„Relativ günstig“ für Steuerhinterzieher
Das Steuerabkommen zwischen Österreich und der Schweiz ist bereits Mitte April von Finanzministerin Maria Fekter (ÖVP) und ihrer Schweizer Kollegin Eveline Widmer-Schlumpf unterzeichnet worden. Mittwochnachmittag stimmte der Schweizer Nationalrat dem Abkommen zu. Die Schweizer Regierung kann nun das Schwarzgeld-Steuerabkommen mit Österreich, Deutschland und Großbritannien ratifizieren.
Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.
Einige Abgeordnete der Schweizer Sozialdemokraten hatten zuvor noch betont, gegen das Abkommen mit Nein zu stimmen. „Die Regierung in Wien will mit dem Abkommen versuchen, auf absehbare Zeit in der EU eine Sonderregelung für Österreich und Luxemburg ohne automatischen Informationsaustausch zu verteidigen“, kritisierte SP-Parteichef Christian Levrat. Auch die rechtskonservative Schweizerische Volkspartei (SVP) stellte sich dagegen. Für ein Nein hätten aber die SVP und die SP praktisch geschlossen gegen das Abkommen stimmen müssen.
Größter Zuspruch für Österreich-Abkommen
So sprachen sich nach Angaben von Schweizer Medien 108 Abgeordnete für das Abkommen mit Deutschland aus - zu 81 Neinstimmen. Für den Deal mit Großbritannien votierten 109 Stimmen mit Ja, 81 mit Nein. Das Schwarzgeld-Abkommen mit Österreich erhielt demnach die größte Unterstützung mit 138 Jastimmen, 51 stimmten mit Nein, zwei Abgeordnete enthielten sich.
Das begleitende Rahmengesetz, das die rechtliche Grundlage für die Steuerabkommen bilden sollte, wurde im Nationalrat aber nicht angenommen. Damit ist das Verfahren zunächst verzögert und die zweite Kammer, der Ständerat, muss die Verträge noch einmal beraten. Der Ständerat hatte die Verträge am Vortag mit großer Mehrheit angenommen.
Fekter will eine Milliarde Euro einnehmen
Mit dem Abkommen zur Besteuerung des von Österreichern bei Schweizer Banken gehaltenen Schwarzgeldes erwartet sich Fekter Einnahmen von rund einer Milliarde Euro. Wie viel tatsächlich ins Budget fließt, ist noch offen, denn niemand weiß, wie sich die Steuerflüchtlinge verhalten.

APA/EPA/Lukas Lehmann
Fekter und Widmer-Schlumpf bei der Unterzeichnung des Abkommens im April
Für hinterzogene Abgabenbeträge muss künftig eine einmalige pauschale Abgeltungssteuer zwischen 15 und 38 Prozent gezahlt werden. Das sollen Schweizer Banken ausländischen Kunden von nicht deklariertem Vermögen abziehen und an die Behörden des jeweiligen Landes wie etwa Österreich überweisen. Für weiteres ist laufend eine Kapitalertragssteuer in Höhe von 25 Prozent zu zahlen. Das Abkommen soll mit 1. Jänner 2013 in Kraft treten. Das Abkommen mit Deutschland sieht für bisher unversteuertes Schwarzgeld eine einmalige Strafsteuer zwischen 21 und 41 Prozent vor.
Nationalen Parlamente müssen zustimmen
Dass die Abkommen in Kraft treten können, müssen nun die Parlamente in Wien, Berlin und London zustimmen. In Deutschland ist der Widerstand gegen das Abkommen groß. Gegner sehen darin einen Ablasshandel für Steuerhinterzieher. Auch in Österreich ist das Abkommen nicht unumstritten. Derzeit liegt das Abkommen im Finanzausschuss, wo es voraussichtlich bei der nächsten Sitzung am 27. Juni behandelt wird. Im Plenum dürfte dann Anfang Juli darüber abgestimmt werden.
Noch unsicher ist auch, ob es in der Schweiz ein Referendum geben wird. Die Abkommen unterstehen in der Schweiz dem fakultativen Referendum. Sollte dieses durchgeführt werden, würde voraussichtlich am 25. November abgestimmt werden. Für Widmer-Schlumpf sind die Abkommen entscheidend für den Schweizer Finanzplatz: „Wir wollen keine unversteuerten Gelder mehr bei unseren Schweizer Banken haben.“
„Staatlich legitimierte Geldwäsche“
Von Experten- und Oppositionsseite war in Österreich heftige Kritik an dem Abkommen laut geworden. Die Opposition bemängelte, dass die Regierung Steuerhinterziehern ermögliche, anonym ihr unversteuertes Vermögen zu legalisieren. Vonseiten des BZÖ war etwa von „staatlich legitimierter Geldwäsche“ die Rede. Als „Schlag ins Gesicht ehrlicher Steuerzahlerinnen und Steuerzahler“ bezeichneten die Grünen das Abkommen.
Als Schnellschuss und „Kompromiss, geprägt von der budgetären Zwangslage Österreichs“, hatte der Steuerrechtsexperte Werner Doralt die Einigung bezeichnet: „Wenn der österreichische Fiskus draufkommt, dass ein Österreicher Steuern hinterzogen und den Geldbetrag in der Schweiz veranlagt hat, dann bekommt der österreichische Fiskus den Zugriff auf die Bankdaten nur dann, wenn er dem Schweizer Fiskus den Namen der Schweizer Bank nennt. Das weiß er aber in der Regel nicht.“ Auch als gerecht hält er die Lösung nicht. Steuerhinterzieher kämen „relativ günstig weg“.
Schweizer Banken freuen sich
Auch der Jurist Karl-Werner Fellner übte Kritik. Das Abkommen diene mehr der Steuererhöhung als der Verhinderung von Steuerhinterziehung. Er bemängelte, dass keine Verpflichtung zur Offenlegung oder zum Transfer bisher schwarz gehaltener Gelder aus der Schweiz nach Österreich gebe. Die Schweiz müsse Österreich auch nicht informieren, wer Geld in andere Steueroasen transferiere.
Die Schweizer Banken waren über den Deal mit Österreich jedenfalls hoch erfreut, müssen sie doch im Gegensatz zu Deutschland keine Vorauszahlung leisten. Österreich hat damit keine Garantie für Zahlungen.
Links: