Wie kam es zur Einmietung?
Der parlamentarische Korruptions-U-Ausschuss hat am Mittwoch das nächste Kapitel eröffnet. Auch hier geht es um mutmaßliche Provisionsflüsse an das Umfeld des ehemaligen Finanzministers Karl-Heinz Grassers - diesmal in Zusammenhang mit einem Immobiliengeschäft des Finanzministeriums.
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Der frühere Generaldirektor des Baukonzerns Porr, Horst Pöchhacker, wurde am Mittwoch im Untersuchungsausschuss mit belastenden Unterlagen und Aussagen konfrontiert. Befragt wurde Pöchhacker zur umstrittenen Einmietung der Finanzlandesdirektion Oberösterreich in den Terminal Tower auf dem Linzer Hauptbahnhof.
200.000 Euro statt 700.000
Errichtet wurde der Terminal Tower von der Raiffeisenlandesbank Oberösterreich und dem Baukonzern Porr. Der ehemalige Porr-Manager und spätere ÖBB-Chef Martin Huber soll bei einem Gespräch des damaligen Porr-Chefs Horst Pöchhacker mit dem Immobilienmakler und Grasser-Freund Ernst Karl Plech dabei gewesen sein, bei dem Plech 700.000 Euro Provision für die Einmietung der Finanzämter verlangt haben soll. Dass dabei letztlich 200.000 Euro Provision über den Lobbyisten Peter Hochegger geflossen sein sollen, will Pöchhacker nicht gewusst haben.
„Mit Segen des Ministers“ ausgestattet
Lieber als über den Terminal Tower sprach Pöchhacker allerdings im Ausschuss anschließend über das Umfeld, mit dem man bei Auftragsvergaben unter der schwarz-blauen Regierung konfrontiert gewesen sei. Er beschwerte sich über die „Trittbrettfahrer“, die Auftragsvergaben unter Schwarz-Blau mit Geldforderungen begleitet hätten. „Neu war, dass hier Vermittlungspersonen aufgetreten sind, die durchaus das Gefühl gegeben haben, wir sind ausgestattet mit dem Segen unserer Minister, und die sich mit viel Wissen eingeschaltet haben“, so Pöchhacker. Als Beispiele nannte er Ernst Karl Plech, Walter Meischberger und den Lobbyisten Peter Hochegger.
„Politische Landschaftspflege“
Man wollte es sich auch mit Hochegger nicht verderben. Grundsätzlich lasse sich sagen, dass Hochegger politisch sehr gut vernetzt und daher gut zur „politischen Landschaftspflege“ geeignet gewesen sei. Das habe für viele Projekte gegolten, vom Stadion Klagenfurt bis zum Linzer Terminal Tower. Man könne derartige Aufträge nicht vom „politischen Milieu“ trennen, betonte Pöchhacker. „Das bestmögliche Angebot ist noch keine Garantie, wenn man für die öffentliche Hand baut“, so der frühere Porr-Chef.

dapd/Hans Punz
Pöchhacker mit seinem Anwalt vor dem U-Ausschuss
Die Beauftragung von Hochegger habe zwar nicht direkt mit dem Terminal Tower zu tun gehabt, könne aber in diesem Zusammenhang gesehen werden. „Ein gutes Projekt alleine genügt in diesem Milieu nicht“, so der Ex-Porr-Chef. Gefordert wurde laut Pöchhacker durchaus auch Geld, etwa ein Sponsoring für den Kärntner Formel-1-Piloten Patrick Friesacher als Gegenleistung für die Errichtung des Klagenfurter EM-Stadions, was er aber abgelehnt habe.
