„Hier weht kein Geist“
Der Pariser Elysee-Palast mit seinem zwei Hektar großen Park inmitten von Paris ist seit 1873 Amtssitz der französischen Präsidenten. Im großen Festsaal mit dem Deckengemälde „Die Republik schützt den Frieden“ von Guillaume Dubufe aus dem Jahr 1896 werden die Staatspräsidenten traditionell in ihr Amt eingeführt.
Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.
„Ein trauriges Haus. Ich fühle mich wie im Gefängnis“, sagte Staatspräsident Raymond Poincare (1913 bis 1920) einmal. Auch General Charles de Gaulle, Präsident von 1959 bis 1969, fand den Palast wenig inspirierend: „Hier weht kein Geist.“
Aus dem Präsidenten Paul Doumer brach es 1931 beim Anblick des Festsaales heraus: „Wirklich, ich habe noch nie so etwas Hässliches gesehen.“ Die Einrichtung zeugt vom wechselnden Geschmack der Bewohner, Möbel unterschiedlicher Stilperioden stehen dicht beieinander. Jacques Chirac (1995 bis 2007) holte afrikanische Stammeskunst in die Räume voller Goldstuck und Brokat.
Aus der griechischen Mythologie
In der griechischen Mythologie ist das Elysium das Gefilde der Seligen in einer anderen Welt. Der Elysee-Palast wurde von 1718 bis 1722 von dem Architekten Armand-Claude Mollet im Auftrag des Grafen von Evreux, Henri-Louis de La Tour d’Auvergne erbaut. In seiner wechselvollen Geschichte wurde das Gebäude -zigmal umgebaut und erweitert.
365 Räume und 700 Bedienstete
In dem 11.000 Quadratmeter großen Gebäudekomplex an der Rue du Faubourg Saint-Honore stehen dem Präsidenten 365 Räume zur Verfügung. Die verschiedenen Teile des Palastes, zu dessen Schätzen 380 alte Pendeluhren, zahlreiche Porzellansammlungen und kostbares Silberbesteck zählen, sind um einen Ehrenhof gruppiert, in dem der Präsident die Staatsgäste empfängt.
700 Bedienstete kümmern sich um alle Belange des präsidialen Haushalts. In dem Keller befinden sich auch jene zwölf Räume, in die sich der Präsident im Krisenfall zurückzieht - und von denen aus er die französischen Atomraketen zünden lassen kann. Unmittelbar neben dem Atombunker liegt der erlesene Weinkeller.
Mätressen, Kaiser und Präsidenten
Schon vor 1873 waren mit dem Elysee-Palast die Namen berühmter Persönlichkeiten verbunden. Nach dem Tod des Comte d’Evreux machte die Marquise de Pompadour, Mätresse des Königs Ludwig XV., das Anwesen zu ihrer Residenz. Nach dem Sturz der Monarchie 1792 nutzten Revolutionäre das Gebäude als Lager für beschlagnahmte Güter.

Reuters/Benoit Tessier
Der Palast mitten in Paris ist seit 1873 Amtssitz der französischen Präsidenten
1809 zog Kaiser Napoleon I. ein, allerdings nur für kurze Zeit. Im „Silbernen Salon“ (Salon d’Argent) unterzeichnete er 1814 seine Abdankungsurkunde. Auch sein Neffe, Napoleon III., residierte Mitte des 19. Jahrhunderts im Elysee-Palast. Zwischenzeitlich wurde das Gebäude auch als Tanzlokal und Spielhölle genutzt.
Nicht alle Staatschefs fanden ihren Amtssitz so unerfreulich wie Poincare oder General de Gaulle. Der Junggeselle Felix Faure etwa gestattete sich im Salon d’Argent trotz seiner 58 Jahre und seiner Arteriosklerose gerne das eine oder andere amouröse Abenteuer - bis er am 16. Dezember 1899 in den Armen der 30-jährigen Marguerite Steinheil einen tödlichen Herzstillstand erlitt.
Unheimliche Begegnung mit Orang-Utan
Nicht an die Öffentlichkeit weitergegeben wurde auch eine unheimliche Begegnung von Madame Poincare. Als sich die First Lady im Oktober 1916 im Garten ein wenig Frischluft gönnte, wurde sie plötzlich von einem Orang-Utan gepackt, der sie auf einen Baum verschleppen wollte. Die erste Dame Frankreichs entkam nur mit Mühe dem Menschenaffen, der aus einem Zirkus ausgebrochen war. Staatspräsident Paul Deschanel, der 1920 wenige Monate nach seinem Amtsantritt geisteskrank wurde, sprang mit Frack und Zylinder in den Teich des Elysee-Parks.
Unter den 22 Vorgängern von Präsident Nicolas Sarkozy, der dem Land zwei Erste Damen - Cecilia Ciganer-Albeniz und Carla Bruni - schenkte, gab es neben Faure noch einen Junggesellen, Gaston Doumergue (1924 bis 1931), der erst nach dem Ende seiner Amtszeit heiratete. Der überaus populäre Staatspräsident Rene Coty (1954 bis 1959) verlor seine Gemahlin Germaine - in der Öffentlichkeit liebevoll „Meme“ (Oma) genannt - während seiner Präsidentschaft, die er als Witwer beendete.
Link: