-Asaad an. UNO-Beobachter wurden nach Angaben der UNO daran gehindert, nach al-Haffa zu fahren. Sie seien von Unbekannten mit Steinen und Stangen angegriffen worden. Es gibt auch Berichte, wonach der UNO-Konvoi unter Feuer geraten sei. Das syrische Staatsfernsehen berichtete, Fahrzeuge der UNO-Beobachter hätten drei Zivilisten überfahren, die sie stoppen und erzählen wollten, wie sie von „bewaffneten Banden terrorisiert“ würden.

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