„Die Situation ist schrecklich“
Seit sechs Tagen steht die syrische Rebellenhochburg Homs unter Dauerbeschuss durch Regierungstruppen. Menschenrechtler berichten jeden Tag von Dutzenden Toten. Allein am Donnerstag sollen 107 Menschen getötet worden sein. Der Westen steht dem offenbar hilflos gegenüber, solange Russland sein Veto im UNO-Sicherheitsrat aufrechterhält.
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„Raketen regnen heute ununterbrochen auf Bab Amr (Stadteil von Homs, Anm.)“, sagte der Aktivist Omar Schaker gegenüber der Nachrichtenagentur AP. In den von den Bombardierungen betroffenen Häusern befänden sich zahlreiche verkohlte Leichen. Ein weiterer Aktivist sagte, Homs sei inzwischen eine Geisterstadt. Die Aufständischen seien mit ihren Handfeuerwaffen den „Raketen des Regimes“ unterlegen.

AP
Rebellen in Homs
„Die Situation ist schrecklich. Wir haben kaum noch Essen, Wasser und Medikamente. Ärzte sind zusammengebrochen, nachdem sie fünf Tage ohne Unterbrechung Verwundete versorgt hatten“, schildert Schaker die Lage in Homs. Und in Richtung des russischen Außenministers Sergej Lawrow sagte er: „Wir wollen, dass Lawrow kommt und eine Nacht in Homs verbringt, um zu sehen, was wir hier durchmachen.“

Reuters/Murad Sezer
Rund 10.000 Syrer flohen über die Grenze in die Türkei
Moskau macht Westen verantwortlich
Der Ärger der syrischen Aufständischen gegen das russische Veto gegen Maßnahmen der internationalen Staategemeinschaft wächst. Trotz der wachsenden Gewalt hält der Kreml an seiner Blockadehaltung fest. Abgeordnete im Unterhaus des russischen Parlaments diskutierten Freitagfrüh die Lage in Syrien in einer Sitzung und bekräftigten ihre Vorbehalte gegen eine militärische Intervention noch einmal. Vielmehr wurde dem Westen und den arabischen Länder vorgeworfen, einen Regimewechsel in Syrien erzwingen zu wollen.
Alexej Puschkow, Chef des Außenkomitees der Duma, bekräftigte, dass Russland strikt gegen „Operationen zum Vorantreiben der Demokratie“ sei. Gemeinsam mit China hat Moskau bisher eine UNO-Resolution gegen Syrien blockiert. Alle Aufforderungen des Westens, die Blockadehaltung aufzugeben, blieben ungehört.
Obama: „Blutvergießen“ muss enden
Mehrere Länder erhöhten mittlerweile den Druck auf die syrische Regierung. Deutschland wies am Donnerstag vier Mitarbeiter der syrischen Botschaft in Berlin aus, nachdem zuvor zwei mutmaßliche syrische Spione festgenommen worden waren. US-Präsident Barack Obama bezeichnete die Gewalt in Syrien als „schockierend“. Nach einem Treffen mit dem italienischen Regierungschef Mario Monti am Donnerstag in Washington sagte Obama, dem „Blutvergießen“ müsse ein Ende gesetzt werden. Die Türkei warnte vor einem Bürgerkrieg.
„Scharfschützen auf allen Dächern“
In Homs ist der Krieg schon angekommen. „Auf allen Dächern in Bab Amr sind Scharfschützen“, berichtete Abu Mohammed Ibrahim der AP am Telefon direkt aus dem Stadtteil. „Auf alles, was sich bewegt, sogar Vögel, wird gezielt. Das Leben ist damit komplett zum Erliegen gekommen.“ Immer wieder waren laut AP während des Gesprächs Explosionen im Hintergrund zu hören. Ibrahim forderte die internationale Gemeinschaft dazu auf, einen sicheren Korridor zu schaffen, damit Frauen und Kinder aus der Stadt flüchten können.

AP
Zwei Männer bringen ihren verletzten Kameraden aus der Schusslinie
Die syrische Führung unter Staatschef Baschar al-Assad räumte eine Militäraktion in Homs ein, die sich aber gegen „terroristische Banden“ richtete. Diese seien für die Gewalt gegen Zivilisten verantwortlich.
Seit Beginn der Niederschlagung der Proteste Mitte März starben syrischen Menschenrechtsgruppen zufolge mehr als 6.000 Menschen in dem arabischen Land.
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