„Somewhere over the Rainbow“ für Wulff
Knapp drei Wochen nach seinem Rücktritt wird der ehemalige deutsche Bundespräsident Christian Wulff nun am Abend mit einem militärischen Zeremoniell verabschiedet. Der Große Zapfenstreich wurde jedoch im Vorfeld von einer regelrechten Welle an prominenten Absagen überschattet. Eine Facebook-Gruppe rief zu akustischen Unmutsäußerungen mit Vuvuzelas auf.
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Schon zu Beginn der Zeremonie war ein regelrechtes Konzert der Vuvuzelas zu hören. „Vuvuzelas für Wulff zum Zapfenstreich“ nennt sich die Gruppe, die dazu aufrief, Wulffs feierliche Verabschiedung mit dem wenig feierlichen Klang von Vuvuzelas zu begleiten. Über das Internet wurde dazu aufgerufen, am Donnerstag vor dem Schloss Bellevue in Berlin zu erscheinen und dann mehr als eine Stunde lang die seit der Fußball-Weltmeisterschaft in Südafrika 2010 bekannten Lärminstrumente anzustimmen.

dapd/Steffi Loos
Vuvuzelas sind mittlerweile gängiges Accessoire bei Demonstrationen
Laut Polizei demonstrierten rund 250 Menschen gegen die Zeremonie. Das Schloss Bellevue war zwar weiträumig abgesperrt, die von den Demonstranten eingesetzten Vuvuzelas waren allerdings auf dem Festgelände noch gut zu hören. „Es war laut und friedlich“, sagte eine Polizeisprecherin der dpa. Während der Amtszeit von Wulff waren mehrmals mehrere hundert Demonstranten vor das Schloss Bellevue gezogen und hatten unter anderem mit hochgehaltenen Schuhen den damaligen Bundespräsidenten zum Rücktritt aufgefordert.
Blogger hatte Idee
Für das Vuvuzela-Getröte war eine eigene Facebook-Seite eingerichtet worden. Sie führte ein Programm mit „langsamem Anblasen“ und „würdevollem Unterblasen des Fackelzuges“ auf. Die erste Idee zu der Aktion kam von dem Journalisten und Blogger Mario Sixtus, der im Kurznachrichtendienst Twitter schrieb: „Ich könnte mir vorstellen, dass viele Bürger dieses musikalische Ereignis mit ihren Vuvuzelas unterstützen wollen.“
Etwas später schrieb er, es sei doch verständlich, dass in einem demokratischen Land das Volk dem Ex-Präsidenten „gerne den Marsch blasen würde“. Er könne sich außerdem dafür begeistern, Wulff den Wunsch zu erfüllen, das Lied „Somewhere Over The Rainbow“ zu tröten, so der Tenor der Twitter-Postings. Das ist als Anspielung auf die offizielle „Setlist“ für den Zapfenstreich zu verstehen, wo neben Ludwig van Beethovens Ode „An die Freude“ auf Wunsch Wulffs von der Militärmusik auch jener seit den 30er Jahren weltbekannte Harold-Arlen-Klassiker gespielt wird.

dapd/Axel Schmidt
Die Militärmusik muss sich bei Wulffs Abschied mit Vuvuzela-Getröte messen
Unzählige prominente Absagen
Zum Zapfenstreich wurden laut offiziellen Angaben rund 200 Gäste erwartet, darunter Repräsentanten der Verfassungsorgane, Familienangehörige und Wegbegleiter Wulffs sowie Vertreter des Verteidigungsministeriums und der Bundeswehr, wie es auf der Website des Bundespräsidenten heißt. Zudem werden 300 Soldaten Spalier stehen.
Im Vorfeld hatte es bereits prominente Absagen gehagelt: So wird keiner von Wulffs Vorgängern anwesend sein. Auch der designierte Nachfolger Joachim Gauck wird fehlen. Die Partei- und Fraktionsspitzen von Regierungskoalition und Opposition waren zu der Zeremonie erst gar nicht eingeladen worden, wohl aber das Bundestagspräsidium.
Aber auch die Bundestagsvizepräsidenten Wolfgang Thierse (SPD) und Katrin Göring-Eckardt (Grüne) bleiben dem Großen Zapfenstreich fern. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), die keine Rede halten wird, und der Großteil ihres Kabinetts wollen der Verabschiedung beiwohnen.
Opposition forderte Absage
Die Opposition hatte Wulff bis zuletzt aufgefordert, wegen der Umstände seines Rücktritts auf die Zeremonie zu verzichten. Zusätzliche Brisanz erhielt die Debatte aufgrund des von Wulff ausgeschlagenen Verzichts auf den Ehrensold, also das Ruhegehalt des deutschen Bundespräsidenten, und ein Büro inklusive Mitarbeiterstab und Dienstwagen.
Wulff war am 17. Februar zurückgetreten, nachdem die Staatsanwaltschaft Ermittlungen wegen des Verdachts der Vorteilsnahme aufgenommen hatte. Nach dem damit bereits zweiten Rücktritt eines Bundespräsidenten in zwei Jahren wird der Ruf nach einer direkten Wahl des Staatsoberhaupts immer lauter.
Umfrage: 44 Prozent sehen Amt beschädigt
Laut einer Umfrage würden 80 Prozent der Deutschen eine entsprechende Forderung unterstützen. Fast die Hälfte der Befragten sehen das Amt des Bundespräsidenten durch die Affäre Wulff dauerhaft beschädigt. 44 Prozent sind dieser Ansicht, 47 Prozent glauben nicht an einen bleibenden Schaden. Der voraussichtliche künftige Präsident Gauck kann dennoch mit viel Unterstützung rechnen.
Für Wulff gibt es nach Ansicht einer großen Mehrheit keinen Weg zurück in die Politik. 73 Prozent der Befragten meinen, für ihn werde es keine Rückkehr in ein politisches Amt geben. Lediglich 15 Prozent halten ein Comeback für möglich.
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