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„Eindeutig proeuropäische Regierung“

Die sozialdemokratische Opposition hat die vorgezogene Parlamentswahl in der Slowakei am Samstag deutlich gewonnen und wird damit die bisher regierende Mitte-rechts-Koalition ablösen. Mit knapp 45 Prozent der Stimmen erreichte die Partei Smer des früheren Ministerpräsidenten Robert Fico nach dem am Sonntag veröffentlichten vorläufigen Ergebnis eine absolute Mehrheit der Sitze im Parlament.

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Die Neuwahl war notwendig geworden, da die christlich-liberale Ministerpräsidentin Iveta Radicova eine Abstimmung über den Euro-Rettungsschirm EFSF im letzten Herbst mit der Vertrauensfrage verbunden und verloren hatte. Erst mit den Stimmen der bisher von Fico geführten europafreundlichen Opposition konnte dann doch ein Ja zur EFSF-Erweiterung erreicht werden. Radicova kandidierte nicht mehr.

Slowakischer Politiker Robert Fico

Reuters/Radovan Stoklasa

Fico galt als Favorit

Fico versprach als designierter neuer Regierungschef, er werde eine „eindeutig proeuropäische Regierung“ bilden. Dafür wolle er alle Parteien, die die Hürde für den Einzug ins Parlament geschafft hätten, zu einem runden Tisch einladen. Im Unterschied zur bisherigen Mitte-rechts-Koalition hatte Fico stets eine Beteiligung der Slowakei am Euro-Rettungsschirm befürwortet.

Sparkurs angekündigt

Die Mitte-links-Partei bekannte sich auch zum Ziel einer Haushaltskonsolidierung. Fico sagte am Sonntag, er werde als neuer Regierungschef Maßnahmen einleiten, die das Land auf Sparkurs halten und die Euro-Zone stärken. „Die Europäische Union kann sich auf die Smer verlassen.“

Nach Auszählung von 98 Prozent der Wahlbezirke erreichte Ficos Partei 44,8 Prozent der Stimmen. Damit würde sie 84 der 150 Sitze im Parlament erhalten. Das wäre seit Beginn der slowakischen Unabhängigkeit vor 19 Jahren das stärkste Ergebnis einer einzelnen Partei in dem 5,4 Millionen Einwohner zählenden Land.

Eine dramatische Niederlage erlitt die konservative, langjährige Regierungspartei SDKU mit ihrem Spitzenkandidaten Mikulas Dzurinda. Ihr Stimmenanteil brach auf 5,9 Prozent - nur noch ein Drittel des Resultats der vorigen Wahl im Jahr 2010 - ein. Doch damit schafft die von Korruptionsvorwürfen erschütterte SDKU immerhin noch den Sprung über die Fünfprozentmarke und damit den Einzug ins Parlament, um den sie nach den Umfragen zuletzt hatte bangen müssen.

„Gorilla“-Affäre überschattete Wahl

Die SDKU und andere konservative Parteien bekamen bei der Wahl offensichtlich die Quittung für einen weitreichenden Korruptionsskandal, der den Wahlkampf überschattete. In der sogenannten „Gorilla“-Affäre geht es um dubiose Verbindungen zwischen führenden Politikern der Slowakei und dem in Bratislava ansässigen Investmentfonds Penta. Auslöser war ein angebliches Geheimdienstprotokoll mit dem Codenamen „Gorilla“, das Schmiergeldzahlungen an Politiker im Zuge von Privatisierungen in den Jahren 2005 und 2006 in Millionenhöhe belegen soll.

Slowakische Ministerpräsidentin Iveta Radicova

Reuters

Radicova hatte angekündigt, die Politik nach der Wahl zu verlassen

Ans Licht kam der Skandal im Dezember durch anonym ins Internet gestellte Abhörprotokolle des slowakischen Geheimdienstes von Gesprächen zwischen Politikern und Penta-Managern. Durch die Affäre entstand eine Protestbewegung. Zehntausende Menschen gingen im ganzen Land auf die Straße. Noch am Freitagabend hatte es kleinere Ausschreitungen bei Demonstrationen gegeben. Die Polizei setzte dabei Tränengas ein.

„Wichtigste Wahl seit 1990“

Präsident Ivan Gasparovic bezeichnete den Urnengang bei seiner Stimmabgabe in Bratislava als wichtigste Wahl seit den ersten freien Wahlen in der damaligen Tschechoslowakei 1990. Die künftige Regierung werde sehr verantwortungsvolle Entscheidungen in Beziehung zur EU in sozialen und wirtschaftlichen Fragen fällen müssen.

„Die Politiker, die in der künftigen Regierung sitzen werden, haben vielleicht jetzt noch nicht realisiert, dass die Slowakei 2014 eine wichtige Rolle innehaben wird - sie wird die EU-Präsidentschaft halten“, so Gasparovic.

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