Aufgabe wichtiger als Geld
Zehntausenden Pensionisten ist der Ruhestand zu ruhig, weshalb sie auch in der Pension weiterarbeiten. Nach den Zahlen des Sozialministeriums haben knapp 63.000 Pensionsbezieher einen Job. Doch das sind nur die offiziellen Zahlen. Nach Expertenschätzungen dürften knapp 100.000 Pensionisten pfuschen. Das zusätzliche Geld spiele für die arbeitenden Pensionisten oft aber nur eine Nebenrolle.
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Den meisten gehe es um eine Aufgabe. „Sie wollen aktiv sein und ihren Interessen nachgehen“, sagt Susanne Walpitscheker, Vizegeneralsekretärin des ÖVP-nahen Seniorenbunds. Die Klassiker unter den Pensionistenjobs sind etwa Kartenabreißer im Kino oder Museumsführer. Viele kulturinteressierte Pensionisten würden sich zum Beispiel an den Universitäten weiterbilden und sich anschließend als Kulturführer anbieten, sagt Walpitscheker.
Außerdem würden einige Menschen nach ihrer Pensionierung einfach im selben Betrieb weiterarbeiten. „Sie sind dann nicht mehr Vollzeit dort, sondern eben Teilzeit oder für ein konkretes Projekt“, sagt Walpitscheker gegenüber ORF.at. Einige Firmen würden beispielsweise Pensionisten zurückholen, um jüngere Mitarbeiter einzuschulen.
Ein Zehntel des Pfuschs von Pensionisten
Doch die Pensionisten sind nicht nur in der offiziellen Wirtschaft aktiv - auch in der Schattenwirtschaft spielen sie eine wichtige Rolle. Nach Schätzungen von Wirtschaftswissenschaftler Friedrich Schneider von der Johannes Kepler Universität Linz wird knapp ein Zehntel der Schwarzarbeit von Pensionisten gemacht. Nach diesen Schätzungen dürften etwa 100.000 Pensionisten pfuschen. Dabei erwirtschaften sie etwa zwei Milliarden Euro pro Jahr. Die meisten schwarzarbeitenden Pensionisten würden vermutlich im haushaltsnahen Bereich arbeiten, sagt Schneider zu ORF.at. Also zum Beispiel als Kinderbetreuer oder als Haushaltshilfe.
Arbeitsbeschränkung bei den Frühpensionisten
Schwarzarbeit sei vor allem ein Problem der Frühpensionisten, so Walpitscheker. Denn in Österreich dürfen Frühpensionisten nur bis zur Geringfügigkeitsgrenze dazuverdienen – das heißt maximal 376,26 Euro brutto pro Monat. Erst wenn sie das gesetzliche Pensionsantrittsalter erreicht haben, dürfen Pensionisten unbegrenzt zusätzliche Einnahmen haben.
Eine Ausnahme bilden die Beamten: Sie dürfen auch als Frühpensionisten so viel dazuverdienen, wie sie wollen. Doch alle anderen treffe die Zuverdienstgrenze, was zur Folge habe, dass gerade Frühpensionisten vermehrt pfuschen gehen, sagt Walpitscheker.
Seniorenbund will deutsches Modell
Der Seniorenbund wünscht sich deshalb, dass diese Zuverdienstgrenze für alle Pensionisten fällt. Doch da sei die Regierung strikt dagegen, weshalb der Seniorenbund eine ähnliche Regelung wie in Deutschland vorgeschlagen hat. Dort dürfen Frühpensionisten so viel dazuverdienen, bis sie ihr letztes Bruttogehalt erreicht haben. Wenn ein Angestellter vor seiner Frühpensionierung also 3.000 Euro verdiente und er eine Pension von 2000 Euro bekommt, darf er 1.000 Euro dazuverdienen. Laut dem Seniorenbund würde das viele Pensionisten vom Pfuschen abhalten.
Auch Wirtschaftswissenschaftler Friedrich Schneider kann dem deutschen Modell einiges abgewinnen. Denn es wäre zumindest ein Anreiz, legal zu arbeiten und nicht weiter zu pfuschen, sagt Schneider. Ob es aber tatsächlich die Auswirkung hätte, dass weniger Pensionisten schwarzarbeiten, sei sehr schwer zu sagen.
Gleiche Regeln für alle Pensionisten
Der SPÖ-nahe Pensionistenverband ist jedoch nicht überzeugt vom deutschen Modell. Denn man müsse bedenken, dass eine solche Regelung negative Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt haben könnte, sagt Andreas Wohlmuth, Generalsekretär des Pensionistenverbandes zu ORF.at. Sein Verband arbeite an einem eigenen Modell. Wohlmuth fordert aber zumindest eine Gleichstellung von Beamten und ASVG-Pensionisten. Es könne nicht sein, dass frühpensionierte Beamte so viel dazuverdienen dürfen, wie sie wollen, und die anderen nicht, so Wohlmuth.
Ministerium gegen deutsches Modell
Auch für die Regierung ist das deutsche Modell derzeit kein Thema. Die Zuverdienstgrenze gebe es, weil der Gesetzgeber davon ausgegangen sei, dass ein Frühpensionist nicht mehr voll arbeiten wolle, heißt es aus dem Sozialministerium. Außerdem könnte eine solche Regelung negative Konsequenzen für junge Arbeitssuchende haben. So könnte es weniger Jobangebote für Berufseinsteiger oder beispielsweise Studenten geben, sagt ein Ministeriumssprecher gegenüber ORF.at.
Für Walpitscheker vom Seniorenbund wäre es jedenfalls wünschenswert, wenn noch mehr Pensionisten arbeiten. Denn Studien hätten gezeigt, dass Menschen länger leben, wenn sie noch aktiv mit etwas beschäftigt sind.
Peter Babutzky, ORF.at
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