Themenüberblick

Europa und seine Piratenparteien

Stärkung der Bürgerrechte, mehr direkte Demokratie und Mitbestimmung: Das haben sich die Piratengruppierungen auf ihre Fahnen geschrieben, die es mittlerweile in mehr als 15 Ländern in Europa, darunter auch Österreich, gibt. Im „Geburtsland“ der Piratenpartei, Schweden, ist die Gruppierung schon fast wieder pulverisiert.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.

Schweden und Frankreich waren in Europa die ersten Länder, in denen 2006 Piratenparteien gegründet wurden. In Schweden erreichte man 2009 bei der Europawahl auf Anhieb 7,1 Prozent der Stimmen und schickte zwei Abgeordnete ins EU-Parlament.

Mittlerweile ist die Partei, wie der schwedische Wahlforscher Mikkael Persson von der Universität Göteborg jüngst von der „Süddeutschen Zeitung“ zitiert wurde, auf einer „Größe“ angekommen, die kaum noch messbar sei.

Die Debatte über The Pirate Bay

Die schwedischen Piraten werden oft in einem Atemzug mit dem Rechtsstreit gegen die schwedische Filesharing-Plattform The Pirate Bay genannt. Damals ging es um ein zentrales Thema der Piraten: die unter dem Deckmantel des Urheberrechtsschutzes ausgehöhlten Bürgerrechte. Das Urteil gegen das BitTorrent-Portal Pirate Bay ließ die Mitgliederzahl der Partei 2009 von 15.000 auf 40.000 steigen.

Doch viele, die damals aus Protest gegen das IPRED-Gesetz (Intellectual Property Rights Enforcement Directive, einer EU-Richtlinie zum Schutze immaterieller Rechte), das gegen Filesharing und Lizenzverstöße greifen soll, auf die Seite der Piraten zogen, erneuerten ihre Mitgliedschaft nicht mehr.

Starke Piratenmacht in Deutschland

Am stärksten sind die Piraten zurzeit in Deutschland, wo die Partei rund 30.000 Mitglieder zählt und bereits 19 Landtagsabgeordnete (Berlin, Saarland) stellt und mittlerweile 168 kommunale Mandate innehat. In Deutschland ist in absehbarer Zeit auch der größte Zuwachs neuer Mandate auf der Piratenseite zu erwarten.

Das Programm der Piratenpartei in Deutschland war zunächst stark von Internetthemen geprägt. So verlangen die Piraten eine Reform des ihrer Ansicht nach antiquierten Urheberrechts und die Legalisierung von privaten Kopien. Außerdem fordern sie die Abkehr vom „Prinzip der Geheimhaltung“ in der Politik. Dabei spielt auch der Einsatz von webbasierten Werkzeugen wie „Liquid Feedback“ eine große Rolle, die eine stärkere Transparenz herstellen sollen. Weiterhin soll nach dem Willen der Piraten das Recht des Einzelnen gestärkt werden, die Nutzung seiner persönlichen Daten zu kontrollieren.

Doch spätestens seit dem Parteitag in Offenbach im Dezember 2011 umfasst das Programm der Piratenpartei ein größeres Themenbündel jenseits der Netzgesellschaft. Nach heftiger Debatte nahm der Parteitag mit Zweidrittelmehrheit das sozialpolitische Modell eines bedingungslosen Grundeinkommens (BGE) ins Programm auf.

Links: