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Kopf-an-Kopf-Rennen oder klares Votum?

In Frankreich hat am Sonntag die zweite und entscheidende Runde der Präsidentschaftswahl begonnen. 44,5 Millionen Wähler sind aufgerufen, sich zwischen dem Sozialisten Francois Hollande und dem konservativen Amtsinhaber Nicolas Sarkozy zu entscheiden. Hollande geht den Umfragen zufolge als Favorit ins Rennen, doch die Wahl bleibt bis zuletzt spannend.

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In den letzten Tagen vor der Wahl hat sich der Vorsprung Hollandes in den Umfragen verkleinert. Im konservativen Lager ging man deshalb zuletzt von einem Kopf-an-Kopf-Rennen aus. Er erwarte ein „50:50-Ergebnis“, sagte Premierminister Francois Fillon der Zeitung „Le Figaro“. „Das wird sich an einigen hunderttausend Stimmen entscheiden.“

Hollande erklärte nach Angaben des „Le Parisien“, dass er 52 Prozent der Stimmen bereits als großen Erfolg ansehen würde. „Schon 50,5 bedeuten den Sieg“, sagte der Sozialist, der in Umfragen bisher mit 54 bis 57 Prozent gehandelt worden war.

Linke geschlossen hinter Hollande

Kaum einzuschätzen, doch möglicherweise wahlentscheidend, ist das Verhalten der Anhänger jener Kandidaten, die im ersten Wahlgang ausgeschieden sind. Die erste Runde am 22. April hatte Hollande mit weniger als zwei Prozentpunkten Vorsprung gewonnen. Hollande hatte über die Grenzen Frankreichs hinaus vor allem mit der Forderung nach einer Neuverhandlung des europäischen Fiskalpakts für Aufmerksamkeit gesorgt. Statt der Sparmaßnahmen fordert er angesichts der Finanzkrise ein Wachstumsprogramm.

Er kann mit den Stimmen der extremen Linken und der Umweltschützer rechnen, die im ersten Wahldurchgang etwa 14,5 Prozent der Stimmen erhielten. Alle Linkskandidaten riefen dazu auf, bei der Stichwahl für den Sozialisten zu stimmen, keiner der in der ersten Runde ausgeschiedenen Kandidaten sprach sich dagegen für Sarkozy aus.

Sarkozy blickt auf Front-National-Anhänger

Mit Blick auf die Wähler der Rechtsextremen Marine Le Pen, die als Parteichefin der Front National (FN) in der ersten Runde auf knapp 18 Prozent gekommen war, hatte Sarkozy in der Schlussphase seines Wahlkampfs stark auf die nationale Karte gesetzt. Wenige Stunden vor Beginn der Stichwahl stilisierte er sich zum Opfer einer gewissen Form von „Rassismus und Intoleranz“ und kritisierte das „politisch-mediale System“ scharf.

Das Rennen ist noch nicht gelaufen

Zugleich appellierte Sarkozy an seine Anhänger, alle Kräfte zu mobilisieren. Hollande wiederum warnte angesichts der letzten Umfragen seine Anhänger davor, zu glauben, das Rennen sei bereits gelaufen. Die ersten offiziellen Hochrechnungen soll es am Abend um 20.00 Uhr nach Schließung der letzten Wahllokale geben. Bis dahin dürfen nach französischem Gesetz keine Prognosen verbreitet werden. Es wird jedoch erwartet, dass dieses Verbot wie bei vorangegangenen Wahlen von französischsprachigen Medien etwa in Belgien oder der Schweiz unterlaufen wird.

Bereits am Samstag konnten knapp 900.000 Franzosen in den Überseegebieten abstimmen. Wegen des großen Zeitunterschiedes zum Kernland wurde der Urnengang auf den Inseln Saint-Pierre und Miquelon vor der kanadischen Atlantikküste, den Karibikinseln Guadeloupe und Martinique sowie in den französischen Konsulaten weltweit vorgezogen. Mehrere Beobachter sprachen im TV-Nachrichtensender BFM von einer relativ hohen Wahlbeteiligung.

Vom Outsider zum Favoriten

Hollande startete seinen Wahlkampf vor etwa einem Jahr als Outsider, der aufgrund seiner mangelnden Regierungserfahrung keine Siegeschancen zu haben schien. Nach und nach erntete der frühere langjährige sozialistische Parteichef allerdings mit seinem Image eines „normalen Präsidenten“ immer größeren Zuspruch in den Umfragen.

Sarkozy dagegen litt unter seinem Image des „Präsidenten der Reichen“ und unter seiner schwachen wirtschaftspolitischen Bilanz. 2007 hatte Sarkozy versprochen, die Arbeitslosenrate im Lande auf fünf Prozent zu drosseln, gegenwärtig beträgt sie das Doppelte.

Holland wäre bei einem Wahlsieg der erste sozialistische Präsident seit Francois Mitterrand, der von 1981 bis 1995 französischer Staatschef war. Die Amtszeit Sarkozys endet am 15. Mai um Mitternacht. Hollande hatte für den Fall eines Erfolgs eine Amtsübernahme für den darauf folgenden angekündigt. Dann will der Sozialist auch bekanntgeben, wer neuer Regierungschef wird.

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