Von „Fees“ profitiert
SPÖ-Fraktionsvorsitzender Hannes Jarolim sah sich durch Pöchhackers Aussagen an den Bericht des ehemaligen Kabinettschefs im Infrastrukturministerium, Willibald Berner, erinnert. Dieser hatte der Justiz berichtet, dass ein „kleiner Kreis aus Persönlichkeiten aus der FPÖ“ im Jahr 2000 vereinbart habe, bei den anstehenden Privatisierungen von den üblichen „Fees“ zu profitieren. Namentlich nannte er Meischberger, Hochegger, Plech sowie Grasser und Personen im Umfeld des damaligen Kärntner Landeshauptmannes Jörg Haider (FPÖ/BZÖ). Jarolim sprach von einem „Ausplünderungsbeschluss“. Mit Fragen zum Terminal Tower verschonte Jarolim den SPÖ-nahen Manager Pöchhacker allerdings. Für alle Genannten gilt die Unschuldsvermutung.
Petzner zitiert E-Mail als Beleg
In Sachen Terminal Tower konfrontierte BZÖ-Abgeordneter Stefan Petzner Pöchhacker mit einer E-Mail des damaligen Porr-Mitarbeiters Josef Wailzer, aus der hervorgeht, dass als Ergebnis des Mietvertrages mit der Finanz eine Vermittlungsprovision von 200.000 Euro an den Lobbyisten Meischberger über eine zypriotische Firma (die Astropolis von Hochegger, Anm.) zu bezahlen sei. Demnach waren auch die Konsortialpartner informiert. Pöchhacker hatte die 200.000-Euro-Zahlung zuvor mit einer von diesem verfassten Marktstudie erklärt.
Dieser Darstellung widersprach laut Petzner aber Wailzer in seiner Einvernahme durch die Behörden. Wailzer habe nämlich den Verdacht geäußert, dass das Papier lediglich als „Leistungshintergrund“ für die Terminal-Tower-Provision konstruiert wurde. Außerdem geht aus den Unterlagen der Justiz laut Petzner hervor, dass die Studie von Porr selbst verfasst wurde. Pöchhacker betonte, dass er selbst diese Rechnungen erst im Februar 2010 bei seiner Einvernahme erstmals gesehen habe.
„Habe nach sieben Jahren keine Ahnung“
Nicht mehr erinnern konnte sich Pöchhacker laut eigenen Angaben an den Inhalt eines Gesprächs mit dem Immobilienmakler Plech über das Projekt. Nach Angaben des damaligen Porr-Managers Huber war dabei von 700.000 Euro Provision für die Einmietung der Finanzämter im Terminal Tower die Rede. Pöchhacker wies das zurück, konnte sich an Details aber nicht mehr erinnern. „Ich habe nach sieben Jahren keine Ahnung, was wir dort besprochen haben. Ich weiß aber, dass über eine Provision, das hätte ich mir gemerkt, nie gesprochen wurde.“
Gespanntes Verhältnis mit Huber
Schon zuvor hatte Pöchhacker seinem ehemaligen Vorstandskollegen Huber vorgeworfen, eine Art Rachefeldzug gegen ihn zu führen. Huber habe ihn dafür verantwortlich gemacht, „dass er nicht mein Nachfolger (als Porr-Generaldirektor, Anm.) wurde“, so Pöchhacker.
Das wies wiederum der im Anschluss befragte Huber zurück. Er betonte, dass sein Verhältnis zu Pöchhacker tadellos gewesen sei. Er habe dem damaligen Infrastrukturminister und nunmehrigen Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) nach dem Wahlsieg der SPÖ im Jahr 2006 sogar vorgeschlagen, Pöchhacker in den ÖBB-Aufsichtsrat zu holen. Erst dort habe sich das Verhältnis dann eingetrübt, weil Pöchhacker den Aufsichtsratsvorsitz offenbar mit dem Vorstandsvorsitz verwechselt habe.
