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„Heil Kortzfleisch!“

Schon im Vorfeld ist der finnische Berlinale-Beitrag „Iron Sky“ als potenzieller Festivalskandal gehypt worden. Tatsächlich spaltet der Film bei seiner Premiere sowohl Publikum als auch Presse. Zwischen „gelungenem Trash“ und „langweiligem Klamauk“ pendelte die Kritik zu dem Science-Fiction-Nazi-Film.

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Bilder und Videos der Rückseite des Mondes sind bekannt: Zu sehen ist darauf eine faszinierende Kraterlandschaft - zur Enttäuschung von Verschwörungstheoretikern und Alien-Fans jedoch keinerlei Spuren von Lebewesen. In „Iron Sky“ spielt sich auf der erdabgewandten Seite des Mondes jedoch so einiges ab.

Laut Definition seiner Macher handelt es sich bei „Iron Sky“ um eine „auf absurder Handlung basierende, satirische Action-Komödie“. Die Zusammenfassung dieser Handlung liest sich entsprechend: Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs hat sich eine elitäre Restgruppe von Nazis mit Hilfe einer geheimnisvollen Antigravitationstechnologie auf die Rückseite des Mondes geflüchtet.

Udo Kier in "Iron Sky"

Blind Spot

Auf der Rückseite des Mondes tummeln sich die Nazis

Auf der in Albert-Speer-Manier gestalteten Basis „Schwarze Sonne“ planen sie unter der Führung von Hitler-Nachfolger Wolfgang Kortzfleisch (Udo Kier) ihre Rückkehr auf die Erde und deren Eroberung. Kurz vor dem geplanten Start der Invasionsflotte mit dem Flaggschiff „Götterdämmerung“ werden sie jedoch von einer US-Mission entdeckt. Ein Wettlauf mit der Zeit beginnt.

Parodie auf Nazi-Mythen

Zur Ausgestaltung des Films bediente sich Regisseur Timo Vuorensola an zahlreichen Motiven aus der Filmgeschichte und parodiert Nazi-Mythen. So verzweifelt Kortzfleisch laufend daran, dass sich sein Volk nicht und nicht vom Hitler-Gruß lösen will - man kann sich einfach nicht daran gewöhnen „Heil Kortzfleisch“ zu brüllen.

Der Erwartungsdruck war hoch, kursierten Trailer und Inhaltsangaben zu „Iron Sky“ doch bereits seit zwei Jahren durchs Internet. Bei der Berlinale wurde der Film allerdings durchwegs kontrovers aufgenommen.

Stephanie Paul in "Iron Sky"

Blind Spot

Die USA werden in „Iron Sky“ von einer Sarah-Palin-Karikatur (Stephanie Paul) regiert

Zwiegespaltene Presse

„Kryptofaschistischer Weltraumschrott“ titelte etwa die „Zeit“ - und beschrieb den Film enttäuscht als „langweilig, platt und mutlos“. Der „Spiegel“ hingegen ortet „ganz großes Trashvergnügen“ und attestiert „Iron Sky“, „selbst die verstocktesten Cineasten und die nüchternsten Moralprediger zum Lachen zu bringen“, auch jene „anachronistischen Menschen, denen es in diesem Leben nie und nimmer einfallen wird, sich zur Spezies der Nerds zählen zu wollen“.

Ihr erster Streich, die Raumschiff-Enterprise-Parodie „Star Wreck - In The Pirkinning“, war via virtuelle Mundpropaganda und mit dem Nachhelfen von einzelnen Medien ein Sensationserfolg im Internet. Bis zu 100.000 Zugriffe soll der gratis über das Internet verbreitete Eigenbaufilm eines Häufleins von Enthusiasten rund um den finnischen Science-Fiction-Freak Samuli Torssonen (30) verzeichnet haben. Mit „Iron Sky“ legten Torssonen und seine Mitstreiter noch ein Schäuferl nach. Eigentlich hätte der Film zum 40-Jahr-Jubiläum der Mondlandung 2009 fertiggestellt werden sollen - doch der Termin hielt, hauptsächlich aus finanziellen Gründen, nicht.

Am Filmset von "Iron Sky"

Blind Spot

Trotz durchwachsener Kritik gab es vor allem für die Spezialeffekte viel Lob der Presse

Vorreiter durch Crowd-Funding

Anders als die aus eigener Tasche in siebenjähriger Hobbyarbeit erstellte Vorgängerarbeit „Star Wreck“ ist „Iron Sky“ ein beinahe herkömmliches kommerzielles Unterfangen. Torssonen und sein Team haben eine eigene Produktionsfirma gegründet, die bereits mit Spezialeffekten für andere Projekte Geld macht. Das Gesamtbudget des Films liegt bei rund 7,5 Mio. Euro. Gut eine Mio. Euro wurde dabei mittels Crowd-Funding im Internet organisiert. Fans, die sich so an der Finanzierung beteiligten, erhielten Einblicke in die Produktion und konnten selbst auch Ideen zum Drehbuch beisteuern. Für die „Welt“ ist „Iron Sky“ dadurch ein potenzieller Vorreiter für künftige Filmfinanzierung und -vermarktung, solange man „den Geschmack der Masse trifft“.

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