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Spielball im Konflikt mit Iran

Seit bald einem Jahr kommt es in Bahrain nahezu täglich zu Konfrontationen zwischen Sicherheitskräften und Demonstranten. Die von den Aufständen in Tunesien und Ägypten inspirierte größere Demokratiebewegung wurde allerdings im vergangenen Jahr mit militärischer Unterstützung des Golf-Kooperationsrates (GCC) niedergeschlagen.

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Den sunnitisch dominierten GCC bilden die Vereinigten Arabischen Emirate (Abu Dhabi, Dubai, Schardscha, Fudschaira, Umm al-Kaiwain, Ras al-Chaima und Adschman) zusammen mit den anderen konservativen Monarchien Saudi-Arabien, Kuwait, Katar, Bahrain und Oman. Er soll als Gegengewicht zum schiitisch geprägten Iran eine Staatenunion werden. Die Proteste in Bahrain werden überwiegend von der schiitischen Bevölkerungsmehrheit getragen und richten sich gegen die sunnitischen Monarchen.

Die Opposition, die demokratische Reformen fordert, kann aber nicht nur aus den Nachbarstaaten mit wenig Unterstützung rechnen, sondern auch vom Westen. Im Muskelspiel gegen den Iran rüsten die USA gerade die GCC-Staaten massiv auf. Nach einem Waffendeal mit Saudi-Arabien und Kuwait liefert Washington nun auch Raketen an die Vereinigten Emirate. Der Milliardendeal umfasse zwei Werferbatterien mit 96 Raketen sowie Radaranlagen und Ausbildung, meldete CNN am Montag unter Berufung auf das Verteidigungsministerium in Washington. Die USA modernisieren auch die Raketenabwehrsysteme Kuwaits und Saudi-Arabiens.

Protestierende in Manama

Reuters/Hamad I Mohammed

Ausschreitungen bei Protesten in Bahrain

Golf-Herrscher als wichtige US-Verbündete

Die US-Regierung steckt also in einer Zwickmühle. Auf der einen Seite ist Stabilität in Bahrain für sie sehr wichtig, da die 5. Flotte der US-Marine in Manama ihren Stützpunkt hat. Dieser Stützpunkt, der im US-Abschreckungsszenario gegen den Iran eine tragende Rolle spielt, wäre möglicherweise gefährdet, wenn die heutige Opposition künftig in Manama das Sagen haben sollte.

Denn die schiitischen Oppositionsgruppen haben im Gegensatz zum sunnitischen Herrscherhaus unter König Hamad bin Issa al-Khalifa ein gutes Verhältnis zu Teheran. Auf der anderen Seite verliert US-Präsident Barack Obama, der die Gewalt der Staatsmacht gegen Demonstranten in Tunesien, Ägypten und Libyen scharf verurteilt hatte, seine Glaubwürdigkeit wegen halbherziger Aussagen zu Bahrain.

Erschwert wird die Situation dadurch, dass sich der iranische Präsident Mahmud Ahmadinedschad im Vorjahr zum Verteidiger seiner schiitischen Glaubensbrüder in Bahrain aufgeschwungen hatte. Indirekt rief er die Bürger des arabischen Landes auf, sich gegen den König zu erheben: „Wie können Diejenigen herrschen, die Gewehre gegen ihr eigenes Volk einsetzen? Das ist weder verständlich noch gerechtfertigt.“ Auch der mit Teheran verbündete irakische Schiiten-Führer Moktada al-Sadr rief zur Solidarität mit den bedrängten Schiiten in Bahrain auf.

Die Eigeninteressen der Golf-Monarchen

Die Herrscher der anderen arabischen Golfstaaten stehen unterdessen fest zu König Hamad und seinen Anhängern. Sie wollen nach Einschätzung von Experten unbedingt eine Entmachtung des Monarchen und eine Teilung des Landes verhindern - wohl auch um keinen Präzedenzfall zuzulassen, der ihre eigene Herrschaft gefährden könnte. Denn bis auf Kuwait, wo das Parlament zumindest gewisse Einflussmöglichkeiten hat, verfügt kein einziger Golfstaat auch nur ansatzweise über demokratische Strukturen. Gewählte Parlamente gibt es vielerorts gar nicht. Und selbst dort, wo es sie gibt, haben sie nicht allzu viel zu sagen.

