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„Verfahrensmängel, rechtliche Fehler“

Nachdem der BAWAG-Prozess unter großem Medienrummel zu einem Marathon mit 117 Verhandlungstagen ausgeartet war, fasste das Gericht unter Vorsitz von Claudia Bandion-Ortner das Urteil - alle neun Angeklagten wurden schuldig gesprochen. Doch das war nur das vorläufige Ende.

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Bandion-Ortner wurde von der ÖVP zur Justizministerin gemacht. Eineinhalb Jahre danach wurden die Urteile vom OGH wegen formaler Mängel großteils aufgehoben. Und der Marathonprozess hatte es in sich, im Laufe der 117 Verhandlungstage legten Ex-BAWAG-Chef Johann Zwettler und der frühere Spekulant Wolfgang Flöttl Teilgeständnisse ab. Flöttl gestand Beitrag zur Untreue und belastete damit im Zuge dessen den BAWAG-Vorstand. Vom Gutachter wurde Flöttl schließlich massiv belastet, er warf ihm „Gang ins Casino“ vor.

Zwettler bekannte sich der Untreue und der Bilanzfälschung in einigen der aufgelisteten Fälle der Anklage schuldig. „Mein Motto war ‚Augen zu und durch‘. Das bedauere ich unendlich“, so Zwettler nach seinem Teilgeständnis damals. Der frühere Aufsichtsratspräsident Günter Weninger bekannte sich der Bilanzfälschung teilweise schuldig.

Alle Angeklagten schuldig gesprochen

Alle neun Angeklagten wurden vom Schöffensenat unter Vorsitz von Richterin Claudia Bandion-Ortner schuldig gesprochen, acht Angeklagte sollten ins Gefängnis. Der Hauptangeklagte Elsner wurde zu neuneinhalb Jahren Haft verurteilt. Zwettler erhielt fünf Jahre Haft, Nakowitz vier Jahre. Für Flöttl wurden von zweieinhalb Jahren Haft zehn Monate unbedingt ausgesprochen. Lediglich Ex-BAWAG-Vorstand Christian Büttner erhielt nur eine bedingte Strafe. Die Angeklagten legten darauf Rechtsmittel ein.

Ex-BAWAG-Generaldirektor Helmut Elsner und Richterin Claudia Bandion-Ortner

APA/Helmut Fohringer

Elsner und Bandion-Ortner: Harscher Ton stand an der Tagesordnung

Bandion-Ortner wird Ministerin

Richterin Bandion-Ortner, die nach dem geschlagenen Marathonprozess in der Öffentlichkeit durchaus Popularität und ihre mediale Präsenz genoss, wurde im November 2008 vom damaligen ÖVP-Chef Josef Pröll als neue Justizministerin präsentiert - sie sollte ihr Ressort innerhalb der im Dezember angelobten neuen rot-schwarzen Regierung als „parteifreie Ministerin“ leiten. Knapp ein Jahr nach der Angelobung der Neo-Justizministerin Bandion-Ortner brachten Elsners Anwälte Berufung und Nichtigkeitsbeschwerde gegen das BAWAG-Urteil Bandion-Ortners ein.

Das Wiener Straflandesgericht hatte Elsners Antrag auf den Einsatz einer elektronischen Fußfessel mit dem Hinweis auf Fluchtgefahr abgelehnt. In der Folge wies auch das Oberlandesgericht eine Enthaftung Elsners unter Einsatz der Fußfessel ab, Elsner blieb weiter als einziger der neun Angeklagten in U-Haft.

„Mängel an den Feststellungen“

Mehr als zwei Jahre nach der Verkündung wurde das erstinstanzliche BAWAG-Urteil von der Generalprokuratur in ihrer 328 Seiten starken Stellungnahme zerpflückt. Laut dem Crocquis, der dem Obersten Gerichtshof (OGH) als „Rechtswahrer“ beigeordneten Behörde, käme den Nichtigkeitsbeschwerden von Helmut Elsner, Johann Zwettler und Peter Nakowitz „teilweise Berechtigung“ zu. „Mängel an den Feststellungen“ in Bandion-Ortners Urteil hätten die Behörde veranlasst, bei allen Angeklagten die Aufhebung des Strafausspruchs zu empfehlen.

Am 22. und 23. Dezember 2010 hob schließlich der OGH große Teile des BAWAG-Urteils von Bandion-Ortner wegen formaler Mängel auf. Die Verurteilung Elsners zur Höchststrafe von zehn Jahren erhielt Rechtskraft. Auch für Johann Zwettler wurde die Verurteilung zu fünf Jahren Haft bestätigt. Die Urteile gegen die anderen sieben Angeklagten, darunter Wolfgang Flöttl und Peter Nakowitz, wurden hingegen aufgehoben.

Bandion als Ministerin durch Karl ersetzt

Am 19. April 2011 folgte dann schließlich nach zweieinhalb Jahren das Aus für Justizministerin und Ex-BAWAG-Richterin Claudia Bandion-Ortner in der Regierung: ÖVP-Chef Josef Pröll präsentierte neue Minister, die bisherige Wissenschaftsministerin Beatrix Karl (ÖVP) löste Bandion-Ortner als Justizministerin ab. Mit ihrer Ablöse verabschiedete sie sich auch aus der Justiz, um bei der neu geschaffenen Internationalen Antikorruptionsakademie mit Sitz im niederösterreichischen Laxenburg anzuheuern.

Nur ein halbes Jahr nach dem Bandion-Abgang verließ auch BAWAG-Ankläger Georg Krakow die Justiz - er war Kabinettschef von Bandion-Ortner - und fand mit der Wirtschaftskanzlei Baker & McKenzie einen neuen Arbeitgeber.

Elsner nach viereinhalb Jahren frei

Im Juli 2011 wurde Elsner nach viereinhalb Jahren im Gefängnis wegen Haftunfähigkeit aus medizinischen Gründen freigelassen. Sein Gesundheitszustand habe sich während der Haft verschlechtert, insbesondere seine Herzkrankheit, hieß es in der Begründung.

Wie die Oberstaatsanwaltschaft Ende letzten Jahres bestätigte, wird beim kommenden Prozess gegen Elsner und Zwettler aus prozessökonomischen Gründen keine Anklage mehr erhoben. Damit kommen sieben der neun Angeklagten am Mittwoch wieder vor Gericht.

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