Pilotprojekt an Volksschulen
Ganz so weit wie in Schweden, dass Kinder mit Tablet-Computern schreiben lernen, ist es in Österreich nicht. Doch auch hierzulande gibt es neue Ansätze, den Kleinen die Schrift nahe zu bringen.
Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.
Verkrampft wird der Stift umklammert, anstatt des verflixten „A"s entsteht in Zeitlupentempo ein krakeliges Ungetüm, das sich noch dazu nur unwillig zwischen zwei Zeilen sperren lassen will. Das führt zu Frust und setzt viele Schüler, Lehrer und Eltern unter enormen Druck. Ein Pilotprojekt will beweisen, dass das Schreibenlernen deutlich leichter fällt, wenn man die kritischen Faktoren dahinter versteht und die richtigen Übungen dafür in den Unterricht integriert. An drei Volksschulen in Wien wurden Test- und Kontrollklassen mit insgesamt rund 160 Schülern ausgewählt. Wissenschaftlich begleitet wird das Projekt von der Pädagogischen Hochschule (PH) Wien.
Programm analysiert Motorik
Eine schöne Schrift sagt nicht unbedingt etwas über die Schreibqualität eines Menschen aus, so der deutsche Sensomotorikexperte Christian Marquardt. Gemeinsam mit seinem Team hat der Wissenschaftler, der auch an der PH Wien unterrichtet, im Auftrag des Stifteherstellers Stabilo International ein Computerprogramm entwickelt, das die Motorik beim Schreiben analysiert. "Wer sich besonders bemüht, die Buchstaben schön zu schreiben, baut möglicherweise eine Blockade gegen flüssige Bewegung auf und steckt später in Schwierigkeiten, wenn ein schnelleres Tempo erfordert wird“, erklärte der Experte im Gespräch mit der APA. „Manche bekommen dann ein Ressourcenproblem und können entweder schön schreiben oder zuhören, aber nicht beides“, sagte Marquardt.
„Wer kann’s am schnellsten?“
Anstatt das scheinbar perfekte Nachmalen von Buchstaben zu forcieren, wünscht sich der Wissenschaftler ein verbessertes Lernumfeld, etwa einen „Erlebnisparcours“ für die Kinder. „Beispielsweise einen Wettbewerb: Wer kann’s am schönsten? Aber gleich danach: Und wer kann’s am schnellsten?“ Es klinge paradox, weil die Kinder dabei anfangs wahrscheinlich noch viel mehr Fehler machten. „Aber auch gehen lernen ist ein motorischer Prozess. Hinfallen ist Teil davon, mit der Übung kommt das Gespür für die Bewegung.“
Gegen „Einschüchterung“
So könnten Kinder oftmals zwar herrliche „Kringel“ malen, aber beim Buchstaben O verfielen sie plötzlich in eine Starre, „aus Einschüchterung vor dem Buchstabenschreiben“. Beim Schreibtraining geht es darum, motorische Kompetenz zu erkennen und einsetzen zu lernen. Auch sollen die Kinder sehen, aus welchen Grundelementen sich ein Buchstabe zusammensetzt bzw. wie sich langsames oder schnelles Schreiben auf die Form auswirkt.
Ebenso erfahren die Kinder, wie sie den Druck kontrollieren oder verfeinern können. Es wäre hilfreich, wenn die Kinder bereits im Kindergarten spielerisch mit dem Alphabet in Berührung kämen, aber nicht durch das Nachmalen von Buchstaben. „Das können sie ja noch gar nicht können“, stellte Marquardt fest.
Link: