EU-Partner pochen auf Zusammenarbeit
Nach seinem Wahlsieg über Amtsinhaber Nicolas Sarkozy hat Frankreichs künftiger Präsident Francois Hollande am Sonntagabend an seinen Wahlversprechen von Reformen festgehalten. Die Franzosen hätten den „Wandel“ gewählt, indem sie ihn „an die Spitze der Republik gewählt haben“, betonte der Sozialist. Er betonte: „Der Wandel, den ich Euch versprochen habe, beginnt jetzt.“
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Er sei „stolz“, dass er den Franzosen wieder habe Hoffnung geben können, sagte Hollande vor jubelnden Anhängern in seinem Wahlkreis im zentralfranzösischen Tulle - Video dazu in iptv.ORF.at. Kein Bürger solle „aufgegeben“, „diskriminiert“ werden. Er verpflichte sich, dem Land „zu dienen“. Am Ende seiner Amtszeit wolle er sich daran messen lassen, ob er mehr Gleichheit und Gerechtigkeit geschaffen habe, hob er hervor. Justiz und die Jugend mache er zu den Prioritäten seiner Amtszeit. Daran werde er sich am Ende seines Mandats selbst messen.
„Respekt“ für Sarkozy
An den unterlegenen Sarkozy richtete der Sozialist unter Buhrufen seiner Anhänger einen „republikanischen Gruß“. Der scheidende Präsident „verdient all unseren Respekt“, sagte Hollande. Er rief zur Einigkeit des Landes auf und meinte mit Blick auf die Wähler des geschlagenen Sarkozy, er werde „Präsident aller“ sein. Die Budgetsanierung in Frankreich müsse weitergehen, sagte Hollande. Neben dem Bildungsbereich und Umweltthemen nannte er vor allem Europapolitik als künftiges Feld, in dem es viele Aufgaben zu lösen gebe.

AP/Francois Mori
Hollande nach dem Wahlsieg mit seiner Lebensgefährtin Valerie Trierweiler
Hollande sagte, er wisse, dass nun die Augen vieler in Europa auf Frankreich gerichtet seien und sein Wahlsieg für viele „Erleichterung“ und „Hoffnung“ bedeute, da er für eine Linie stehe, in der Sparmaßnahmen nicht schicksalhaft vorgegeben seien, sondern im Zeichen sozialer Gerechtigkeit stehen müssten. Er wolle helfen, Europa wieder in Richtung Wachstum zu führen, sagte Hollande. Er sprach von einem „Neustart für Europa“, unterstrich aber zugleich sein Bekenntnis zur deutsch-französischen Achse in der EU.
Sozialisten bereiten Machtübernahme vor
Schon am Tag nach der Wahl spekulieren Medien bereits über die Spitzenposten in der künftigen Regierung. Es gilt als sicher, dass Hollande nach seiner Amtseinführung einen neuen Premierminister und sein künftiges Kabinett präsentiert. Als Favorit für das Amt des Premiers gilt Hollandes Sonderberater Jean-Marc Ayrault. Der ehemalige Deutschlehrer und langjährige Franktionschef der Sozialisten in der Nationalversammlung gilt als moderate Alternative zu Parteichefin Martine Aubry.
Als weitere mögliche Kandidaten für Spitzenposten handelten die Medien am Montag Ex-Premierminister Laurent Fabius (Außenminister) und Hollandes Kommunikationschef Manuel Valls (Innenminister).
Wahlergebnis offiziell bestätigt
Am Montag stand der Wahlsieg Hollandes offiziell fest. Hollande erreichte laut dem vorläufigen offiziellen Endergebnis 51,62 Prozent der Stimmen. Sarkozy erreichte 48,38 Prozent, wie das Innenministerium am Montagvormittag in Paris mitteilte. Die Wahlbeteiligung unter den rund 46 Millionen Stimmberechtigten lag bei 80,34 Prozent und damit etwas unter der vor fünf Jahren. Damals hatten 83,97 Prozent einen Stimmzettel abgegeben.
Deutschland bietet „Wachstumspakt“
Hollandes Wahlkampfversprechen, den EU-Fiskalpakt neu verhandeln zu wollen, hatte innerhalb der EU zu beträchtlichen Irritationen vor allem mit Deutschland geführt. Deutschlands Außenminister Guido Westerwelle bot Hollande in einer ersten Reaktion nach dem Wahlsieg demonstrativ einen „Wachstumspakt für Europa“ an, zugleich beharrte er aber auf der Ratifizierung des Fiskalpakts. Westerwelle zeigte sich zuversichtlich, dass die neue Führung in Paris und die deutsche Bundesregierung „sehr, sehr eng“ zusammenarbeiten würden.
Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel habe Hollande am Abend angerufen und ihn eingeladen, möglichst bald nach seiner Amtseinführung nach Berlin zu kommen, teilte Regierungssprecher Steffen Seibert mit. „Beide sind sich darüber einig, wie wichtig enge deutsch-französische Beziehungen sind, und haben einander versichert, dass sie eine gute und vertrauensvolle Zusammenarbeit anstreben“, sagte Seibert weiter. Merkel hatte im Wahlkampf offen Sarkozy unterstützt.
Auch der deutsche Bundespräsident Joachim Gauck gratulierte Hollande zum Wahlerfolg. In einem Telegramm betonte Gauck nach Angaben seines Sprechers am Sonntagabend, er wünsche Hollande Glück und Erfolg bei der Erfüllung von dessen Aufgaben „zum Wohle Ihres Landes und zum Wohle der ganzen Europäischen Union“. Gauck betonte, er sei sicher, dass Deutschland und Frankreich auch in Zukunft ihre „herausgehobene bilaterale Zusammenarbeit“ fortsetzen und vertiefen werden.
Obama freut sich auf Zusammenarbeit
EU-Kommissionspräsident Jose Manuel Durao Barroso gratulierte Hollande und verwies auf „ein klares gemeinsames Ziel: die europäische Wirtschaft wiederbeleben, um ein dauerhaftes Wachstum zu erreichen“. Er zeigte sich zudem überzeugt, in Hollande einen „engagierten“ Mitstreiter für die europäische Integration zu haben. Auch aus Dänemark, das derzeit den EU-Vorsitz innehat, kamen Glückwünsche. Kopenhagen hoffe auf eine „enge und vorteilhafte“ Zusammenarbeit, so die sozialdemokratische Regierungschefin Helle Thorning-Schmidt.
Auch US-Präsident Barack Obama telefonierte bereits mit Hollande und beglückwünschte ihn. Er freue sich darauf, eng mit Hollande und dessen Regierung bei der Bewältigung der gemeinsamen wirtschaftlichen und sicherheitspolitischen Herausforderungen zusammenzuarbeiten. Hollande hatte mit seiner Ankündigung eines baldigen Truppenabzugs aus Afghanistan für Unruhe gesorgt.
Faymann sieht „wichtigen Impuls“
SPÖ-Vorsitzender und Bundeskanzler Werner Faymann zeigte sich am Sonntag in einer ersten Stellungnahme erfreut über den „beeindruckenden Erfolg“ des französischen Sozialisten und gratulierte Hollande zu dessen Wahlsieg. Faymann sieht im Wahlerfolg von Hollande „einen wichtigen Impuls für eine Politik, die sich für mehr Wachstum und Beschäftigung in Europa - als zentrale Parameter für Stabilität und sozialen Frieden - einsetzt“ - mehr dazu in oe1.ORF.at.
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