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„Dolarmania“ erreicht neuen Höhepunkt

Während in den USA und Europa weiter der Weg aus der Schuldenkrise gesucht wird, erscheint das einstige Pleiteland Argentinien derzeit bestens erholt. Mit über neun Prozent erreichte das Wirtschaftswachstum 2011 chinesische Dimensionen, in den kommenden Jahren werden immerhin noch rund vier Prozent erwartet. Dennoch haben die Argentinier die Krise alles andere als vergessen.

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Darauf verweist, dass die Argentinier nach wie vor dem US-Dollar offenbar mehr trauen als der Landeswährung. Selbst die schwindende globale Bedeutung der US-Währung konnte daran nichts ändern. Ganz im Gegenteil erreichte die „dolarmania“ (Zitat „La Nacion“, Anm.) zuletzt sogar einen neuen Höhepunkt. In den ersten neun Monaten des Vorjahrs wurden nach Angaben der Notenbank mehr als 18 Milliarden Dollar im Tausch gegen Pesos ausbezahlt. Zum Vergleich: Im ganzen Jahr 2010 waren es 11,4 Mrd.

Mit einer Reihe umstrittener Maßnahmen rief Präsidentin Christina Fernandez Kirchner unmittelbar nach ihrer Wiederwahl nun zum verschärften Kampf gegen die Parallelwährung. Per Gesetz wurde etwa für den Tausch von Pesos in Dollar Ende Oktober eine verpflichtende Vorregistrierung bei der Steuerbehörde (Administracion Federal de Ingresos Publicos, AFIP) vorgeschrieben.

Dollarkonten geplündert

Die krisenerprobten Argentinier sahen nun offenbar auch ihre im Land befindlichen Dollar-Konten in Gefahr. Mit 1,7 Mrd. Dollar wurde laut dem Wirtschaftsmagazin „Businessweek“ unmittelbar nach dem Gesetzesbeschluss eine beachtliche Summe von den argentinischen Banken abgezogen und zum Teil ins benachbarte Ausland gebracht.

Als bevorzugtes Ziel dürfte dabei das wegen seines Bankgeheimnisses mit der Schweiz verglichene Uruguay gelten. Mit 15 Prozent aller Bankeinlagen zählen Argentinier in den Banken ihres Nachbarlandes jedenfalls ohne Frage zum engeren Stammkundenkreis.

300 Spürhunde im Einsatz

Im Kampf gegen den steigenden Devisenschmuggel setzten die zuständigen Behörden nun auf verschärfte Kontrollen auf Grenzübergängen in die Nachbarländer Uruguay, Paraguay und Bolivien, den internationalen Flughäfen des Landes und dem Fährterminal in Buenos Aires. Erstmals für ein südamerikanisches Land kommen dabei auch Spürhunde zum Einsatz, die laut der argentinischen Tageszeitung „La Nacion“ eben nicht auf Drogen, sondern auf Dollar-Noten abgerichtet wurden.

Großer Fang in Rom

Auf Geld abgerichtete Spürhunde sind nicht nur in Argentinien im Einsatz. Auf Devisenjagd sind Hunde etwa auch in den USA, Kanada und Europa. Zuletzt sorgte ein „Cash Dog“ in Mailand für Aufsehen, der laut „La Repubblica“ auf dem Flughafen Malpensa 424.000 Euro aufspürte.

In Summe seien von den 300 Tieren seit Mitte Dezember bereits 2,7 Millionen an nicht angemeldeten US-Dollar aufgespürt worden. Eine breite Öffentlichkeit fand etwa der Besitzer eines neuen Luxuswagens, der vergeblich versuchte, 30.000 Dollar an den „Dollar Dogs“ vorbei nach Uruguay zu schmuggeln. Ohne Registrierung dürfen derzeit maximal 10.000 US-Dollar ins Ausland gebracht werden.

Vergeblicher Kampf gegen Schwarzhandel?

Mit der verschärften Vorgangsweise will die Regierung nun auch dem ausufernden Schwarzmarkt einen Riegel vorschieben. Gestoppt werden soll aber nicht zuletzt die enorme Nachfrage nach US-Dollars und deren Auswirkungen auf die Devisenreserven der argentinischen Zentralbank. Als Mittel der Devisenbeschaffung wurde in diesem Zusammenhang auch eine Reihe weiterer Maßnahmen beschlossen.

Unter anderem müssen Minen- und Erdölunternehmen künftig sämtliche aus ihren Exporten generierten Devisen an die Zentralbank verkaufen. Auch Versicherungen wurden gesetzlich verpflichtet, ihre im Ausland angelegten Reserven wieder nach Argentinien zurückzuführen. Betroffen sind auch ausländische Investoren, die nur noch über den lokalen Markt Immobilien bzw. Unternehmen in Argentinien erwerben können.

Unabhängig von der Höhe der Summe benötigt zudem jeder Argentinier für den Kauf von Devisen nun eine AFIP-Bewilligung. Ob diese gewährt wird, hängt dabei nicht nur von der Höhe des Einkommens ab. Bei der Finanzbehörde muss zudem der Verwendungszweck angegeben werden.

Immer wieder in Rezession

Geht es nach der Opposition, würden durch diese Vorgangsweise nicht nur ausländische Investoren abgeschreckt - auch der Schwarzmarkt könnte entgegen dem Regierungsvorhaben weiter angeheizt werden. Dazu kommt die Krisenanfälligkeit des Landes und die damit verbundenen positiven Erfahrungen der Währungsspekulanten. Diese zählten mit Blick auf die Abwertungen der Landeswährung bereits mehrmals zu den Gewinnern. Zuletzt im Jahr 2002, nachdem der der Peso in nur sechs Monaten um 300 Prozent abgewertet wurde.

Angst vor einer neuerlichen Abwertung gilt nun neuerlich als Hauptgrund für die vermehrte Kapitalflucht. Ungeachtet des seit 2008 im Schnitt um acht Prozent gestiegenen Bruttosozialprodukts kämpft Argentiniens Wirtschaft auch weiterhin um Stabilität. Als deutliches Warnsignal gilt die über 20 Prozent gestiegene Inflationsrate. Gegensteuern will die Regierung nun auch mit neuen Einschränkungen bei Exporten. Bereits ab Februar wird demnach für jede Bestellung aus dem Ausland eine offizielle Genehmigung benötigt.

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