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„Habe nie Geschenk angenommen“

Turbulenter Auftakt beim parlamentarischen U-Ausschuss zu Korruptionsverdacht im staatsnahen Bereich: Bereits das Nichterscheinen von Telekom-Regulator Georg Serentschy sorgte am Donnerstag für heftige Debatten. Durchaus brisant waren im Anschluss die Aussagen weiterer Zeugen in Bezug auf das Entstehen einer Gesetzesnovelle unter dem ehemaligen Infrastrukturminister Hubert Gorbach (FPÖ/BZÖ).

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Konkret wurde am ersten Tag der Frage nachgegangen, unter welchen Umständen im Jahr 2006 eine Novelle der Universaldienstverordnung (UDVO) zustande gekommen ist, von der im Anschluss nicht zuletzt die Telekom Austria profitiert haben soll.

Gleich mehrere hohe Ministeriumsbeamte bestätigten als Auskunftspersonen unter Wahrheitspflicht, dass ihnen ein Vorschlag der Telekom vorgelegt worden sei. Der als Spitzenbeamter im Verkehrsministerium tätige Christian Singer sprach bei seiner Aussage zudem laut APA von einer „übertragenen Weisung des Ministers“. Gorbachs Kabinettschef Rüdiger Schender soll ihm demnach aufgetragen haben, den von der Telekom übermittelten Text unverändert umzusetzen, worauf der Textvorschlag dann auch eins zu eins als Verordnungsentwurf übermittelt worden sei.

„So machen wir das“

Rein rechtlich sei der Kabinettschef natürlich nicht weisungsbefugt, aber „wenn der Kabinettschef sagt, ‚so machen wir das‘, ist das der transportierte Wille des Ministers“, erklärte Singer. „Es hat sich ja auch herausgestellt, dass der Minister dahintersteht, sonst hätt’ er es nicht unterschrieben.“ Beschlossen wurde die Novelle schließlich im Oktober 2006, wenige Monate vor dem Ende der schwarz-orangen Regierung unter Wolfgang Schüssel (ÖVP).

Zuvor habe es laut Singer noch ein Treffen gegeben, wo neben dem Lobbyisten Peter Hochegger und Vertretern der Telekom auch Vertreter von Gorbachs Kabinett anwesend gewesen seien. Ihm sei damals aufgetragen worden, dem Telekom-Marktführer wohlwollende Behandlung zuzusichern, so Singer weiter.

„Völlig normaler Vorgang“

Auch die erste Zeugin am Donnerstag sagte aus, dass die Telekom ihren Wunsch durchsetzte. Die für die Ausarbeitung der UDVO zuständige leitende Beamtin in der Fernmeldebehörde, Eva-Maria Weissenburger, hatte von ihrem Vorgesetzten Singer den Hinweis bekommen, den 2006 von der Telekom Austria vorgelegten Entwurf zur Novellierung der UDVO zu übernehmen. Druck aus dem Kabinett Gorbach sei ihr persönlich keiner bekannt, so Weissenburger weiter.

Singer zufolge sei es zudem ein „völlig normaler Vorgang“, dass ein Unternehmen etwas wolle und dann ins Ministerium komme und das auch sage. Bei seiner Befragung betonte Singer gleichzeitig, dass er keine Hinweise auf Parteienfinanzierung gehabt habe. Auch habe er kein Geld bekommen, es sei ihm auch nichts angeboten worden. Außerdem gab er an, keine Kenntnis davon zu haben, dass so etwas bei anderen Personen vorgekommen ist.

Eine Million für Novellierung?

Der U-Ausschuss unter Vorsitz von Gabriela Moser (Grüne) untersucht, ob von der Telekom Austria eine Gesetzesänderung erkauft wurde. Wie ÖVP-Fraktionsführer Werner Amon aus Vernehmungsprotokollen zitierte, soll der Ex-TA-Manager Gernot Schieszler ausgesagt haben, dass für eine Novellierung der Universaldienstverordnung eine Million Euro Schmiergeld vorgesehen gewesen seien - „an wen auch immer“. Es gilt die Unschuldsvermutung.

Keine Begutachtung erwünscht?

„Ich habe nie irgendein Geschenk angenommen", betonte im Anschluss mit Alfred Stratil ein weiterer, diesmal ehemaliger Spitzenbeamter des Infrastrukturministeriums. Laut Stratil sei zudem nicht die Telekom alleine, sondern der ganze Universaldienstfonds, in den alle Marktteilnehmer einzahlen“, Gewinner der Novelle gewesen. Aus diesem Grund zeigte sich Stratil auch überrascht, dass die Telekom überhaupt einen Anlass gehabt haben könnte, zu bestechen.

Vor dem U-Ausschuss erklärte Stratil aber auch, dass das Ministerbüro gar keine Begutachtung der Novelle gewünscht haben soll. Das sei bei den zuständigen Beamten allerdings auf ablehnende Haltung gestoßen, da es in 99 Prozent aller vergleichbaren Fälle eine Begutachtung gegeben habe und gebe. Man habe sich mit dieser Rechtsmeinung dann auch durchgesetzt. Auffallend sei laut Stratil aber gewesen, dass die Begutachtungsfrist sehr kurz war. Zudem bestätigte der Befragte, dass es de facto nach der Begutachtung auch keine Änderungen bei der Novelle gab.

Novelle „fachlich in Ordnung“

Als letzter Zeuge des ersten Befragungstages wurde mit Andreas Reichhardt schließlich auch der Sektionschef im Infrastrukturministerium und stellvertretende Gorbach-Kabinettschef befragt. Das Ministerkabinett habe ihm bei der Novelle zum Ausdruck gebracht, „dass man diese Verordnung rasch erledigt haben will“, so Reichhardt. Die Novelle der UDVO sei aber „fachlich nachvollziehbar und in Ordnung“ gewesen.

Klar sei Reichhardt aber auch gewesen, dass die Initiative für die Änderung des Gesetzestextes von der Telekom ausgegangen sei. Auch sei die dreiwöchige Begutachtungsfrist die kürzestmögliche Frist gewesen, bei einem so überschaubaren Thema und einem bekannten Kreis der Betroffenen spreche aber nichts gegen diese Frist.

Gefragt nach Zeitdruck im Jahr 2006 bei der Erarbeitung der Novelle erklärte Reichhardt, er könne jetzt nicht dezidiert sagen, von wem die „Eile“ ausgegangen sei, es sei aber schon der Eindruck erweckt worden, dass man das rasch umsetzen wolle. Die Telekom habe in offiziellen Stellungnahmen keine Zahlen über den erwarteten Nutzen angegeben, kolportiert worden seien mehrere Millionen Euro. Es sei kommuniziert worden, dass ohne Verordnung massive Nachteile für die Telekom entstehen. Auch von Reichhardt wurde schließlich betont, dass er von kolportierten Zahlungen als Gegenleistung persönlich nichts wahrgenommen habe.

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