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„Gibt uns Zukunftsperspektive“

Piloten und Bordcrews der AUA sollen künftig mit billigeren Dienstverträgen fliegen. Am Donnerstag gab der Aufsichtsrat grünes Licht für eine „Übersiedlung“ in den - aus Unternehmenssicht - deutlich günstigeren Kollektivvertrag der Regionaltochter Tyrolean Airways. Die Belegschaftsvertretung plant eine Betriebsversammlung.

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Wirksam werden soll der Teilbetriebsübergang nun frühestens am 1. Juli 2012, teilte die Lufthansa-Tochter am Donnerstagnachmittag mit. Der Schritt ist Teil eines Sanierungsprogramms, das insgesamt 220 Mio. Euro schwer ist. Mit dieser Entscheidung werde die AUA „von strukturellen Altlasten befreit“, sagte Konzernchef Jaan Albrecht. „Sie gibt uns zudem eine Zukunftsperspektive in der Luftfahrt, weil wir wettbewerbsfähiger aufgestellt sind.“

Freilich gebe es noch große Herausforderungen, so Albrecht in einer Telefonkonferenz Donnerstagnachmittag. „Hier und dort wird noch ein böser Wolf seine Zähne zeigen.“ Aber am Ende werde ein „Happy End“ stehen, „das heißt für uns schwarze Zahlen“.

„Abgeflachte Gehaltsanstiege“

Mit der Umstellung gebe es künftig einen gemeinsamen Flugbetrieb von Austrian Airlines und Tyrolean. Für die Kunden werde sich damit nichts ändern. Weil die Einsparungen durch die Kollektivvertragsumstellung „durch abgeflachte Gehaltsanstiege“ erzielt würden, ändere sich für die AUA-Bordmitarbeiter - rund 600 Piloten und 1.500 Flugbegleiterinnen - auch in puncto Arbeitsumgebung und Gehalt nichts, so die AUA-Führung.

Obwohl Doppelgleisigkeiten abgebaut werden sollen, seien beide Unternehmensstandorte - Wien und Innsbruck - „in jedem Fall Teil des Zukunftskonzepts“. Der Übergang sei „überlebenswichtig“. Bisher ist allerdings offen, wie viele AUA-Mitarbeiter das Angebot eines neuen Kollektivvertrags annehmen.

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Die Kollektivverträge von AUA und Tyrolean im Vergleich

Turbulente Betriebsversammlung erwartet

Am Montag Vormittag wird eine turbulente Betriebsversammlung der AUA-Bordbelegschaft in Wien-Schwechat erwartet. Bordbetriebsratschef Karl Minhard will bei der Betriebsversammlung ab 9.30 Uhr über den Stand der Dinge informieren. „Wir werden dort alle rechtlichen Schritte ausloten. Das wird sicher recht heftig werden“, sagte Minhard am Donnerstagnachmittag zur APA.

Fristen für die betroffenen Mitarbeiter beginnen noch nicht zu laufen, denn „wir haben keine Informationen über die geplanten Arbeitsbedingungen und keine Details, wie der Betriebsübergang stattfinden soll“, wie Minhard sagte. Der Vorstand habe jetzt einmal den Betriebsübergang eingeleitet, nicht aber technisch vollzogen. „Wir sagten immer und sagen immer noch, dass das keine gute Variante ist“, so der Betriebsrat.

Bis zu 300 Pilotenabgänge?

Ein Auskauf aus den alten Verträgen wäre die bessere Lösung gewesen, so Minhard. „Dafür, dass die Leute bleiben, wollte der Vorstand kein Geld ausgeben, wohl aber für Abfertigungen und andere Kosten des Übergangs.“ AUA-Chef Jaan Albrecht hat heute von bereits 40 vollzogenen AUA-Pilotenabgängen gesprochen, Minhard weiß von knapp 50. Die Betriebsräte fürchten immer noch, dass es 200 bis 300 AUA-Piloten werden, die lieber den Abgang mit Abfertigung wählen anstatt unter Tyrolean-ähnlichen Verhältnissen zu fliegen. Da wäre man dann bald auf hundert Millionen Euro an Abfertigungen.