Außerdem befürchten die arabischen Monarchen, dass der Iran, der seinen regionalen Einfluss durch den Sturz des Regimes von Saddam Hussein und die Bildung einer von den Schiiten dominierten Regierung im Irak erweitern könnte, durch eine Entmachtung des bahrainischen Königs zusätzlich gestärkt würde. „Die Sicherheit und die territoriale Integrität des Königreichs Bahrain sind eine rote Linie, die niemand überschreiten sollte“, so der Generalsekretär des GCC, Abdurrahman Attila.

Scharfe Kritik von Menschenrechtlern

All das führt dazu, dass dem Bahrain international weniger Aufmerksamkeit gewidmet wird als etwa Syrien. Dabei hatte die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) erst unlängst wieder die weitere „Intensivierung der Repression“ in dem Land angeprangert. Das Militär unterdrückt die Proteste mit brutaler Gewalt. 30 Menschen wurden bisher laut Oppositionsangaben getötet, Hunderte festgenommen. 180 Protestteilnehmer wurden demnach in fragwürdigen Schnellverfahren zum Tod oder zu langen Gefängnisstrafen verurteilt.

Kleinere Zugeständnisse der Regierung hält die Opposition deshalb für Lippenbekenntnisse. Am 24. Dezember etwa wurden 300 Häftlinge entlassen. Und die Regierung räumte unlängst den Einsatz von „überzogener Gewalt“ gegen Demonstranten ein. Zudem sei es zu einer „schlechten Behandlung von Gefangenen“ gekommen, wie die Regierung mitteilte. Sie leitete nach eigenen Angaben 20 Verfahren gegen Polizisten ein, die an der Tötung von Demonstranten beteiligt gewesen waren und kündigte überdies an, die Strafgesetze zu ändern und jede Form von Folter als illegal zu ächten.

Kritik an „Scheindemokratie“

Dennoch ist es auch in der letzten Woche wieder zu einem Todesfall bei den Protesten gekommen. Ein 15-jähriger Demonstrant sei von einem Tränengasbehälter erschlagen worden, heißt es. Die friedlichen Proteste in Bahrain werden weitergehen, hatte Oppositionsführer Khalil al-Marsouq vor Kurzem der Nachrichtenagentur dpa gesagt. Der „arabische Frühling“ spiele sich außerhalb der „scheindemokratischen Institutionen“ ab. „Wir wollen mit einer stärkeren Präsenz eine wirkliche Demokratie in Bahrain schaffen“, sagt der Vizechef der Oppositionsbewegung Wifaq.

Aus Protest gegen das gewaltsame Vorgehen traten die 18 Abgeordneten der schiitischen Gruppierung Wifaq zurück. „Wir waren fünf Jahre im Parlament und konnten keinen einzigen Verfassungsartikel oder das politische System ändern,“ sagte Marsouq in Kairo. „Dieses Parlament hat in den Augen der Menschen seine Rechtmäßigkeit verloren.“ Die Hälfte der 80 Mitglieder des bahrainischen Parlaments wird vom Königshaus ernannt. „Wir wollen ein akzeptables Demokratieniveau, in Übereinstimmung mit allgemeinen Rechten und Prinzipien.“

Internationale Unterstützung gefordert

Vergangenen Juni verließ Wifaq einen von König Hamad initiierten „nationalen Dialog“ zur Lösung der Krise nach nur zwei Wochen. Die Regierung hatte nach Oppositionsangaben wichtige Forderungen, auch nach mehr Beteiligung, ignoriert. „Die Regierung hat unter internationalem Druck diesen Scheindialog gewählt. Die meisten Teilnehmer waren handverlesen“, sagte Marsouq. „Ohne Reformen kann es in Bahrain keine Stabilität geben. Die Menschen in Bahrain brauchen die gleiche internationale Unterstützung wie die anderen Länder des ‚arabischen Frühlings‘“, forderte er.

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