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Gegenentwurf zu Sarkozy

Er ist der Gegenentwurf zu Frankreichs hyperaktivem Präsidenten Nicolas Sarkozy: nüchtern, bedächtig, ohne Starallüren, manchen gar zu langweilig. Er selbst bezeichnet sich als „normal“, und das will Francois Hollande auch als Präsident bleiben. Große Begeisterung löst der Sozialist durch sein Auftreten bei den Wählern nicht aus, doch viele Franzosen hatten genug vom Aktionismus Sarkozys.

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Der lange als blasser Regionalpolitiker verschriene Hollande schaffte es seit dem vergangenen Jahr durchgängig, Sarkozy abzuhängen. Dabei hätte noch vor einem Jahr niemand auf Hollande gewettet, denn lange galt sein schillernder Parteifreund Dominique Strauss-Kahn als der große Hoffnungsträger der französischen Sozialisten. Nachdem sich der Ex-IWF-Chef durch seine Sexaffären aber selbst aus dem Rennen katapultiert hatte, setzte sich der dem gemäßigten Lager zugerechnete Hollande bei der Vorwahl der Sozialisten im Herbst klar als Präsidentschaftskandidat durch.

Grabenkämpfe vermeiden

Mit einer fulminanten Rede im Jänner in Le Bourget bei Paris, seinem 60-Punkte-Programm für Arbeit, Bildung und Jugend sowie einigen wenigen Überraschungseffekten wie seiner Reichensteuer von 75 Prozent schaffte es Hollande im Wahlkampf, die Balance zwischen Seriosität und dem von ihm versprochenen „Wandel“ zu halten. Die Linken will er um sich scharen, Grabenkämpfe vermeiden und ganz Frankreich per Dialog voranbringen.

Politisch gilt Hollande als gemäßigter Sozialist mit einem starken Empfinden für soziale Gerechtigkeit. Entscheidend für seinen Sieg in der parteiinternen Vorwahl gegen die stärker linkspolitisch eingestellte einstige Arbeitsministerin Martine Aubry war, dass sich auch der globalisierungskritische Abgeordnete Arnaud Montebourg auf seine Seite stellte.

Hollande verschärfte seine Wortwahl gegenüber Banken und Globalisierung deutlich und wartete in der heißen Wahlkampfphase mit seinem Plan auf, Einkommen ab einer Million Euro im Jahr mit 75 Prozent zu versteuern. Den Vorwurf Sarkozys, den Sozialneid zu schüren, konterte er mit dem Hinweis, er könne unverdienten und exzessiven Reichtum nicht leiden.

Wenig Regierungserfahrung?

Seine politischen Gegner werfen ihm vor, ihm fehlten Regierungserfahrung und internationales Profil. Tatsächlich war Hollande, der elf Jahre lang die Sozialisten als Parteichef führte, nie Minister. Doch einschüchtern lässt sich der Sozialist nicht: Er werde nicht auf „billige Polemiken und übermäßige Aggressivität“ einschwenken, versichert er - und hält an seinem sachlichen Kurs fest, verzichtet öffentlich sogar meist auf seinen bissigen Humor. Hollande ist ein bekennender Fan des früheren Präsidenten und sozialistischen Übervaters Francois Mitterrand: „Ihm habe ich meine politische Geburt zu verdanken“, sagte er einmal über seinen Mentor.

Im Schatten seiner Ex-Frau

Hollandes harmloses Auftreten täuschte lange darüber hinweg, was in ihm steckt. Dabei absolvierte der Sohn eines Arztes, der am 12. August 1954 im nordfranzösischen Rouen geboren wurde, gleich drei Eliteunis: Sciences Po, die Handelsschule HEC und die Verwaltungshochschule ENA. Schon als 20-Jähriger arbeitete er im Wahlkampfteam von Mitterrand mit, der ihn zusammen mit seiner Lebensgefährtin Segolene Royal nach seinem Wahlsieg 1981 in den Elyseepalast holte.

Hollande stand lange im Schatten der redegewandten Royal, mit der er vier Kinder hat. Die beiden trennten sich, nachdem Royal 2007 bei der Präsidentschaftswahl gegen Sarkozy verloren hatte. Hollande hatte aber schon zuvor eine neue große Liebe, die „Frau seines Lebens“, gefunden: die 47-jährige Politikjournalistin Valerie Trierweiler, der nachgesagt wird, sie habe ihm ein kantigeres Profil verpasst, wurde Hollande doch lange wegen seiner rundlichen Figur als „Flamby“ verspottet - so heißt ein Pudding in Frankreich. Seit dem Jahr 2010 speckte er mehr als zehn Kilo ab.

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