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Ermittlungen „weit“ von Ende entfernt

Auch wenn sich Interpol für den glanzvollen Beweis der eigenen Schlagkraft lobt - in Wahrheit war die Verhaftung des mutmaßlichen Mörders Luka Magnotta in einem Berliner Internetcafe am Montagnachmittag nur der Beharrlichkeit des dortigen Angestellten zu verdanken. Er musste die Polizei quasi darum anbetteln, seinem Hinweis nachzugehen.

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Magnotta hatte in dem Internetcafe ausschließlich Medienberichte über sich selbst gelesen und dadurch die Aufmerksamkeit des Angestellten auf sich gezogen. Der Mann verglich den französisch sprechenden Gast daraufhin mit Fahndungsfotos und ging kurzerhand auf die Straße, um die nächstbeste Polizeistreife von seinem Verdacht zu informieren. Die soll mit den Worten „Kein Interesse“ weitergefahren sein. Erst beim zweiten Polizeiwagen war der Mann erfolgreich - zwei Stunden, nachdem Magnotta sein Lokal betreten hatte.

Ermittlungen schon vor einem halben Jahr

Der Pornodarsteller und Callboy, der sich selbst als „weltberühmtes Model“ ausgab, steht im dringenden Verdacht, seinen mutmaßlichen Sexualpartner, den chinesischen Studenten Jun Lin, vor laufender Kamera getötet und zerstückelt zu haben. Die Leiche wurde außerdem sexuell geschändet. Für die Entdeckung des Verbrechens sorgte Magnotta selbst, indem er Leichenteile per Post an kanadische Politiker schickte. Die Polizei hatte Magnotta offenbar nicht im Visier, obwohl bereits vor einem halben Jahr gegen ihn ermittelt wurde.

Luca Rocco Magnotta wird von Polizisten aus einem Internetcafe abgeführt

AP/AP Video

Die Überwachungskamera des Internetcafes hielt Magnottas Verhaftung fest

Polizei denkt nun „an andere Verbrechen“

Schon Ende letzten Jahres wurde in Europa gegen Magnotta ermittelt, weil er ein tierquälerisches Internetvideo publizierte. Schon damals bekannte er in aller Öffentlichkeit, dass in seinem „nächsten Film“ Menschen vorkommen würden. Als sich nun das grausame Video seiner Tat im Netz fand, reagierte die kanadischen Polizei mehrere Tage lang nicht, weil sie das Video als Fälschung abtat. Nun allerdings machen sich die kanadischen Ermittler Gedanken, ob Magnotta nicht in Zusammenhang mit weiteren ungeklärten Verbrechen stehen könnte.

„Wenn man einem solchen Menschen gegenübersteht, denkt man an andere Verbrechen“, sagte Montreals Polizeichef Ian Lafreniere nach der Festnahme des Gesuchten, ohne Details zu nennen. Die Ermittlungen gegen Magnotta seien noch „weit davon entfernt“, abgeschlossen zu werden, ergänzte er. Deutschland will Magnotta auch möglichst bald loswerden und nach Kanada ausliefern - laut einem Zeitungsbericht hat Kanada allerdings immer noch keinen internationalen Haftbefehl erwirkt, obwohl bereits seit Donnerstag eine weltweite Interpol-Fahndung gelaufen war.

Viele offene Fragen

Für die Ermittler werfen allein die letzten Tage reichlich Fragen auf - so etwa übereinstimmende Zeugenaussagen, wonach der 29-Jährige zumindest zuletzt in Paris mit einem mutmaßlichen Helfer gesehen wurde, der als Mann „von beeindruckender Statur“ beschrieben wurde. Fest steht inzwischen, dass er am 26. Mai per Flugzeug aus Kanada nach Paris geflohen war und von dort am Freitagabend per Bus weiter nach Berlin. Wie er diese Woche verbrachte und zu wem er Kontakt hatte, ist noch gänzlich unklar.

Magnotta verhielt sich Augenzeugen zufolge bereits beim Flug von Kanada nach Frankreich auffällig. Er sei ungepflegt gewesen und habe „nicht gut gerochen“, berichtete ein französischer Mitreisender am Dienstag im Radiosender Europe 1. Magnotta sei unruhig gewesen und dann vorübergehend verschwunden, „Ich habe gedacht, dass er eine Bombe auf dem Klo versteckt.“ Die Flugbegleiterin habe ihm aber versichert, dass alles in Ordnung sei und dass es dem Mann einfach nicht gutgehe. „Als er zurückkam sah ich, dass er weinte.“

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