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Millionendeal mit US-Verlag

Seit „Eat, Pray, Love“ hat unter den Frauen in den USA und Großbritannien kein Buch mehr für so viel Aufregung gesorgt wie der Erotikroman „Fifty Shades of Grey“. Von einer fast unbekannten britischen Autorin als E-Book-Roman verfasst, schnellte er innerhalb kürzester Zeit auf die Bestsellerlisten von Amazon und „New York Times“. Ein US-Verlag kaufte nun die Rechte für eine siebenstellige Summe.

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Es geht um Liebe, Herzklopfen und - Sex. Und gerade die expliziten Schilderungen der erotischen Zusammentreffen zwischen der schüchternen Studentin Ana Steele und dem „jungen, erfolgreichen Unternehmer“ Christian Grey sind das Erfolgsgeheimnis der bis dato drei Romane aus der „Fifty Shades of Grey“-Reihe. Seit den „Twilight“-Erfolgen ist offensichtlich, dass der Markt für Romanzen bei weitem nicht gesättigt ist - und eine britische Autorin hat genau den Nerv der Zeit getroffen.

Vom „Twilight“-Fan zur Erfolgsautorin

Von der Autorin ist bisher nur wenig bekannt. Sie schreibt unter dem Namen E. L. James, ist Mutter von zwei Kindern und arbeitete in London als TV-Angestellte, wie sie auf ihrer Homepage verrät. Seit Jänner widmet sie sich ganz und gar dem Schreiben von semierotischer Literatur. Aus Fangeschichten rund um die „Twilight“-Serie von Stephanie Meyers entstand auch ihr Hauptakteur Christian Grey und seiner Affinität zu Peitschen, Fesseln und Handschellen.

Buchcovers von "Fifty Shades of Grey"

The Writer's Coffee Shop

E-Book-Hinweis

E. L. James: Fifty Shades of Grey. Erster Teil der Trilogie. Kindle, 382 Seiten, 8,76 Euro.

In gedruckter Form wurden die drei Bücher bisher nur von einem kleinen australischen Onlineverlagshaus in einer verschwindend geringen Auflage aufgelegt. Doch der eigentliche Erfolg passierte online. Als E-Book-Version schoss „Fifty Shades of Gray“ auf den Spitzenplatz der „New York Times“-Bestsellerliste und war bei Amazon als Nummer drei gereiht.

Siebenstelliger Betrag für Rechte

Und mit dem Erfolg setzte auch der Kampf der großen Buchverlage um die Rechte ein. Die Nase vorne hatte letztlich Vintage Books, wie die „New York Times“ („NYT“)berichtete. Die Tochter der Knopf Doubleday Publishing Group, die in den USA für ihre ausgewiesen intellektuellen Produktpalette bekannt ist, erwarb am Montag für einen kolportierten siebenstelligen Betrag die Rechte für die drei Bücher und wird sie in den nächsten Tagen sowohl in einer neuen E-Book-Version als auch als Taschenbuch neu herausbringen.

Anne Messitte, Verlegerin bei Vintage, rechtfertigt den überraschenden Millionendeal damit, dass diese Bücher mehr als nur ein Genre abdecken. „Menschen, die diese Bücher lesen, lesen nicht nur Romanzen. Es geht weit darüber hinaus.“ In der Branche würden die Bücher längst in einem Atemzug mit „Das Sakrileg“ und „Eat, Pray, Love“ genannt.

James ließ über ihre Agentin Valerie Hoskins ausrichten, dass sie von dem Erfolg „überwältigt“ sei. „Ich habe von so vielen Lesern gehört, die versucht haben, die Bücher in ihren lokalen Buchhandlungen zu bekommen. Es ist erfreulich, dass es bald überall erhältlich sein wird“, zitiert BBC News Online aus einem Statement von James. Derzeit verhandelt Hoskins zudem mit Hollywood wegen der Filmrechte.

Anonymer Lesegenuss

Doch der eigentliche Erfolg dürfte weniger der packenden Geschichte noch der gut herausgearbeiteten Charaktere geschuldet sein, sondern vielmehr der Tatsache, dass sich dank E-Books die erotischen Bücher überall und völlig anonym lesen lassen. Dieser Tatsache ist sich auch James’ Agentin, Hoskins, bewusst: „Kindles und iPads haben auch den Lesern einen gewissen Grad an Anonymität gebracht, die sich in der Vergangenheit gescheut hätten, diese Art von Büchern in der Hand zu nehmen.“

„Entfacht wieder Feuer in Beziehungen“

Die im englischen etwas abfällig als „Mommy Porn“ bezeichneten Bücher wurden bisher 250.000-mal heruntergeladen. „Frauen finden es okay, diese Art der Bücher zu lesen“, zitiert „NYT“ eine Leserin, die lieber anonym bleiben will. „Für Frauen ist es ein Tabu, zuzugeben, dass sie sich Pornographie ansehen, aber aus irgendeinem Grund ist es für sie okay, zuzugeben, dass sie dieses Buch lesen.“ Und auch Lyss Stern, die Gründerin des Mütternetzwerks Divamoms.com, kommt gar nicht mehr aus dem Schwärmen heraus: „Es entfacht wieder Feuer in vielen Beziehungen. Man fühlt sich wieder sexy, wenn man dieses Buch liest.“

„Der Typ ist manchmal nur widerlich“

Aber „Fifty Shades of Grey“ weckt nicht nur Begeisterung. Kritiker haben das Buch für seine Schilderung von Gewalt und dem antiquierten Frauenbild völlig verrissen. „Ich finde es faszinierend, wie viele erfolgreiche, motivierte und gebildete Frauen sagen, dass dieses Buch das Beste ist, das sie jemals gelesen haben“, sagt die 38-jährige Anwältin Meg Lazarus gegenüber „NYT“. „Ich verstehe das einfach nicht. Da handelt von so viel Gewalt, und der Typ ist manchmal einfach nur widerlich.“

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