ÖVP will dritte Säule neu aufsetzen
Als im Jahr 2003 die staatlich geförderte Privatpension unter dem klingenden Namen Zukunftsvorsorge eingeführt wurde, wurde sie als sichere dritte Säule zur sorgenfreien Altersvorsorge angepriesen. Zehn Jahre später entpuppt sich das Erfolgsprodukt als „Rohrkrepierer“. Die Regierung sucht nun nach attraktiven Alternativen.
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„Die dritte Säule, also die private Altersvorsorge, ist ein wichtiges Element. Zumal wir davon ausgehen können, dass die erste Säule, also die staatliche Pension, in Zukunft nicht unbedingt größer werden wird“, sagte ÖVP-Chef Michael Spindelegger am Wochenende gegenüber der „Kronen Zeitung“.
Fekter auf der Suche nach Alternativen
Deshalb habe er Finanzministerin Maria Fekter (ÖVP) beauftragt, „alternative Modelle“ zu entwickeln, um die private und betriebliche Altersvorsorge weiterhin attraktiv zu gestalten. Keinen Änderungsbedarf sieht der Vizekanzler für die ebenfalls mit Einschnitten konfrontierten Bausparkassen. „Die Vorschläge beziehen sich primär auf die zweite und dritte Säule der Altersvorsorge“, bestätigte der Sprecher von Spindelegger, Thomas Schmid, am Montag auf APA-Anfrage.
Die Zukunftsvorsorge
Die staatlich geförderte Zukunftsvorsorge wurde 2003 unter dem damaligen Finanzminister Karl-Heinz Grasser eingeführt. Auch um die Wiener Börse zu beleben, denn zunächst 40 (später 30) Prozent der gesamten Summe muss in Aktien investiert werden. Das erwies sich während der Finanzkrise als verheerend. Auch heute sind die Renditen immer noch bescheiden, die Kosten wenig transparent wie die AK kritisiert.
Eine Verbesserung der bisherigen Angebote soll durch steuerliche Anreize und durch Veränderungen bei den Auflagen erreicht werden, schreibt die „Krone“ weiter. Ein Ergebnis sei noch für heuer angedacht, so Spindelegger, auch wenn er von schwierigen Verhandlungen mit dem Koalitionspartner ausgehe.
SPÖ sieht ÖVP-Vorstoß positiv
Doch so schwierig dürften die Gespräche dann doch nicht werden. SPÖ-Finanzstaatssekretär Andreas Schieder zeigte sich nämlich überraschend angetan von dem ÖVP-Vorstoß und hatte bereits einen konkreten Vorschlag in petto: Er könne sich eine Orientierung an den Lebensversicherungen vorstellen, so Schieder. Dadurch wäre es auch einfacher, staatliche Anreize zu schaffen. „Es ist ja schon länger klar, dass die zweite und dritte Säule nur mäßig funktioniert“, sagte der Finanzstaatssekretär am Dienstag vor dem Ministerrat. Wie Änderungen im Detail aussehen könnten, müsse man sich erst ansehen.
Blecha: „Staatliche Prämien ganz abschaffen“
Und auch Karl Blecha, der mächtige Präsident des SPÖ-Seniorenrates und Pensionistenverbandes, sieht hier Handlungsbedarf: „Besser wäre es gewesen, die staatliche Prämie für die ‚drittklassige Grasser-Rente‘ komplett zu streichen und die Versicherungen aufzurufen, ein attraktiveres Modell zu entwickeln, welches ohne staatliche Prämien garantierte Erträge bringt“, so Blecha.
„Die Privatpensionsverträge liefern schlechtere Erträge als ein normales Sparbuch“, sagte Blecha. Den jungen Menschen sei jahrelang Sand in die Augen gestreut worden, indem ihnen Horrorgeschichten über das angeblich so unsichere staatliche Pensionssystem erzählt wurden, nur damit die Versicherungen zu ihren Abschlüssen kommen, kritisierte Blecha am Montag.
Vorsorge nach dem Vorbild Lebensversicherung
Der betroffenen Versicherungswirtschaft (90 Prozent der Zukunftsvorsorgeverträge laufen bei Versicherungen) kann die Diskussion nur recht sein. Denn auch dort hat man Interesse, die Zukunftsvorsorge auf neue Beine zu stellen und sich dabei an der klassischen Lebensversicherung zu orientieren. Entsprechende Ideen habe die Branche im Rahmen der Gespräche über das Sparpaket vorgelegt, die Politik habe diese aber nicht aufgegriffen, sagte der Chef der Vienna Insurance Group (VIG), Günter Geyer, am Dienstag zur APA.
Das Geld soll wie bei einer Lebensversicherung veranlagt werden - nur mit einer Förderung bzw. mit Befreiung von der Versicherungssteuer. Diese Förderung sollte aber nur dann wirken, wenn das veranlagte Geld als Pension ausbezahlt wird. Es gäbe also keine staatliche Unterstützung, wenn sich jemand alles zu einem Stichtag ausbezahlen lässt, skizzierte Geyer seinen Ansatz.
Harte AK-Kritik an Zukunftsvorsorge
Doch auch wenn erste Ideen über eine neue Privatvorsorge bereits kurieren, Fakt ist, dass derzeit 1,5 Millionen Österreicher in die derzeitige Zukunftsvorsorge einzahlen. „Für diese Menschen schaut es jetzt schlecht aus“, erklärt Manfred Neubauer, Konsumentenberater der Arbeiterkammer Niederösterreich (AKNÖ). „Geringere staatliche Förderung, schlechte Resultate und geringe Sicherheit - das ist keine gute Kombination.“
Forderung nach Aufhebung der Bindefrist
Auch die Kapitalgarantie ist in den Augen der Konsumentenschützer wenig wert. „Wenn jemand heute 10.000 Euro einzahlt und nach 25 Jahren 10.000 Euro rausbekommt, entspricht das bei einer durchschnittlichen Jahresinflation einem Kaufwert von heute 6.000 Euro“, rechnet Neubauer vor. Ein Ausstieg ist derzeit erst nach zehn Jahren möglich, aufgrund der Förderungskürzungen fordert die AKNÖ eine Aufhebung der Bindefrist. „Bei Lebensversicherungen gibt es eine jährliche Kündbarkeit, warum soll das nicht auch hier gelten?“
2013 endet für die ersten Bezieher die Bindefrist. Ihnen rät Neubauer bei vorhandener Kapitalgarantie zum Ausstieg und zu anderen Alternativen wie zum Beispiel einer freiwilligen ASVG-Höherversicherung. Völlig abraten von der dritten Säule wie Pensions- oder Lebensversicherung will der Konsumentenberater jedoch nicht. „Doch eine gute Variante ist immer noch schuldenfrei in die Pension gehen“, so Neubauer gegenüber ORF.at
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