Schettino gibt Verantwortung zu
Im Zuge der Ermittlungen nach dem Schiffsunglück vor Italien ist nun ein Telefonat des Kapitäns der „Costa Concordia“, Francesco Schettino, mit einem Bekannten veröffentlicht worden. Das von der Polizei am Tag nach dem Unglück abgehörte Gespräch widerlegt Schettinos bisherige Darstellung, vom Schiff in ein Rettungsboot gefallen zu sein und von einem Felsen aus die Evakuierung geleitet zu haben.
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„Als ich begriffen habe, dass sich das Schiff neigte, habe ich mich gepackt und bin abgestiegen“, sagte er demnach gegenüber seinem Bekannten. In einem weiteren abgehörten Telefongespräch gab Schettino seine Verantwortung zu. Er habe sich zu stark der Insel Giglio genähert. „Ich hätte nicht so nah an die Insel fahren sollen“, sagte er. Der Fels sei auf den Seekarten jedenfalls nicht eingetragen gewesen.
Druck von „einem Manager“?
Allerdings deutete Schettino in dem Telefonat auch an, dass „ein Manager“ Druck auf ihn ausgeübt habe, damit er das Manöver „Die Verneigung“ unternehme, bei dem das Schiff in voller Beleuchtung und mit Schiffssirenen die Küstenbewohner grüßt. Noch unklar ist, wer dieser Manager ist.
Der Kapitän steht wegen des Verdachts der fahrlässigen Tötung, des Schiffbruchs und des Verlassens der „Costa Concordia“ vor Ende der Evakuierungsaktion unter Hausarrest in seinem Heimatort Meta di Sorrento südlich von Neapel. Ihm drohen bis zu 15 Jahre Haft.
„Arbeitgeber der Verantwortliche“
Die Reederei Costa Crociere gibt dem Kapitän die alleinige Verantwortung für das Unglück. Schettino habe ganz allein beschlossen, das riskante Manöver durchzuführen. Das Unternehmen steht aber selbst ebenfalls im Zentrum der Ermittlungen. „Der Arbeitgeber ist der Verantwortliche“, wurde Chefermittler Beniamino Deidda von der Zeitung „Corriere della Sera“ zitiert. „Wir müssen uns ansehen, welche Entscheidungen von den Verantwortlichen getroffen wurden.“ Dem Bericht zufolge wollten die Ermittler den Sicherheitschef von Costa Crociere, Roberto Ferrarini, der mit Schettino nach dem Schiffbruch telefonierte, befragen.
Werbung mit „Verneigung“
Schettino jedenfalls belastete die Reederei schwer. Das Manöver sei „geplant und verlangt“ worden. Laut der italienischen Tageszeitung „La Repubblica“ (Sonntag-Ausgabe) hatte Schettino bei einer Anhörung vor Gericht erzählt, die „Verneigung“ vor Giglio vom 13. Jänner „wurde noch vor dem Start in Civitavecchia von Costa geplant und verlangt“. Mit Routen, die nahe an der Küste entlangführen, „machen wir Werbung für uns“, zitierte auch der „Corriere della Sera“ den unter Hausarrest stehenden Kapitän der „Costa Concordia“.
Manöver dieser Art habe es bereits „vor Capri, Sorrento, auf der ganzen Welt“ gegeben, habe Schettino vor der Untersuchungsrichterin weiter gesagt. Im Anschluss an seine Aussage war er aus der Haft in den Hausarrest entlassen worden. Dagegen will die Staatsanwaltschaft Grosseto Rekurs einlegen und hoffte auf die Daten und aufgezeichneten Gespräche der mittlerweile aus dem Wrack geborgenen Blackbox.
Verwirrung um Blackbox
Diese Hoffnung zerstreute Schettino jedoch schon in seiner Aussage vor Gericht. „Wir hatten an Bord ein Problem, seit 15 Tagen war das Back-up der Sprachaufzeichnung kaputt. Wir haben einen Techniker gebeten, das Problem zu beheben, aber das ist nicht passiert.“
Das weist die Reederei aber zurück. Geschäftsführer Pierluigi Foschi dementiert, dass die Blackbox nicht funktionierte: „Es gab zwar einige Probleme, die wir den Technikern des Betriebs gemeldet hatten, der die Blackbox produziert. Trotzdem sind die Daten aufgezeichnet worden.“
Suche nach Laptop Schettinos
Gesucht wird auch nach einem verschwundenen Laptop Schettinos. Nach Angaben italienischer Medien habe der Kapitän das Notebook am Vormittag nach dem Unglück einer blonden Frau übergeben. Es könnte sich um eine Rechtsanwältin der Kreuzfahrtgesellschaft Costa Crociere handeln, berichteten italienische Medien. Costa Crociere bestreitet das jedoch. Der Laptop könnte für die Ermittlungen wichtige Informationen enthalten, so die Staatsanwälte.
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