Huber spricht über „politischen Druck“
Huber gab sich am Mittwoch bei seiner Zeugenbefragung angriffig und nutzte sein Eingangsstatement für Vorwürfe gegen Medien und die U-Ausschuss-Vorsitzende Gabriela Moser (Grüne). Weitschweifend, aber wenig konkret beantwortete er dann die Fragen der Abgeordneten. Grundsätzlich meinte er: „Wenn man nichts zu verbergen hat, braucht man sich auch nicht entschlagen.“ Und er verwahrte sich dagegen, dass ihm in der Vergangenheit unterstellt wurde, er sei auf einem ÖVP-Ticket in den ÖBB-Chefsessel gehoben worden. Grundsätzlich sei es aber „naiv“ zu glauben, dass auf einen ÖBB-Chef kein politischer Druck ausgeübt werde.
Huber bestätigte, dass es Politik der Porr gewesen sein soll, dass sich Mitarbeiter bei Vernehmungen entschlagen. Vorwürfe, wonach sogar in einem Fall ein Familienmitglied unter Druck gesetzt wurde, konnten aber nicht konkretisiert werden.
„Lass das mal meine Sache sein“
In der Befragung ging es anfangs um den Immobilienverkauf des Objekts Nordbergstraße 15 in Wien-Alsergrund durch die Telekom Austria an ein vom damaligen Porr-Manager geleitetes Konsortium. Der Kaufpreis belief sich auf 30,5 Mio. Euro. Innerhalb von zwei Monaten wurde die Immobilie mit großem Gewinn weiterverkauft. Hier soll der Lobbyist Meischberger Provision kassiert haben. Einer breiten Öffentlichkeit bekannt wurde der Deal wegen eines abgehörten Telefonats, in dem Meischberger vom Immobilienmakler Ernst Karl Plech wissen wollte, wofür er die 708.000 Euro Provision bekommen hatte („Was wor mei Leistung?“).
Von der Provision will Huber aus den Medien erfahren haben. Er habe zwar die Rolle von Plech und Meischberger hinterfragt, aber der damalige Porr-Chef Pöchhacker habe ihm gesagt, „das lass mal meine Sache sein“.
Verhältnis zu Grasser „nicht sonderlich harmonisch“
Huber räumte ein, dass er Meischberger und Plech zweimal getroffen habe. Die beiden Herren seien aber auf Einladung des Bauunternehmers Anton Kallinger anwesend gewesen. Die ausschweifenden Antworten in diesem Zusammenhang quittierte der Grüne Fraktionsführer Peter Pilz mit den Worten: „Wissen Sie überhaupt noch, was ich Sie gefragt habe?“ Die Provisionen für eine angebliche Marktstudie des Lobbyisten Hochegger für Porr im Umfang von 200.000 Euro habe nicht er ausverhandelt, betonte Huber nach weiteren unklaren Zahlungsflüssen befragt. Sein Verhältnis zu Grasser beschrieb er, zumindest beim Erstkontakt im Jahr 2005, als nicht sonderlich harmonisch.
Höherer Preis wäre möglich gewesen
Rasch wickelte der U-Ausschuss die Befragung der letzten drei Zeugen am Mittwochnachmittag ab. Geladen waren die Vertreter der drei kleineren Konsortialpartner des bei der BUWOG-Vergabe siegreichen „Österreich Konsortiums“ Andreas Mitterlehner (Hypo Oberösterreich), Wolfgang Weidl (Oberösterreichische Versicherung) und Günther Geyer (Vienna Insurance Group). Weidl betonte immerhin, dass das Konsortium - wäre es zu einer dritten Bieterrunde gekommen - bis zu einer Milliarde bieten hätte können.
Was das Wiener Penthouse Grassers in einem Innenstadt-Haus der VIG betrifft, bestritt Geyer, dass der entsprechende Mietvertrag im Zusammenhang mit dem BUWOG-Deal steht. Mit Grasser habe es seitens der VIG nie ein Treffen und keine Gespräche über die BUWOG gegeben. Außerdem sei der Mietvertrag Grassers „jedenfalls für den Hauseigentümer zum Vorteil“.
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