Ständig droht der Sparstift
Die Zahl der Patentgesuche ist 2010 weltweit um 7,2 Prozent gestiegen. Laut der Weltorganisation für geistiges Eigentum (World Intellectual Property Organization, WIPO) war es das stärkste Wachstum seit fünf Jahren. Das zeigt, dass die Unternehmen offenbar doch nicht nur pessimistisch in die Zukunft blicken.
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Der Prozentsatz überstieg den des globalen Wirtschaftswachstums (knapp über fünf Prozent) deutlich, wie WIPO-Generalsekretär Francis Gurry hervorstrich. In Europa lag der Wert noch stärker über dem der durchschnittlichen Konjunkturentwicklung.
2009, auf dem Höhepunkt der globalen Finanz- und Wirtschaftskrise, war die Anzahl der Patentgesuche um 3,6 Prozent zurückgegangen. Nach der Trendwende 2010 ergab sich mit 1,98 Mio. Patenten nun ein neuer Rekord. Einen solchen gab es auch bei der Anmeldung von Marken: Deren Zahl stieg um 11,8 Prozent auf 3,66 Millionen. Vier Fünftel aller Gesuche wurden in den USA und China gestellt.
Forschen auf dünnem Eis
Die WIPO sieht darin einen deutlich positiven Trend: Die Unternehmen würden weiter in Forschung und Entwicklung investieren und erfinden, was neue Stellen schaffe, sobald sich die derzeitigen gesamtwirtschaftlichen Turbulenzen wieder legten, so Gurry im Vorwort des am Dienstag veröffentlichten „2011 World Intellectual Property Indicators Report“.
Sollten sich die Aussichten aber kurzfristig stark eintrüben, könnten die Firmen die Investitionen - „wie das im Jahr 2009 der Fall war“ - wieder zurückfahren. Forschung und Entwicklung (F&E) ist einer der Bereiche, bei denen der Sparstift im Fall des Falles recht rasch angesetzt wird, da er zumeist kostenintensiv ist und es mitunter lange dauert, bis sich Erträge einstellen.
Fast ein Viertel mehr Patente in China
In den USA gingen im Vorjahr 7,5 Prozent mehr und mit gut 490.000 die meisten Patentanträge ein. Zwei Jahre lang hatte es dort keinen Zuwachs gegeben. In China betrug das Plus 2010 24,3 Prozent und war relativ gesehen das stärkste. Die Gesamtzahl von 391.000 Gesuchen übertraf erstmals die in Japan angemeldeten Patente (344.600). Dahinter folgen Südkorea (170.000), die EU (151.000), Russland (42.500) und Kanada (35.000). Zuwächse im zweistelligen Prozentbereich gab es laut WIPO auch in Malaysia, auf den Philippinen, in der Ukraine und in Vietnam.
Deutlicher Wandel erkennbar
Im Fall Chinas zeigt sich anhand dieser Zahlen auch der deutliche Wandel im wirtschaftlichen Selbstverständnis des Landes. Früher galt die Volksrepublik als Billig- und Massenfertigungsland für technisch wenig anspruchsvolle Güter und außerdem als globales Epizentrum für Plagiate. Heute ist China, etwa im Bereich „grüne Energie“, technologisch bereits weit vorne dabei.
In den Zahlen spiegelt sich laut WIPO auch wider, dass China im vergangenen Jahr Japan als zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt (nach den USA, Anm.) ablöste. Bei der Zahl der Markenanmeldungen machte der Anteil der Volksrepublik im Vorjahr laut WIPO rund 60 Prozent aus. Nach Branchen waren die Informatik, der Elektromaschinenbau, die audiovisuelle Technologien und die Medizintechnik die innovativsten. In Belgien, Indien und der Schweiz lag der Fokus auf Pharmaprodukten. Im Bereich Industriedesign lag wiederum China mit einer Steigerungsrate von über 80 Prozent weit vorne.
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