Magnotta legte es auf Verhaftung an
Rund zwei Wochen nach dem grausamen Mord an einem chinesischen Studenten in Kanada sind bei zwei Schulen in Vancouver Pakete mit Leichenteilen eingegangen. Das Vorgehen entspricht dem Bild des Anfang der Woche in Berlin gefassten mutmaßlichen Montreal-Killers Luka Magnotta, der offenbar Leichenteile seines Mordopfers an kanadische Politiker geschickt hatte.
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In einem der nun aufgetauchten Päckchen befand sich laut Polizeiangaben vom Dienstag (Ortszeit) offensichtlich eine Hand, in dem anderen ein Fuß. Einen Zusammenhang zur Tat Magnottas konnten die Ermittler zunächst nicht nachweisen. Sie bemühten sich vor allem, die Identität des oder der Toten festzustellen und zu klären, von wo die Pakete abgeschickt wurden. Vancouvers Polizeichef Warren Lamcke sprach von „verstörenden Vorfällen“.
Zusammenhang zumindest naheliegend
Das erste Päckchen sei am Dienstag um 13.00 Uhr (Ortszeit) von einem Angestellten der False-Creek-Volksschule geöffnet worden und habe „allem Anschein nach“ eine Hand enthalten, sagte Lamcke. Etwas später sei an der St.-George-Schule ein zweites Paket mit einem abgetrennten Fuß geöffnet worden. Ein Zusammenhang mit der Ermordung von Magnottas mutmaßlichem Sexualpartner, dem chinesischen Studenten Jun Lin, ist zumindest naheliegend. Eine Hand, ein Fuß und der Kopf von Juns Leiche sind noch nicht aufgetaucht beziehungsweise identifiziert.
Jun war in der Nacht auf den 25. Mai mit einem Eispickel ermordet worden. Seine Leiche wurde zerstückelt, ein Fuß und eine Hand der Leiche per Post verschickt. Die Ermittler machen für die Tat den 29-jährigen Magnotta verantwortlich, der am Montag in einem Berliner Internetcafe festgenommen wurde. Der Verdächtige, der zeitweise als Pornodarsteller und Prostituierter gearbeitet hatte, hatte den Mord offenbar gefilmt und das Video ins Internet gestellt. Der Torso der Leiche wurde in der Nähe von Magnottas Wohnung gefunden.
Weiterer Fuß gefunden
Mittlerweile wurde in Montreal ein weiterer Fuß, diesmal im Westen der Stadt auf der Straße, gefunden. Ein Fußgänger machte seinen gruseligen Fund in Notre-Dame-de-Grace. Die inzwischen aufgetauchten Leichenteile können unmöglich alle von demselben Toten stammen. Unklar ist, ob es bei dem jünsten Fund einen Zusammenhang mit dem mutmaßlichen Mörder Magnotta gibt.
Neue Fragen
Die neuen grausigen Funde werfen weitere Fragen auf. Noch ist die Möglichkeit nicht auszuschließen, dass es sich um die erste Spur zu einem Nachahmungstäter handelt. Wenn es sich aber um Teile von Juns Leiche handeln sollte, könnte das bedeuten, dass Magnotta kein Einzeltäter ist: Er floh am 26. Mai von Kanada nach Frankreich, die Postsendungen hätten demnach weit über eine Woche für den Weg von Montreal nach Vancouver gebraucht oder hätten von jemand anderem zur Post gebracht werden müssen.
Die dritte Denkmöglichkeit wäre, dass Magnotta mit Teilen von Juns Leiche im Gepäck nach Europa floh und sie, in diesem Fall wohl von Frankreich aus, nach Kanada geschickt hätte. Neue Details zu dem Fall lassen vermuten, dass das Risiko, entdeckt zu werden, für Magnotta Teil eines „Spiels“ war. Immer mehr Zeugenaussagen deuten darauf hin, dass er während seiner Tage in Europa geradezu die Öffentlichkeit gesucht hatte - etwa durch Besuche auf zahlreichen Partys. „Er hat es gebraucht, dass man ihn sieht“, meinte ein französischer Ermittler.
Auslieferung noch diese Woche?
Gegen seine Auslieferung nach Kanada will der mutmaßliche Mörder nicht vorgehen, wie die Berliner Staatsanwaltschaft am Dienstag mitteilte. Das dürfte das Verfahren beschleunigen. Noch immer liegt aber offenbar kein Auslieferungsgesuch der kanadischen Behörden vor. Wenn es in absehbarer Zeit bei den deutschen Behörden eingelangt ist und Magnotta tatsächlich keine Rechtsmittel dagegen ergreift, könnte er nach dem Dafürhalten der deutschen Strafbehörden noch Ende dieser Woche nach Kanada ausgeliefert werden.
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