Als unlogisch wertet der Betriebsrat die Feststellungen der AUA-Spitze, wonach die AUA-Piloten ab Juli im „KV-freien Raum“ unterwegs seien, die Tyrolean-Crews aber nicht. Beide Kollektivverträge hätten den gleichen Status - „gekündigt“ per Ende Juni, mit einjähriger Nachfrist.

Klagsdrohungen betont gelassen kommentiert

Für den - nun eingetretenen - Betriebsübergang hatte der Betriebsrat bereits zuvor mit einer „Klagsflut“ gedroht. Die Arbeitnehmervertretung werde Feststellungsklagen einbringen. „Alle Fragen werden ein rechtliches Nachspiel haben, das Unternehmen wird in den nächsten Jahren mit Klagen befasst sein“, so Minhard - und teure Rückstellungen dafür bilden müssen.

Diese Drohung kommentierte das Management am Donnerstag betont gelassen. Man gehe davon aus, dass es in diesem juristisch sicher komplizierten Prozess Auffassungsunterschiede geben wird, meinte Vorstand Peter Malanik. Er könne Verfahren nicht ausschließen. „Aber wir haben uns sehr gut vorbereitet und sehen dem sehr gelassen entgegen.“

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Gehälter der AUA-Piloten lagen bisher deutlich über Tyrolean-Niveau

Betriebsrat warnt vor „Riesenproblem“ im Betrieb

Der Betriebsrat hatte für den Fall eines tatsächlichen Massenabgangs von Piloten auch vor einem „Riesenproblem“ im Flugbetrieb ab Mai und den ganzen Sommer über gewarnt. Die AUA-Führung überlegte in einem internen Papier, Piloten „hereinzuleasen“, um eventuelle Ausfälle in der Stammbelegschaft auszugleichen. Das Leasingmodell komme allerdings nur infrage, „wenn es zwingend und dringend notwendig würde, wenn alle Stricke reißen“, präzisierte das Management später. Bisher haben rund 40 Piloten das Unternehmen verlassen.

Änderungskündigungen werde es nicht geben, sagte Malanik am Donnerstag. Wohl aber könnten AUA-Piloten wegen des Betriebsübergangs von einem „privilegierten Austrittsrecht“ Gebrauch machen. Albrecht rechnet damit, dass noch einige Piloten mehr die AUA verlassen werden.

Kommentar zu Abfertigungen

Die damit verbundenen hohen Abfertigungen im ersten Jahr wollte der Vorstand weder beziffern noch den 45 Mio. an Personalkosteneinsparungen gegenübergestellt wissen. Einmalaufwendungen für Abfertigungen und weitere Folgekosten des Betriebsübertrags auf die Tyrolean würden auf zehn Jahre durchgerechnet.

Dass tatsächlich bis zu 300 Piloten gehen könnten, glaubt der Vorstand nicht. Albrecht ist schon über die vollzogenen 40 Abgänge „nicht glücklich“, wie er sagte. „Wir hätten gehofft, dass jeder einzelne mitgeht, aber wir respektieren die Entscheidungen.“

Vorstand lobt Bodenpersonal

Anders als mit dem AUA-Bord-Betriebsrat gab es laut Vorstand im Arbeitspaket Modernisierung der Kollektivverträge mit dem Betriebsrat Boden und der GPA Einigung. Teil dieser Einigung sei eine Nulllohnrunde für 2013 und eine Verständigung über den Ausstieg aus dem bestehenden Pensionskassenmodell.

AUA-Chef Albrecht sprach am Donnerstag ausdrücklich von „wichtigen Unterschriften“ von der Boden-Belegschaftsvertretung und der Gewerkschaft GPA. Von der Teilbetriebsübertragung auf Tyrolean ist nur das AUA-Bordpersonal betroffen.

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