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Schlangestehen für Schlecker

Lange Schlangen und randvolle Einkaufswagen: In rund 2.800 Schlecker-Filialen in Deutschland hat am Freitag der Ausverkauf begonnen. In den Märkten gab es Preisnachlässe zwischen 30 und 50 Prozent. In den nächsten Tagen sollen dem Plan zufolge die Preise weiter reduziert werden - je nach Fortschritt des Abverkaufs.

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In vielen Schlecker-Filialen war der Kundenansturm am Freitag groß. Schon vor Ladenöffnung um 9.00 Uhr hätten sich Menschen vor der Tür aufgereiht, berichtete eine Verkäuferin aus einer Filiale nahe der Berliner Friedrichstraße. Vor allem Pensionisten und junge Leute stapelten Putzmittel, Toilettenpapier, Duschgel, Deo und Windeln in ihren Körben. In einigen Filialen in der Hauptstadt waren bereits am Mittag Regale leer, die Schlangen reichten durch den gesamten Verkaufsraum. „Alles Gute für Ihre Zukunft“ - das wünschten mehrere Kunden den Verkäuferinnen an der Kasse.

Die noch verbliebenen gut 13.000 Mitarbeiter der Kette sollen ihre Kündigung zum Monatsende erhalten. Schlecker veröffentlichte eine Liste im Internet, aus der alle Ausverkaufsadressen hervorgehen.

Tausende ohne Job

Insgesamt verlieren wegen der Insolvenz rund 25.000 Schlecker-Mitarbeiter ihren Job.

Zittern auch bei Schlecker-Töchtern

Auch die Beschäftigten der insolventen Schlecker-Töchter Ihr Platz und Schlecker XL müssen wieder um ihre Arbeitsplätze bangen. Nach erfolglosen Verhandlungen mit dem Kreditversicherer Euler Hermes - einem der Hauptgläubiger -, zog der bereits als sicherer Käufer gehandelte Investor Dubag sein Angebot am Freitag zurück, wie die Insolvenzverwaltung mitteilte. Ihr Platz betreibt derzeit 490 Filialen mit knapp 4.000 Mitarbeitern in Deutschland. Schlecker XL beschäftigt 1.100 Mitarbeiter in 342 Filialen. Im Zuge der Insolvenz des Schlecker-Mutterkonzerns waren beide Unternehmensteile mit in die Insolvenz gerutscht.

Menschenschlange steht vor dem Eingang einer Schlecker-Filiale

dapd/Timur Emek

Bereits in den Morgenstunden standen Schnäppchenjäger vor den Filialen an

Von der Leyen: Schlecker-Kräfte für andere Branchen

Die gekündigten Beschäftigten, vor allem Frauen, sollen nach dem Willen der deutschen Arbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) und Arbeitsagenturchef Frank-Jürgen Weise Fachkräftelücken in anderen Branchen füllen. Besonders gesucht würden Erzieher und Altenpfleger. Die Arbeitsagenturen wollen ihnen vollwertige Umschulungen in diese Mangelberufe anbieten.

Der Chef der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di), Frank Bsirske, forderte unterdessen von den Ländern einen neuen Anlauf für regionale Qualifizierungs- und Vermittlungsgesellschaften. „Wir nehmen die von SPD und Grünen regierten Bundesländer in die Pflicht, regionale Transfergesellschaften zu schaffen“, sagte Bsirske der „Schweriner Volkszeitung“ (Freitag-Ausgabe). Zusammen mit dem Arbeitslosengeld I würden die Betroffenen damit erst einmal auf 80 Prozent ihres bisherigen Einkommens kommen und hätten bessere Chancen auf Weitervermittlung.

Leere Regale in einer Schlecker-Filiale

dapd/Candy Welz

Ausgeräumte Regale in einer Schlecker-Filiale in Thüringen

Erste Entlassungswelle im Frühjahr

Im Frühjahr waren bereits in einer ersten Welle 11.190 Schlecker-Beschäftigte entlassen worden, nachdem Ende März eine Rettungsaktion in letzter Minute am Widerstand der FDP gescheitert war. Bayern hatte sich nach wochenlangem Tauziehen geweigert, gemeinsam mit 13 anderen Ländern eine Bürgschaft für den Kredit von 70 Mio. Euro für eine Transfergesellschaft zu schultern.

Mittlerweile haben rund 5.000 der damals betroffenen Menschen entweder einen neuen Job oder werden weiterqualifiziert. Allerdings haben weniger als 2.500 eine vollwertige neue Stelle angetreten.

Ein Datum für das endgültiges Ende der Schlecker-Filialen gibt es noch nicht. Zuletzt war von Ende Juni die Rede gewesen. Die Abwicklung des Konzerns - der Ausverkauf der restlichen Ware sowie etwa der Verkauf von Immobilien und Auslandsgesellschaften - könnte laut Insolvenzverwalter Arndt Geiwitz zwischen 500 und 700 Mio. Euro bringen. Dem stehen bisher Forderungen in Höhe von 665 Mio. Euro entgegen.

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