Themenüberblick

Die Präsidenten der Fünften Republik

Zum neunten Mal seit der Gründung der Fünften Republik im Jahr 1958 und der Einführung der Direktwahl des Präsidenten 1962 waren die Franzosen am Sonntag aufgerufen, ihr Staatsoberhaupt in einer Stichwahl zu küren. Noch nie hat in der Vergangenheit ein Kandidat im ersten Wahlgang die erforderliche absolute Mehrheit der Stimmen erhalten.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.

Die Stichwahl zwischen den beiden stimmenstärksten Bewerbern findet zwei Wochen nach der ersten Runde statt. Mit drei Ausnahmen (1974, 1981 und 1995) gewann stets der Kandidat mit den meisten Stimmen im ersten Wahlgang auch die Stichwahl. Francois Hollande bekam im ersten Wahlgang am 22. April 28,63 Prozent, Nicolas Sarkozy 27,18 Prozent der Stimmen.

Hollande der zweite Sozialist im Elysee

Sechs Präsidenten standen seit Bestehen der Fünften Republik an der Spitze Frankreichs: Nach General Charles de Gaulle, auf den das mit umfangreichen Vollmachten ausgestattete Amt zugeschnitten war, amtierten drei Exponenten seines politischen Lagers im Pariser Elysee-Palast: Georges Pompidou, Jacques Chirac und Nicolas Sarkozy sowie ein Vertreter der nicht gaullistischen liberalen Rechten, Valery Giscard d’Estaing, und ein Vertreter der Linken, der Sozialist Francois Mitterrand, der mit vollen 14 Jahren die längste Amtszeit absolvierte.

Als bisher einziger Präsident wurde Giscard d’Estaing abgewählt. Mitterrand und Chirac wurden nach ihrer ersten Amtsperiode wiedergewählt. Mitterrand war vor seiner Wahl zweimal erfolglos angetreten (1965 und 1974), ebenso Chirac (1981 und 1988). Sarkozy setzte sich 2007 im zweiten Wahlgang klar gegen die Sozialistin Segolene Royal durch. Diese war die Lebensgefährtin Hollandes gewesen. Nach seinem Wahlsieg wird Holland der zweite sozialistische Präsident der Fünften Republik nach Mitterrand.

„Republikanischer Monarch“ auf Zeit

Der französische Präsident besitzt von allen Staatsoberhäuptern der Europäischen Union die mit Abstand umfangreichsten Machtbefugnisse: Er ist Garant der nationalen Unabhängigkeit, Hüter der Verfassung und oberster Chef der vollziehenden Gewalt. Er ernennt die Regierung, führt selbst den Vorsitz im Ministerrat, dessen Tagesordnung er festlegt, er kann die Nationalversammlung auflösen und ist Oberbefehlshaber der Streitkräfte mit dem „Roten Knopf“ für den Atomwaffeneinsatz.

In Krisenzeiten gibt ihm der umstrittene Notstandsartikel 16 nahezu unbegrenzte Vollmachten. Angesichts der herausragenden Position des Staatspräsidenten in der Fünften Republik prägte der prominente Verfassungsrechtler Maurice Duverger einst den Begriff der „republikanischen Monarchie“.

Kohabitation gegnerischer Lager

Doch hängt die Macht des Staatsoberhauptes auch von den Kräfteverhältnissen im Parlament ab, das die Regierung stürzen kann. Dreimal erlebte Frankreich eine Kohabitation („Zusammenwohnen“), eine Zwangsehe von Präsident und Premier aus gegnerischen Lagern: die beiden zweijährigen Kohabitationen Mitterrands mit bürgerlichen Regierungen (1986 bis 1988 mit Chirac, 1993 bis 1995 mit Edouard Balladur als Premier).

Fünf Jahre dauerte von 1997 bis 2002 die Kohabitation des Präsidenten Chirac mit einer Linksregierung unter dem Sozialisten Lionel Jospin. Lediglich die Außen-, Sicherheits- und Verteidigungspolitik („domaine reserve“) fallen in einer solchen Konstellation uneingeschränkt in die Kompetenz des Präsidenten, dessen Spielraum in anderen Bereichen eingeengt ist.

Amtszeit per Referendum auf fünf Jahre verkürzt

Um politische Zwangsehen auf Dauer zu vermeiden, wurde die Amtszeit des Präsidenten von sieben auf fünf Jahre reduziert und damit der Legislaturperiode der Nationalversammlung angeglichen. Bisher hat stets das bei einer Präsidentschaftswahl siegreiche Lager auch die anschließende Parlamentswahl gewonnen.

Link: