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Der weite Weg der Provisionsmillionen

Die Privatisierung der 58.000 Bundeswohnungen im Jahr 2004 war von Anfang an umstritten. Grund: Der Bestbieter, das „Österreich Konsortium“ rund um Raiffeisen Landesbank (RLB) Oberösterreich und Immofinanz, lag nur rund eine Mio. Euro vor dem Konkurrenten CA Immo.

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Als 2009 bekanntwurde, dass Peter Hochegger und Walter Meischberger, zwei Freunde und spätere Geschäftspartner des damaligen Finanzministers Karl-Heinz Grasser, bei dem Deal fast zehn Mio. Euro Erfolgsprovision kassiert hatten, war der Skandal perfekt. Seither ermittelt die Justiz gegen Grasser, Hochegger, Meischberger sowie den Immobilienmakler Ernst Karl Plech und führende Manager des damaligen „Österreich Konsortiums“.

Im Korruptionsuntersuchungsausschuss wurde Grasser zuletzt von seinen ehemaligen Kabinettsmitarbeitern Michael Ramprecht und Heinrich Traumüller belastet. Eine Chronologie der entscheidenden Tage im Juni 2004:

2. Juni 2004 (Mittwoch): Immofinanz-Chef Karl Petrikovics schließt einen (angeblich bereits Wochen zuvor mündlich vereinbarten) geheimen Beratervertrag mit der Valora des Lobbyisten Peter Hochegger. Vereinbart wird ein Erfolgshonorar von einem Prozent des Kaufpreises für den Fall eines Zuschlags bei den Bundeswohnungen. Geflossen sind letztlich 9,9 Mio. Euro (irrtümlich um 300.000 Euro zu viel) an die Lobbyisten Hochegger und Meischberger. Möglich scheint nach einem Bericht des Magazins „profil“ auch, dass der Vertrag erst später abgeschlossen wurde, nämlich nachdem bereits bekannt war, wie viel die CA Immo und die Immofinanz geboten hatten. Das legt jedenfalls ein Protokoll einer Einvernahme Hocheggers vor der Staatsanwaltschaft nahe.

4. Juni 2004 (Freitag): Nach Ende der Angebotsfrist werden in einer Notariatskanzlei die Angebote für die vier Wohnbaugesellschaften des Bundes (BUWOG, WAG, EBS Linz und ESG Villach) geöffnet. Ergebnis: Die CA Immo liegt mit 922,7 Mio. Euro um rund 85,5 Mio. Euro vor dem Konsortium aus Immofinanz und RLB OÖ. Dem Angebot der CA Immo liegt eine Finanzierungszusage („Letter of Comfort“) bei, aus der hervorgeht, dass sie maximal Gesamtinvestitionen von 960,65 Mio. Euro finanzieren kann.

Bei der Eröffnung des „Final Offer“ anwesend ist u. a. Grassers früherer Kabinettschef, der spätere Vorstand der Finanzmarktaufsicht, Heinrich Traumüller. Er gab im Ausschuss an, Grasser über das Ergebnis informiert zu haben. Daraufhin lässt Grasser (in Einklang mit den Empfehlungen der Vergabekommission, die eine Nachbesserung der Angebote für möglich hält) den für 8. Juni geplanten Zuschlag an den Bestbieter verschieben und eine zweite Bieterrunde („Last and Final Offer“) ansetzen. Offizieller Grund: Wegen eines eingepreisten Zinsrisikos hatte die CA Immo bei ihrem Angebot 60 Mio. Euro in Abzug gebracht. Dieses „Steigerungspotenzial“ sollte nun genutzt werden.

7. Juni 2004 (Montag): Im „Gelben Salon“ des Finanzministeriums lassen sich Grasser, Finanzstaatssekretär Alfred Finz (ÖVP) und in die Vergabe involvierte Beamte von der Investmentbank Lehman Brothers über die Ergebnisse der ersten Bieterrunde informieren. Dabei kommt auch das Finanzlimit der CA Immo (960,65 Mio. Euro) zur Sprache, dessen Weitergabe an die Immofinanz Meischberger und Hochegger mutmaßlich ihre Millionenprovision eingebracht hat. Ein Protokoll der Sitzung wurde nicht angefertigt.

11. Juni 2004 (Freitag): Die Anbotsfrist für „Last and Final Offer“ endet.

13. Juni 2004 (Sonntag): Die Ergebnisse der zweiten Bieterrunde werden geöffnet: Das Konsortium rund um Immofinanz und Raiffeisen hat 961,28 Mio. Euro geboten, die CA Immo 960 Mio. Euro. Grasser informiert den damaligen Kärntner Landeshauptmann Jörg Haider (FPÖ) über das Ergebnis.

15. Juni 2004 (Dienstag): Die Kärntner Landesregierung trifft sich um 8.00 Uhr in der Früh und verzichtet auf ihr Vorkaufsrecht für die Villacher Wohnbaugesellschaft ESG. Hätte sie das Vorkaufsrecht wahrgenommen, wäre es zu einem Bietersturz gekommen und die CA Immo hätte die restlichen drei Wohnbaugesellschaften übernommen, weil das Immofinanz-Konsortium die ESG besonders hoch bewertet hatte. Im Anschluss segnet der Ministerrat in Wien den Verkauf der Bundeswohnungen an das Immofinanz-Konsortium ab.

August 2005 bis Oktober 2007: Die Provision fließt, unversteuert und mittels Scheinrechnungen verschleiert, in mehreren Raten (über eine Tochter der mit der Immofinanz eng verflochtenen Constanzia Privatbank) an die Hochegger-Firma Astropolis auf Zypern. Von dort wandert Meischbergers Anteil (80 Prozent) über die USA auf mehrere Konten in Liechtenstein. Bekannt wird die Provisionszahlung erst durch Ermittlungen der Justiz wegen mutmaßlicher Kursmanipulationen bei der Immofinanz. Zumindest ein Konto wird von der Staatsanwaltschaft Plech zugerechnet, ein weiteres Grasser. Beide streiten das ab. Wichtige Unterlagen aus Liechtenstein stehen noch aus.

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