Behörden wollen Grenzen setzen
Mit 845 Mio. Nutzern ist Facebook das derzeit größte Soziale Netzwerk der Welt. Sein lascher Umgang mit Nutzerdaten sorgt immer wieder für Kritik. Datenschützer etwa stoßen sich daran, wie Facebook seine Nutzer laufend dazu drängt, mehr von sich preiszugeben, als ihnen lieb ist.
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Der letzte Vorstoß ist die Neuanordnung der Inhalte in Form eines chronologischen Lebenslaufs (Chronik beziehungsweise Timeline), bei der auf einen Blick viele bisher kaum sichtbare Informationen ersichtlich sind, etwa wann der Nutzer Facebook beigetreten ist. Obwohl laut einer Umfrage des Sicherheitsanbieters Sophos die Mehrheit der Facebook-Nutzer die Chronik ablehnt, soll sie laut Facebook demnächst für alle verpflichtend sein. Vor der endgültigen Freischaltung gibt Facebook den Nutzern sieben Tage Zeit, um ungewollte Einträge zu löschen.
Geldverdienen mit Werbung
Diese Schonfrist ist ein Zugeständnis an die bisherigen Nutzerproteste aber auch die mittlerweile zahlreichen behördlichen Untersuchungen. Immer wieder zieht Facebook mit ähnlichen Aktionen den Unmut seiner Nutzer auf sich: 2009 machte der Anbieter zum Beispiel ohne Widerrufsmöglichkeit die Usernamen, Profilfotos und Freundeslisten von Mitgliedern aller Welt zugänglich. Bis dahin konnten diese Informationen nur Freunde sehen. Mittlerweile können viele Funktionen über die Einstellungen feinjustiert werden, wobei die Grundeinstellungen eher freizügig sind.
Die Daten, die die Nutzer Facebook tagtäglich übergeben, verwendet das Netzwerk, um zu den jeweiligen Interessen möglichst passende Werbung einzuspielen. Damit verdient das Unternehmen sein Geld. Im Gegenzug ist die Nutzung des Sozialen Netzwerks selbst kostenlos. Facebook selbst gibt an, sich dafür bei der Registrierung eine Einwilligung zu holen und beteuert, keine Daten zu verkaufen - „unser System stellt Inserenten lediglich anonymisierte und gesammelte Daten für zielgerichtete Werbung zur Verfügung“.
Täglich 250 Mio. neue Fotos
In dieser mittlerweile enormen Datenmenge - täglich kommen etwa 250 Mio. Fotos hinzu - steckt viel Potenzial und vor allem Macht. Facebook kann auf Basis eigener Funktionen sowie Zusatzanwendungen unter anderem herausfinden, wo die meisten Akademiker wohnen, wen sie kennen, was sie gerne essen, welche Musik sie wann gerne hören, wo sie sich dabei befinden und wer mit ihnen unterwegs ist.
Offiziell erklärt das Unternehmen kein Datamining, also das Durchforsten der Daten nach statistischen Auffällig- und Gesetzmäßigkeiten, durchzuführen. Stattdessen veröffentlicht das Unternehmen harmlose Forschungsergebnisse, wie etwa die Überprüfung der These, dass jeder jeden über sechs Ecken kennt. Bei Facebook sind es maximal fünf Ecken.
Nutzer wollen mehr Informationen
Bekannt ist, dass Facebook mit kleinen Dateien (Cookies) für einige Zeit alle Nutzer, egal ob angemeldet oder unangemeldet, trackt, die auf seine Seite kommen. Dabei wird gespeichert, welche Websites ein Nutzer ansurft. Nicht alle dieser Funktionen nehmen die Nutzer einfach so hin: Ebenfalls 2009 musste Facebook nach Protesten auch sein umstrittenes Werbeprogramm „Beacon“ einstellen.
Dabei wurden Onlineeinkäufe bei ausgewählten Anbietern aufgezeichnet und danach Facebook-Freunde über die Transaktionen informiert. Tausende Nutzer beklagten sich damals, nicht ausreichend über Einstellungen zum Schutz ihrer Privatsphäre informiert worden zu sein. Bei der Vorstellung der neuen Facebook-Anwendungen mit ihrer automatischen Nutzererfassung auf Basis des Open Graph bliebt der Aufschrei zuletzt aus.
Überprüfung in Europa und den USA
Regulierungsbehörden und Politiker versuchen Facebook immer wieder Grenzen zu setzen. Erst vor kurzem hat sich Facebook mit der US-Verbraucherschutzbehörde FTC wegen des Verstoßes gegen den Datenschutz geeinigt. Facebook habe seine Nutzer in die Irre geführt, so die FTC, und ordnete unter anderem für die nächsten 20 Jahre unabhängige Prüfungen von Facebooks Datenschutzpolitik. Ausgangspunkt für den Disput war die Umstellung der Profile auf öffentlich. Das sei ein Fehler gewesen, räumte dann auch Facebook-Gründer Mark Zuckerberg in einer Reaktion ein.
In Europa muss Facebook ebenfalls Änderungen vornehmen, nachdem die irische Datenschutzbehörde Mängel im Umgang mit Nutzerdaten festgestellt hatte. Sie reagierte damit auf insgesamt 22 Anzeigen, die die Initiative europe-v-facebook.org rund um den Wiener Jusstudenten Max Schrems, eingebracht hatte.
So soll etwa die Datenschutzerklärung für den Endverbraucher knapper und besser verständlich formuliert werden. Das Verfolgen von Usern durch das Netzwerk von „Like“-Buttons auf fremden Websites darf Facebook nicht mehr betreiben. Daten, die ein Nutzer löscht, muss Facebook nun auch tatsächlich löschen. Für die Umsetzung hat Facebook bis zur nächsten Prüfung Mitte 2012 Zeit.
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