„Wahrscheinlich“ weitere Bomben gebaut
Eine entdeckte Bombe, mit der das Terrornetz Al-Kaida ein Flugzeug in die Luft jagen wollte, alarmiert die US-Behörden. Beamte von der Terrorabwehr waren am Dienstag zwar wortkarg, doch eine wichtige Information sickerte dennoch durch: Die Bombe, die ein vermeintlicher Selbstmordattentäter an Bord eines Flugzeugs bringen sollte, war funktionsfähig.
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Der Sprengsatz hatte zwar „einige Mängel“, wie es ein Experte im „Wall Street Journal“ formulierte, aber sie wäre wahrscheinlich explodiert. Vor allem aber, sagte die Vorsitzende des Geheimdienstausschusses des Senats, Dianne Feinstein: „Es war ein neues Design“ - ohne Metallteile und damit bei Kontrollen auf Flughäfen sehr schwer zu erkennen.
„Das ist besonders furchterregend“
Das FBI ist noch dabei, die Bombe zu untersuchen. Aber was die Experten bereits herausgefunden haben, beunruhigt die Behörden. Die USA befürchten, dass mehr Exemplare davon existieren als das eine, das nun in FBI-Labors untersucht und analysiert wird. „Wenn sie eine gebaut haben, haben sie wahrscheinlich auch mehr gebaut“, zitierte die „New York Times“ einen hochrangigen Regierungsbeamten. „Das ist besonders furchterregend.“
Schon längst sind sich die US-Experten sicher, wer der Bombenbauer ist: Ibrahim Hassan Tali al-Asiri, jener Mann, der auch den Sprengsatz gebastelt haben soll, den der „Unterhosenbomber“ Umar Faruk Abdulmutallab zu Weihnachten 2009 in einem Flugzeug über Detroit zünden sollte. Ein „Asiri-Special“ nennt ein US-Regierungsbeamter die Bombe - mit solchen Fortschritten, dass klar sei: „Die Gruppe wird ausgeklügelter, sie versucht, aus ihren Fehlern zu lernen.“
Jemenitische Al-Kaida „aktivste und gefährlichste“
Die Gruppe ist die im Jemen operierende Al-Kaida auf der Arabischen Halbinsel (AQAP). Schon seit geraumer Zeit widmen US-Geheimdienste in ihren Bedrohungsanalysen dieser Terrorgruppe immer längere Kapitel, und erst vor wenigen Tagen hatte der höchstrangige Terrorabwehrberater von Präsident Barack Obama, John Brennan, gewarnt, der Al-Kaida-Arm im Jemen bleibe die „aktivste und gefährlichste Terrorgruppe mit den USA im Visier“.
CIA-Analysten glauben, dass die AQAP in den vergangenen Monaten sogar noch gefährlicher geworden ist, weil sie im Zuge der innenpolitischen Konflikte in Sanaa immer mehr Gebiete unter ihre Kontrolle habe bringen können. „Es ist unsere Einschätzung, dass die Bedrohung durch die AQAP durch diese territorialen Gewinne wächst“, zitierte die „Washington Post“ einen Regierungsbeamten. So habe die Gruppe zusätzliche Trainingscamps einrichten können.
Drohnenangriffe auf „Verdächtige“ angeordnet
Der neuerliche Beweis für die Bedrohung durch Al-Kaida-Zellen im Jemen stärkt Obama den Rücken beim Einsatz unbemannter Drohnen. Wie die „Washington Post“ schrieb, gaben die CIA und die US-Kommandozentrale für Sonderoperationen kürzlich grünes Licht für Angriffe auf Ziele, die verdächtig erscheinen - auch wenn die Identität der Menschen, die getötet werden könnten, unklar ist. Experten sind sich sicher, dass diese Ausweitung der Drohnenangriffe bereits eine Reaktion auf das - damals bereits aufgedeckte - Komplott sei.
Chefbombenbauer mit vielen Schülern?
Asiri ist den USA bisher entkommen, aber er hat sich nach Erkenntnissen von US-Geheimdienstlern anscheinend bereits darauf vorbereitet, dass das nicht immer so bleiben wird. Demnach haben die US-Behörden Hinweise darauf, dass er seine Kenntnisse im Bombenbauen an andere weitergibt.
Wohl auch angesichts der weiter lauernden Gefahren scheint sich die US-Regierung peinlichst davor zu hüten, den CIA-Erfolg für sich politisch auszuschlachten. Es war immerhin nach der gelungenen Aufklärungsarbeit vor der Tötung von Al-Kaida-Chef Osama bin Laden vor einem Jahr eine weitere sorgfältig geplante und geduldig ausgeführte Aktion.
Gabriele Chwallek, dpa
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