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34 Tote Zivilisten bei Luftangriff

Fast drei Dutzend tote Zivilisten bei einem Luftangriff: Das Blutbad von Uludere an der türkischen Grenze zum Irak vom 28. Dezember 2011 wirft in der Türkei noch immer etliche Fragen auf. Schmuggler waren fälschlicherweise für Kämpfer der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) gehalten worden. 34 Menschen starben.

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Erst Mitte Mai dementierte die Türkei Berichte, wonach Bilder von US-Aufklärungsdrohnen den fehlgeleiteten Luftangriff auf kurdische Zivilisten ausgelöst haben. Eine entsprechende Klarstellung des Generalstabs in Ankara verdiene Vertrauen, sagte Staatspräsident Abdullah Gül.

US-Beteiligung dementiert

In der Türkei wird seit Monaten darüber gestritten, wer die Schuld am Tod der Menschen trägt. Nachdem in den vergangenen Tagen Presseberichte über eine mögliche Rolle der USA bei dem Angriff aufgetaucht waren, hatte die Opposition in Ankara der Regierung vorgeworfen, türkische Bürger auf der Grundlage ausländischer Geheimdienstinformationen getötet zu haben.

Das US-Verteidigungsministerium hatte zuvor erklärt, US-Drohnen hätten vor dem Angriff in der Gegend Aufnahmen gemacht und die Informationen an die Türkei geschickt. Der Generalstab in Ankara sagte aber, die ersten Bilder von der Gruppe im Grenzgebiet seien von türkischen Drohnen gekommen. Gül sagte dazu, die türkischen Offiziere hätten zunächst die eigenen Aufnahmen angeschaut, später seien möglicherweise noch andere Bilder hinzugekommen. Die Armee erklärte, sie habe alle Unterlagen an die Ermittlungsbehörden weitergereicht.

„Tragischer Irrtum“

Die Regierung in Ankara und die Armee hatten nach dem Angriff von einem tragischen Irrtum gesprochen. Die Schmuggler seien für einen Trupp der PKK-Kurdenrebellen gehalten und deshalb angegriffen worden. Wie es dazu kommen konnte, sollte in einer Untersuchung geklärt werden. Auch die zuständige Staatsanwaltschaft schaltete sich ein. Die Familien der Opfer sollen eine finanzielle Entschädigung erhalten.

In Ankara wurde die Tragödie an der Grenze schnell zum Thema der alltäglichen parteipolitischen Auseinandersetzung. Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan sprach von einem „bedauerlichen und betrüblichen Vorfall“, lehnte aber eine offizielle Entschuldigung zunächst ab.

Spekulationen heizen Streit an

Die politischen Wogen gingen hoch. Die legale Kurdenpartei BDP, die der Regierung Erdogan eine Unterdrückung der Kurden vorwirft, sprach offen von einem „Massaker an Zivilisten“. Politiker von Erdogans AKP wiederum verteufelten die BDP unisono mit der militanten PKK. Oppositionschef Kemal Kilicdaroglu von der sozialdemokratischen CHP punktete dagegen mit einem Besuch bei den Betroffenen in Uludere.

Angeheizt wurde der Streit durch kursierende Gerüchte. Von allen Seiten wurde der Verdacht geäußert, dass der Angriff am Ende doch eine politisch motivierte Aktion gewesen sein könnte. Die Spekulationen stützen sich vor allem auf die Berichte der Überlebenden und auf die Tatsache, dass die zivilen und militärischen Behörden in Uludere vom Schmuggel wussten. Handfeste Beweise für den Verdacht eines vorsätzlichen Angriffs fehlen freilich.

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