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Breivik zeigt sich ungerührt

Am zwölften Tag des Prozesses gegen den norwegischen Attentäter Anders Behring Breivik sind am Freitag erste Berichte über die Obduktionen seiner Opfer von der Insel Utöya vorgestellt worden.

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Die Gerichtsmedizin stellte darin detailliert dar, wie die ersten neun seiner insgesamt 69 Opfer auf Utöya starben und belegte ihre Aussagen mit zahlreichen Fotos. Den Angaben zufolge wurden 67 Menschen von Breivik erschossen. Zwei Opfer starben demnach durch Stürze und Ertrinken.

Die meisten Erschossenen wurden den Angaben zufolge von zwei oder drei Kugeln getroffen. Auf ein Opfer habe Breivik sogar achtmal geschossen. Fast allen Opfern schoss er demnach in den Kopf.

Wie an den vorangegangenen Prozesstagen flossen im Publikum viele Tränen. Auch die Anwälte, die die Überlebenden des Anschlags und die Angehörigen der Opfer vertreten, kämpften sichtbar mit den Tränen, als sie die Opfer beschrieben: Einer wurde dabei von Angehörigen als „der beste Vater der Welt“, ein anderes Opfer als junges Mädchen, das „Lachen und Fröhlichkeit verbreitete“, beschrieben. Zahlreiche Familienangehörige von Ermordeten waren im Gerichtssaal. Viele von ihnen brachen in Tränen aus, als sie die Beschreibungen hörten, einige umarmten einander, manche verließen den Saal.

Simen Braenden Mortensen

APA/EPA/Heiko Junge/Pool

Simon Mortensen wurde von dem als Polizist getarnten Breivik überrumpelt

Breivik hingegen zeigte erneut keinerlei Gefühlsregungen. Eine Mappe mit Fotos der Leichen von Utöya schaute er mit versteinerter Miene durch. Es wird erwartet, dass die Autopsieberichte das Gericht noch während der gesamten kommenden Woche beschäftigen werden.

Zeuge „glaubte“ Breiviks Polizeiuniform

Am Vortag waren erstmals Zeugen des Massakers auf der Insel Utöya angehört worden. Bei der Sitzung am Donnerstag berichteten Zeugen davon, wie es Breivik in falscher Polizeiuniform gelungen war, auf der Fähre zu der Insel mitzufahren. „Man übt eine gewisse Autorität aus, wenn man in einer Polizeiuniform ankommt“, sagte Simen Braeden Mortensen, der an dem Tag des Massakers die Fährgäste kontrollieren sollte. Breivik habe ihn getäuscht.

Er habe sich von den gefälschten Polizeiausweisen des Attentäters blenden lassen. „Ich habe geglaubt, das ist ein rechtmäßiger Polizeiausweis“, sagte Mortensen über den falschen Ausweis des Inlandsgeheimdienstes um Breiviks Hals. Breivik habe ihm erläutert, er sei nach dem Bombenanschlag von Oslo, dessen Urheber er selber war, zum Schutz des Jugendlagers nach Utöya geschickt worden.

Kapitän half Breivik mit Munitionskiste

Fährkapitän Jon Olsen schilderte vor Gericht, wie er Breivik geholfen habe, eine schwere Kiste von Bord zu hieven, ohne zu wissen, dass sie voller Munition war. Der Attentäter habe ihm gesagt, in der Kiste seien Instrumente zum Aufspüren von Sprengstoff. Kurz nach der Landung auf Utöya habe er mitansehen müssen, wie Breivik seine ersten beiden Opfer getötet habe. Es handelte sich um den Campwächter und Olsens Lebensgefährtin Monica Boesei.

„Nichts, nichts passierte“

Er sei sofort panisch geflohen. Er habe sich immer wieder gefragt, „ob ich anders hätte handeln können“, sagte Olsen. Aber er sei immer wieder zu dem Schluss gekommen, dass „ich so handeln musste“. Auch Olsens Tochter war zu dem Zeitpunkt auf Utöya, sie überlebte.

Später brachte der Kapitän mit seinem Motorschiff „MS Thorbjörn“ Rettungskräfte auf die Insel. Zu Beginn des Massakers habe er erwartet, dass „der Himmel bald voller Hubschrauber ist“, der Fjord „voller Schiffe und Blaulichter, aber nichts, nichts passierte“.

Breivik plädiert auf nicht schuldig

Der Rechtsextremist Breivik hatte am 22. Juli 2011 zunächst im Osloer Regierungsviertel mit einer Autobombe acht Menschen getötet, bevor er in einem Jugendlager der regierenden Arbeiterpartei auf Utöya 69 Menschen erschoss. Der 33-Jährige gestand die Taten, plädierte aber auf nicht schuldig. Seinen Angaben zufolge waren die blutigen Anschläge „grausam, aber notwendig“, um Norwegen vor einer angeblich drohenden „muslimischen Invasion“ zu retten. Sollte das Gericht Breivik für geistig gesund erklären, drohen ihm 21 Jahre Haft.

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